Meningokokken Meningokokken: Bakterien verursachen Hirnhautentzündung und Blutvergiftung

Berlin/dpa. - Von Meningokokken haben die meisten Menschennoch nie etwas gehört. Die Bakterien sind jedoch weit verbreitet -und wenn sie in seltenen Fällen eine Erkrankung auslösen, verläuftdiese oft dramatisch. «Meningokokken besiedeln den Nasen-Rachenraum»,erläutert Bernhard Jungnitz, Leiter der medizinischen Dienste desKreises Unna. «Etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung leben mitdiesen Bakterien, ohne dass sie erkranken.» Nur rund 550Krankheitsfälle werden hierzulande jährlich gemeldet.
Dabei gibt es unterschiedliche Krankheitsbilder: «Die Bakterienverursachen in erster Linie Hirnhautentzündung(Meningokokken-Meningitis) oder eine Blutvergiftung(Meningokokken-Sepsis)», sagt Wiebke Hellenbrand, wissenschaftlicheMitarbeiterin in der Impfprävention des Robert Koch Institutes (RKI)in Berlin.
Diese Erkrankungen sind deshalb besonders gefährlich, weil sieschwer verlaufen und sehr schnell fortschreiten. «Drei Prozent allerMeningitis-Patienten erleiden bleibende, zentralnervöse Schäden»,erläutert Sieghart Dittmann, Vorsitzender der ArbeitsgemeinschaftMeningokokken beim Deutschen Grünen Kreuz in Marburg. Weitere dreiProzent sterben an der Krankheit. «Bei der seltener vorkommendenSepsis liegt die Sterblichkeit auch bei guter Behandlung bei bis zu50 Prozent», sagt der Exeperte. Besonders schwere Verläufe werden beiKleinstkindern, Jugendlichen und Senioren beobachtet.
Nach welchem Muster eine Meningokokken-Erkrankung ausbricht, istbislang nicht vollständig geklärt. Die wichtigste Schutzbarriere isteine intakte Schleimhaut. «Wenn diese durch einen vorübergehendenInfekt, durch aktives oder passives Rauchen oder durch trockene Luftgeschädigt ist, scheint das den Ausbruch einerMeningokokken-Erkrankung zu begünstigen», erläutert RKI-ExpertinHellenbrand.
«Ganz entscheidend für den Ausgang der Krankheit ist einefrühestmögliche Behandlung», sagt Mediziner Jungnitz. Eine Diagnoseim Frühstadium ist jedoch äußerst schwierig. «Die ersten Symptomesind bei beiden Krankheitsbildern ähnlich und sehr unspezifisch:Fieber, Hals-, Kopf- und Rückenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen»,erläutert Dittmann.
Innerhalb weniger Stunden kommen jedoch weitere, eindeutigereSymptome hinzu: «Eine Hirnhautentzündung äußert sich in einerauffallenden Nackensteifigkeit: Der Kopf wirkt wie nach hintenüberdreht», beschreibt Dittmann. Charakteristisch für eineBlutvergiftung sind kleine, rot-violette Einblutungen unter der Haut,die sich nicht wegdrücken lassen. Bei Säuglingen und Kleinkindernsind diese Symptome oft weniger ausgeprägt als bei Erwachsenen. ImVerdachtsfall sollte immer schnellstmöglich ein Notarzt gerufen oderein Krankenhaus aufgesucht werden.
Meningokokken-Patienten werden mit Antibiotika behandelt. Mit demArzt sollte besprochen werden, ob eine vorbeugende Behandlung mitAntibiotika für die Familienangehörigen und engen Kontaktpersonen desErkrankten empfehlenswert ist. Denn: Wer Meningokokken in sich trägt,kann die Keime durch Tröpfcheninfektion, also durch Husten, Niesenoder Küssen, weitergeben. Eine Übertragung durch Wasser oder andereLebensmittel findet nicht statt: Außerhalb des menschlichenOrganismus gehen die Keime rasch zugrunde.
Mediziner unterscheiden Meningokokken nach Serogruppen. Weltweitsind die Typen A, C, Y und W135 am weitesten verbreitet. «InDeutschland ist bislang Typ B vorherrschend. Am zweithäufigsten trittTyp C auf», sagt Mediziner Jungnitz. Gegen Meningokokken-B gibt esbislang keinen Impfstoff. Gegen A, C, Y und W135 werden sogenanntePolysaccharid-Impfstoffe eingesetzt. «Seit 1999 gibt es außerdemeinen Konjugatimpfstoff gegen die Serogruppe C. Sein großer Vorteilist, dass er bereits ab dem dritten Lebensmonat angewandt werdenkann. Zudem hat er eine lange Wirkungsdauer», erklärt der Fachmannvom Deutschen Grünen Kreuz, Dittmann.
Die Ständige Impfkommission des Bundes (STIKO) empfiehlt, Kinderab dem ersten Lebensjahr zu impfen. «Auch alle älteren Kinder solltennachgeimpft werden», sagt RKI-Expertin Hellenbrand. «Auf diese Weisesoll schnellstmöglich die Gruppe der Jugendlichen erreicht werden.»Sie seien maßgeblich an der Verbreitung von Meningokokken beteiligt.
Mittel- bis langfristig soll durch die Impfung die gesamteBevölkerung immunisieren. In England konnte eine massive Verbreitungder Keime durch dieses Impfkonzept sehr wirksam eingedämmt werden. Auch für andere Personengruppen empfiehlt das RKI unterschiedlicheMeningokokken-Impfungen. So sollten sich Reisende inEpidemie-Regionen in Afrika oder Arabien mit einem Mehrfachimpfstoffschützen.