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Gegen gängige Schönheitsideale Melanie Gaydos: Erfolgreiches Model hat einen seltenen Gendefekt namens "Ektodermale Dysplasie"

Von Sarah Peters 05.07.2017, 13:07

Ein kahler Kopf, kein strahlendes Zahnpastalächeln – und doch ist Melanie Gaydos ein gefragtes Model, ist in dieser Woche sogar auf der Berliner Fashion Week. Melanies außergewöhnliches Äußeres unterscheidet sie von anderen Topmodels. Die junge Amerikanerin leidet unter der Erbkrankheit „Ektodermale Dysplasie“.

Das heißt: Die Haare der 28-jährigen Frau wachsen nicht. Ihre Zähne und Nägel fehlen oder sind deformiert. Sie hat weder Schweißdrüsen noch Körperbehaarung. Die Krankheit hat mehr als 150 verschiedene Ausprägungen, so das Universitätsklinikum Erlangen. Die Gesamthäufigkeit der Erbkrankheit wird auf 1:15.000 geschätzt.

Melanie sieht anders aus – und ist gefragter als manch anderes Model

In ihrer Kindheit und Jugend litt Melanie oft unter den herabwürdigenden Blicken ihrer Mitmenschen, wurde offen angefeindet. Sie versuchte es mit mehreren Schönheitsoperationen, trug stets eine Perücke. „Ich hatte früher bis zu 30 verschiedene Perücken zu Hause, die sehr echt aussahen. Ich trug sie jeden Tag. Doch immer, wenn ich abends nach Hause kam, zog ich als erstes die Perücke aus“, so die junge Amerikanerin in einem Videointerview mit „Stylelikeu“. Ihre Probleme und das Gefühl der sozialen Isolation ertränkte sie früher oft in Alkohol, wie sie in dem Interview offen zugibt.

Die Wende kam für Gaydos mit ihrem Kunststudium am renommieren Pratt Institute in New York City. Dort lernte sie einen Fotografen kennen, der sie darum bat, für ihn zu posieren – der Startschuss für Gaydos, ihre Andersartigkeit zu ihrem Vorteil zu nutzen und den Mut aufzubringen, in der Welt der gleichaussehenden Models aufzufallen. „Mir war klar, dass niemand so aussieht wie ich“, sagte sie „Harpers Bazaar“. Von diesem Zeitpunkt an wurden viele Menschen in der Kunstszene auf die ungewöhnliche Frau aufmerksam und sie erhielt viel Zuspruch: Melanie fing an, sich in ihrer Haut wohl zu fühlen.

„Ich sehe mich selbst nicht als schön – aber auch nicht als hässlich“

Irgendwie habe sie auch das Gefühl, dass sie in der Modewelt ein bisschen „außer Konkurrenz“ laufe, sagt sie. Trotzdem kämpft sie noch oft mit Vorurteilen: „Viele Leute urteilen schnell über mich und denken wohl, dass sich ziemlich komisch bin“, sagt sie über sich selbst. Wenn sie für ein Fotoshooting an ein Set kommen würde, an dem auch andere, „normale“ Models seien, wüssten viele nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten. „Was mich von anderen Menschen unterscheidet, ist, dass viele meine Krankheit nicht verstehen und dadurch sind Menschen unsicher mir gegenüber.“ 

Gaydos ist eine vielgefragte Frau in der Fashion Welt. Selbst in Musikvideos wie „Mein Herz“ von Rammstein spielte sie mit.

Mit jedem Booking kämpft Gaydos weiter gegen den gängigen Schönheitswahn, der Frauen in ein enges Korsett presst: „Ich habe mich nie als ‚hübsch‘ angesehen, aber auch nie als ‚hässlich'. Schönheit ist für mich ein Gefühl, das man hat und ausstrahlt.“