Schmerzensgeld Schmerzensgeld: Arztberichte dienen als Beleg für Unfallfolgen
Halle/MZ. - Ähnlich spektakuläre Urteile aus den USA sind immer wieder in der Zeitung zu lesen. In Deutschland dürfen Geschädigte aber nicht darauf hoffen, durch Entschädigungen reich zu werden. Hierzulande herrscht ein anderes Rechtsverständnis.
Wer beispielsweise bei einem Unfall ein Schleudertrauma erleidet, bekomme von deutschen Richtern in der Regel rund 500 bis 1 000 Euro zugesprochen, sagt Finn Zwißler. Der Rechtsanwalt aus München gibt jährlich eine Sammlung von Schmerzensgeldurteilen heraus, die Juristen als Anhaltspunkt dient. Bei missglückten Schönheitsoperationen oder Zahnbehandlungen werden meist einige tausend Euro fällig.
Sehr hohe Schmerzensgelder von Zehntausenden oder gar Hunderttausenden von Euro erhalten nur Opfer von Erblindung, Lähmungen, Amputationen oder anderen dauerhaften und sehr schmerzhaften Schädigungen. Die bislang höchsten Schmerzensgelder von etwa 500 000 Euro sprachen deutsche Gerichte in mehreren Fällen Kindern zu, die durch Arztfehler bei der Geburt schwerstbehindert waren.
Nicht nur bei Verkehrsunfällen, Körperverletzungen und Arztpfusch, auch bei Mobbing und Psychoterror gibt es in der Regel einen Anspruch auf Schmerzensgeld für das erlittene körperliche und psychische Leid. Das deutsche Zivilrecht eröffnet jedem diese Möglichkeit einer zusätzlichen Wiedergutmachung - vorausgesetzt, die Verletzungen resultieren aus einem "nachlässigen, pflichtwidrigen, mindestens fahrlässigen Verhalten" des Schadens-Verursachers.
Geschädigte müssen aber beachten, dass die Beweispflicht für das Verschulden des Verursachers und für das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausschließlich bei ihnen liegt. Lässt sich ein Unfallverursacher nicht ermitteln oder flieht er unerkannt, laufen die Ansprüche des Opfers rechtlich ins Leere. Zur Sicherheit sollten Geschädigte daher so früh und umfassend wie möglich alle Schäden und Verletzungen dokumentieren, rät Jörg Elsner, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Hagen.
Durch Arztberichte und Fotos sollten sie möglichst viele Beweise sammeln, so lange die Verletzungen noch frisch sind - und sich auf diese Weise frühzeitig für einen Prozess rüsten, bei dem Vertreter von Versicherungen ihre Version anzweifeln könnten. "Wichtig ist, sich gleich am Anfang darum zu kümmern. Vor Gericht ist man auf objektive Beweise angewiesen", sagt Elsner, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein in Berlin ist. Wenn nicht absehbare Folgeschäden möglich sind, sollten Betroffene auf die Unterbrechung der Verjährungspflicht achten. Ansonsten könnten sie am Ende ohne gültige Rechtsansprüche dastehen.
Kompliziert werden gerichtliche Verhandlungen über Schmerzensgeldzahlungen dadurch, dass das Gesetz keine konkreten Höhen nennt. Meist lassen sich die erlittenen Schädigungen - anders als Blechschäden an einem Auto - nicht objektiv beziffern. "Gerichte versuchen, das zu objektivieren", erläutert Finn Zwißler.
Im Laufe der Zeit hat sich in der Praxis dennoch ein einheitliches Raster herausgebildet, an dem sich Betroffene und Juristen bei der Abschätzung von Ansprüchen grob orientieren können. So richtet sich die Höhe von Schmerzensgeld nach dem deutschen Rechtsverständnis grundsätzlich nach dem Ausmaß der erlittenen Schmerzen und der Schwere der Verletzungen.