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Mythen, Fakten Mythen, Fakten: Ist das Cholesterin so schlecht wie sein Ruf?

Von Sarah Peters 27.01.2016, 15:15
aKonzentriertes Cholesterin: In dieser Detailaufnahme sind Lipidpartikel zu sehen.
aKonzentriertes Cholesterin: In dieser Detailaufnahme sind Lipidpartikel zu sehen. obs/©Amgen Lizenz

Jeder hat den Begriff schon gehört, doch viel weiß man nicht so richtig darüber. Das zeigt die Top 10-Liste der Google-Suchanfragen rund um das Thema Cholesterinwerte. Das Wichtigste ganz am Anfang: Cholesterin ist im Prinzip nichts Schlechtes, sogar lebenswichtig.

Der Mediziner Dr. Michael Faust, leitender Oberarzt am Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin der Kölner Uniklinik erklärt, was es mit dem Fett im Blut auf sich hat. Er meint: Ein erhöhter Cholesterinwert wird erst dann gefährlich, wenn andere Risikofaktoren hinzukommen, wie etwa Übergewicht, Sportmangel und Rauchen.

1. Was ist Cholesterin eigentlich?

Dr. Michael Faust: Cholesterin ist ein wichtiger Baustein für die Bildung von Hormonen wie Testosteron und Östrogen sowie Zellmembranen bei vielen Tieren und beim Menschen. Der Körper ist ein ganz natürlicher Cholesterin-Produzent. Denn: Ohne Cholesterin könnten wir nicht leben. Der fettartige Stoff, der unter Anderem in der Leber gebildet wird, ist ein wichtiger Bestandteil der Körperzellen. Ohne Cholesterin besäßen die Zellen keine schützende Hülle und würden zerfließen. Unser Körper könnte gar nicht existieren. Außerdem benötigt der Körper Cholesterin für die Verdauung – mit Cholesterin stellt er Gallensäure her. Obwohl er chemisch kein Fett ist, wird er meist zu den Blutfetten, den Lipiden, gerechnet.

2. Welche Bedeutung haben Vererbung und Ernährung?

Faust: Der Körper ist in der Lage, insbesondere in der Leber, Cholesterin selbst herzustellen. Daneben wird in geringerem Ausmaß  Cholesterin auch über die Nahrung zugeführt. Über die Höhe der Cholesterinwerte im Blut entscheidet vor allem die Vererbung. Die Nahrung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings können durch sehr strenge Nahrungsveränderungen – wie beispielsweise vegane Ernährung – die Cholesterinwerte im Blut gesenkt werden.

3. Was bedeutet der Cholesterinwert?

Faust: Cholesterinwert meint: die Höhe des im Blut befindlichen Cholesterins. Cholesterin muss, damit es im Blut löslich ist und durch den Körper transportiert werden kann, an Eiweiße gebunden werden. So entstehen die sogenannte Lipoproteine. Das sind Verbindungen von Lipiden und Eiweißen. Es gibt unterschiedliche Lipoproteine mit unterschiedlichen Aufgaben. Am bekanntesten ist das LDL-Cholesterin, da es als das „schlechte Cholesterin“ gilt. LDL-Cholesterin ist für den Transport von Cholesterin von der Leber in den Körper zuständig.

Demgegenüber ist HDL-Cholesterin, das auch als das „gute“ Cholesterin gilt, für den Rücktransport von Cholesterin beispielsweise aus den Gefäßwänden hin zur Leber verantwortlich.

Mit dem Cholesterinspiegel wird zunächst einmal die Gesamtheit des Cholesterins im Blut gemessen. Dies sagt aber wenig aus. Viel entscheidender ist das Verhältnis von LDL- zu HDL-Cholesterin, also von „schlechtem“ zu „gutem“ Cholesterin oder die Höhe des LDL-Cholesterins.

4. Bis wann ist der LDL-Wert unbedenklich, wann gilt er als erhöht?

Faust: Welcher LDL-Cholesterinwert noch als normal oder erhöht gilt, hängt aber auch vom Gesamtrisiko eines Patienten für Gefäßerkrankungen (wie etwa koronare Herzerkrankung) ab.  Für Menschen, die bereits einen Herzinfarkt hatten oder an der Zuckerkrankheit leiden, gilt bereits ein LDL-Cholesterinwert von über 100 mg/dl als zu hoch. Für ganz gesunde Menschen können Werte bis 190 mg/dl akzeptiert werden.

5. Woran merke ich, dass mein Cholesterinwert erhöht ist?

Faust: Erhöhte Cholesterinwerte werden von den betroffenen Menschen nicht wahrgenommen. Das bedeutet, sie fallen nur bei Blutuntersuchungen auf oder wenn schon ein Schaden wie ein Herzinfarkt entstanden ist.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum zu viel Cholesterin schädlich ist.

6. Ist zu viel Cholesterin schädlich, warum?

Faust: Wenn der LDL-Cholesterinwert zu hoch ist, und der HDL-Cholesterinwert zu niedrig, wird Cholesterin vermehrt in den Gefäßwänden eingelagert. Zunächst verbreitert sich die Gefäßwand, dann können sogenannte Plaques entstehen. Diese können sich in das Innere der Gefäß vorwölben und so den Blutstrom im Gefäß beeinträchtigen. Bei hohen LDL-Cholesterinkonzentrationen sind diese Plaques sehr lipidreich und haben nur eine dünne Haut. Diese kann plötzlich einreißen und es bildet sich ein Blultklumpen, der das Gefäß dann akut verschließen kann. Die Folge wären zum Beispiel ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall.

7. Sind die Werte erhöht: Welche Therapien gibt es?

Faust: Der Einfluss einer bestimmten Ernährung ist auf die Cholesterinwerte nur sehr begrenzt. Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, haben etwas niedrigere Werte als Menschen, die Fleisch konsumieren. Sehr hohe Werte können aber auch durch eine vegane Ernährung nicht ausreichend tief gesenkt werden.

Es ist immer sinnvolle andere Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen wie starkes Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen anzugehen, auch wenn diese Maßnahmen die Cholesterinwerte selbst kaum beeinflussen. Seit über 20 Jahren gibt es aber sehr effektive Medikamente, Statine, die den Cholesterinwert senken können. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass der Einsatz von Statinen nicht nur die Cholesterinwerte sinken lässt, sondern dass auch Gefäßerkrankungen, wie beispielsweise der Herzinfarkt seltener auftreten, wenn sie eingenommen werden.

In einigen Studien konnte sogar ein besseres Überleben belegt werden. Die Statine werden von den meisten Menschen sehr gut vertragen. Einige Menschen entwickeln Muskelschmerzen unter der Therapie.

8. Wie kann ich mit meiner Ernährung den Cholesterinwert beeinflussen?

Faust: Da der Einfluss der Ernährung auf die Cholesterinwerte eher gering ist, werden keine speziellen Diäten empfohlen. Kürzlich konnte erneut gezeigt werden, dass der Cholesterinwert beispielsweise gleich bleibt, wenn man täglich oder nur einmal die Woche Eier isst. Zur Stärkung der Gefäßgesundheit – nicht zur Senkung des Cholesterinwertes – wird Menschen mit erhöhtem Cholesterin meist eine sogenannte mediterrane Diät empfohlen. Das Heißt wenig Fleisch, häufig Fisch, Verwendung guter Öle, viel Gemüse und regelmäßig auch Nüsse. Bestimmte Nahrungsmittel, die den Cholesterinwert senken sollen, werden nicht empfohlen.

9. Welche Sportart ist am besten, um Cholesterin abzubauen? Gibt es Sportarten, die ich meiden sollte?

Faust: Regelmäßiger Sport und Bewegung sind gut für Herz und Gefäße. Der direkte Einfluss auf die Cholesterinwerte ist hingegen gering.

10. Was sollte ich tun, wenn in meiner Familie erhöhte Cholesterinwerte aufgetreten sind?

Faust: Wenn in meiner näheren Verwandtschaft  Personen frühzeitig eine Gefäßerkrankung, wie zum Beispiel einen Herzinfarkt, erlitten haben oder bei ihnen sehr hohe Cholesterinwerte festgestellt wurden, sollte ich die Werte beim Arzt kontrollieren lassen.

Dr. Michael Faust ist leitender Oberarzt an der Uniklinik in Köln und Experte für Fettstoffwechsel.
Dr. Michael Faust ist leitender Oberarzt an der Uniklinik in Köln und Experte für Fettstoffwechsel.
Uniklinik Köln Lizenz
Über die Nahrung nehmen wir vergleichsweise nur wenig Cholesterin auf. Vererbung sei ein viel größerer Faktor für zu hohe Werte, meint der Stoffwechselexperte.
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Eier enthalten relativ viel Cholesterin. Ganz auf sie verzichten muss man deshalb aber noch längst nicht – nur Maßhalten ist sinnvoll.
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Laut einer US-Studie sollen Äpfel den Cholesterinspiegel senken.
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Wer in seiner näheren Verwandtschaft Personen mit sehr hohen Cholesterinwerten hat, sollte auch seine eigenen Werte beim Arzt kontrollieren lassen.  
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