Männliche Verhütung Männliche Verhütung: Antibaby-Spritze vorerst gescheitert

Halle (Saale)/MZ. - Schuld ist das weiblicheSexualhormon Gestagen. Dieser Stoff im Cocktailder Verhütungsspritze für den Mann sorgtefür die starken Nebenwirkungen bei rund zehnProzent der Teilnehmer an einer internationalenStudie der Weltgesunds>heitsorganisationWHO, erklärt der Mediziner Michael Zitzmann.Die Studie, an der auch 43 Männer aus Halleund Umgebung teilgenommen hatten, wurde daraufhinabgebrochen. "Gestagen gehört nicht in denMann hinein", sagt Zitzmann, Androloge undEndokrinologe am Zentrum für Reproduktionsmedizinder Uni Münster. Sein Kollege Hermman Behre,Leiter der Studie in Halle, sagte der Nachrichtenagenturdpa: "Die Erwartungen sind nicht erfüllt worden,insgesamt ist der Anteil der Unverträglichkeitzu hoch."
Die Teilnehmer an den Tests sollten ursprünglichzweieinhalb Jahre lang alle acht Wochen eineHormonspritze bekommen. Die halleschen Probandenhatten Ende 2009 begonnen, die 56 Teilnehmerin Münster bereits ein gutes halbes Jahr zuvor.Weltweit nahmen an zehn Instituten insgesamt400 Männer teil - und ihre Partnerinnen. Siealle mussten regelmäßig Fragebogen ausfüllen,Auskünfte über mögliche soziale und psychischeEffekte der Spritze geben, über Verhaltensänderungen.So und bei begleitenden Untersuchungen wurdendie massiven Nebenwirkungen bekannt, die jederzehnte der Männer meldete: Depressionen, verminderteLibido, Gewichtszunahme. Vor allem ältereFamilienväter klagten darüber.
Regelmäßig haben die Männer sich während derStudie in der Uniklinik zu melden - und dasauch noch heute, während der sogenannten Nachbetreuungsphase.Auf dem Programm stehen dann Ultraschall-Untersuchungen,der Blutdruck wird gemessen, Spermaprobenwerden untersucht, beschreibt Zitzmann.
Nach Absetzen der Spritze mit dem Hormon-Cocktaildauert es dann gut ein Vierteljahr, bis derZustand vor der Behandlung wiederhergestelltworden ist. "Die Spermien kommen wieder",so Zitzmann. Bis zum Abbruch der Tests wegender starken Nebenwirkungen spritzten die Forscherden Männern Substanzen, die bereits zur Behandlungvon anderen Beschwerden zugelassen sind. Dabeiist die Spermienproduktion durch das SexualhormonTestosteron unterdrückt worden. Weil das nurmit einer Erfolgsquote von etwa 75 Prozentklappt, ist dem Wirkstoff-Mix das weiblicheSexualhormon Gestagen hinzugefügt worden.
Das Gestagen ist es auch, das in der Antibaby-Pillefür die Frau enthalten ist. Zuletzt gerietenneuartige Gestagene - etwa Drospirenon oderDesogestrel - in die Kritik, weil sie lautStudien das Thromboserisiko, also das Risikovon Blutgerinnseln in den Adern, bei Frauenerhöhten. Vor allem injüngeren Pillengenerationen sind diese Gestageneenthalten. Das Thromboserisiko steigt vorallem bei Raucherinnen, starkem Übergewicht,Bluthochdruck und Diabetes. Außerdem könnendie Hormone in der Pille zu Kopfschmerzen,Übelkeit, Stimmungsschwankungen oder Brustspannungenführen. Die Pille führt nicht automatischzu einer Gewichtszunahme, aber die Hormonekönnen Wassereinlagerung im Körper verursachen.
Die Pille ist bei weitem nicht das einzigeVerhütungsmittel auf dem Markt. Andere hormonelleVerhütungsmethoden, die also ähnlich wirkenwie die Pille, sind etwa die Drei-Monatsspritze,das Verhütungspflaster, der Vaginalring oderdas Verhütungsstäbchen, das unter die Hautimplantiert wird. Entscheidend über die Nebenwirkungenist aber nicht die Darreichungsform, sondernder Wirkstoff: In einer Drei-Monatsspritzestecken ebenso Gestagene wie in der Pille.Genauso wie im Verhütungspflaster und im Vaginalring.Frauen, die hormonell und effektiv verhütenwollen, müssen also weiterhin Gestagene schlucken.Männern bleibt das wohl erspart.