Leiden Leiden: Chronische Qualen
Halle (Saale)/MZ. - Birgit H., Querfurt:
Seit etwa acht Wochen treten bei mir Nervenschmerzen auf, die sich vom Oberschenkel bis zur Hacke ziehen. Was könnte helfen? Ich nehme täglich dreimal 200 Milligramm (mg) Gabapentin und bekomme Reizstrom. Beides bringt bisher nichts.
Sie sollten sich einem Orthopäden vorstellen, um die Ursache Ihrer Schmerzen definitiv abklären zu lassen. Es könnte durchaus sein, dass Veränderungen in der Wirbelsäule vorliegen und von dort die Schmerzen ausstrahlen. Probeweise könnten Sie in Absprache mit Ihrem Hausarzt die Gabapentin-Einnahme auf dreimal 300 mg erhöhen und den Reizstrom weiterführen.Wichtig wäre zudem Physiotherapie und, damit Sie die Bewegung schmerzärmer verkraften, die Einnahme eines Schmerzmittels.
Günther S., Bad Dürrenberg:
Infolge meiner Spinalkanalverengung habe ich beim Laufen starke, stechende Schmerzen, die sich vom Rücken bis in die Wade ziehen. Auch ein Taubheitsgefühl tritt auf. Gibt es eine Alternative zur Operation? Medikamente nehme ich bisher nicht ein. Mein Orthopäde hat mir Massagen verschrieben. Was halten Sie von Akupunktur?
Eine Operation wäre erst dann in Erwägung zu ziehen, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, eine Schmerzlinderung zu erreichen. Zunächst empfiehlt sich eine konservative Schmerztherapie: aktive Physiotherapie, bei der die Bewegung und die Stärkung der Muskulatur im Vordergrund stehen. Sie sollten ein Schmerzmittel einnehmen, um Bewegungs-übungen schmerzarmer durchführen zu können. Eine weitere Möglichkeit der Schmerzlinderung wäre eine Rückenmark-Injektion im Spinalkanal. Sie wird ambulant durchgeführt, kann eine Schmerzlinderung von einem halben bis zu einem Jahr bringen und lässt sich wiederholen. Die Verengung bleibt vorhanden. Es lassen sich nur die Symptome lindern. Akupunktur wäre den Versuch wert.
Gerd T., Wittenberg:
Der Neurologe hat bei mir eine starke Neuropathie festgestellt. Vor allem Gesicht und Beine brennen, die Füße sind oft taub. Verordnet wurde mir ein Medikament mit dem Wirkstoff Pregabalin in der Dosis 300 mg zur Abendeinnahme. Ich habe weder Diabetes noch eine Gürtelrose und bin Nichtraucher. Wie sehen Sie das?
Bei einer Neuropathie, einer Nervenschädigung, ist das Medikament mit dem Wirkstoff Pregabalin (Lyrica) das Medikament der Wahl. Allerdings reicht die einmalige abendliche Einnahme nicht aus, so dass eine Dosisumstellung auf zweimalige tägliche Einnahmen ratsam wäre. Sie sollten das mit Ihrem Hausarzt besprechen.
Gudrun T., Halle:
Ich bin 74 Jahre alt, habe seit dem zwölften Lebensjahr eine verkrümmte Wirbelsäule (Skoliose) und bin deshalb auch operiert. Bei Bedarf nehme ich Ibuprofen gegen die sehr starken Schmerzen und versuche, ihnen mit Schwimmen und Seniorensport entgegenzuwirken. Was raten Sie mir?
Da Ibuprofen mit Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt verbunden sein kann, wäre in Absprache mit Ihrem Hausarzt eine Umstellung auf ein schwaches Opioid anzuraten.
Monika T., Saalekreis:
Meine Gürtelrose ist im Oktober vergangenen Jahres abgeheilt. Als Nachfolgekrankheit bekam ich Herpes Zoster, speziell am rechten Oberschenkel. Die Bläschen sind zwar verheilt, nach wie vor habe ich aber starke Schmerzen. Dagegen erhalte ich eine Kombitherapie mit Antidepressiva und Antikonvulsiva. Was tun, denn die Schmerzen sind nicht gelindert?
Die Zoster-Krankheit ist eine reine Nervenkrankheit. Bei Zoster bewährt hat sich die Kombitherapie, die Sie erhalten. Allerdings reicht sie bei manchen Patienten nicht aus, wie bei Ihnen der Fall. Daher sollte bei Ihnen in Absprache mit Ihrem Hausarzt zusätzlich ein stark wirkendes Opioid zur Schmerzlinderung ausprobiert werden. Zudem ist auch die Behandlung mit einem Versatis-Schmerzpflaster als lokale Therapie möglich. Das Pflaster wird täglich für zwölf Stunden auf die betroffene schmerzhafte Stelle geklebt. So lässt sich zusätzlich die Beschwerdesymptomatik reduzieren. Wichtig ist, dass die Behandlung zügig eingesetzt wird, damit keine Chronifizierung eintritt.
Roswitha W., Naumburg:
Ich habe eine Chemotherapie hinter mir. Seit einigen Wochen nun plagen mich heftige Ischias-Schmerzen, die bis zum Knie strahlen. Medikamente nehme ich keine. Was raten Sie mir?
Es ist durchaus bekannt, dass eine Chemotherapie Auslöser für Nervenschmerzen (Polyneuropathie) sein kann. Dagegen gibt es spezielle Medikamente, die bei chronischen Schmerzen als Dauertherapie geeignet sind. Dazu gehören starke Opioide sowie Antikonvulsiva und Antidepressiva.
Ernst L., Merseburg:
Ich bin ein aktiver und lebenslustiger Mensch. Aufgrund meiner chronischen Schmerzen bin ich seit über einem Jahr sehr eingeschränkt, weil jede Bewegung weh tut. Mein Hausarzt hat eine Behandlung mit Opioid vorgeschlagen. Was halten Sie davon?
Sie brauchen eine Schmerztherapie, die Ihnen wieder mehr Aktivität ermöglicht. Um starke Schmerzen zu lindern, haben sich retardierte Opioide in Tabletten- oder Kapselform bewährt. "Retardiert" leitet sich vom lateinischen Begriff "retardare" ab und bedeutet "verzögert". Die Schmerzmedikamente geben ihren Wirkstoff nicht auf einmal, sondern kontinuierlich über einen Zeitraum von etwa zwölf Stunden in die Blutbahn ab. Wichtig ist, dass das Schmerzmedikament regelmäßig nach einem festen Zeitschema eingenommen wird und nicht erst, wenn die Schmerzen sehr stark sind. Bei einer zweimal täglichen Einnahme werden die Schmerzen rund um die Uhr gelindert.
Marta M., Halle:
Ich, 90 Jahre alt, nehme gegen meine Trigeminusneu-ralgie einmal täglich 200 mg Carbamazepin ein. Es bringt mir nichts. Wissen Sie Rat?
Bei Gesichtsnervenschmerzen (Trigeminusneuralgie) ist Carbamazepin das Mittel der Wahl. Um eine Schmerzlinderung zu erzielen, sollten Sie das Quantum auf zweimal 200 mg erhöhen. Besprechen Sie das bitte mit Ihrem Hausarzt.
Bernd M., Naumburg:
Stimmt es, dass Opioide abhängig machen?
Langjährige Erfahrungen zeigen, dass die Angst vor einer Abhängigkeit im Sinn einer Suchtentwicklung bei modernen Arzneimitteln mit verzögerter Wirkstoff-Freisetzung unbegründet ist. Wichtig ist, dass Sie die Präparate stets entsprechend der Anleitung Ihres Arztes einnehmen.
Anna S., Mansfeld-Südharz:
Ich habe starke brennende Schmerzen im rechten Bein. Die Kniekehle fühlt sich oft an, als wäre sie wundgescheuert und die Wade brennt wie Sonnenbrand. Was kann ich dagegen tun?
Die Schmerzen weisen auf einen Nervenschmerz hin. Diese Schmerzen entstehen durch eine Schädigung der Nervenzellen beispielsweise durch Viren wie bei der Gürtelrose oder durch Entzündungen. Um das körpereigene Schmerzabwehr-System zu unterstützen, hilft eine Kombination von Medikamenten gegen Depressionen oder Epilepsie und die Einnahme eines retardierten Opioids.
Iris S., Freyburg:
Ich bin 54 Jahre alt und habe schon lange Zeit Schmerzen im Rücken und in den Hüften. Manchmal kann ich kaum laufen. Seit einem drei Viertel Jahr nehme ich nun schon Tabletten. Ein MRT hat gezeigt, dass alle Gelenke und Knochen in Ordnung sind. Ich bin wirklich verzweifelt.
Es ist zu vermuten, dass bei Ihnen eine funktionelle Störung in der Muskulatur vorliegt. Das kann ein Orthopäde untersuchen. Anzuraten sind auf jeden Fall physiotherapeutische und muskelentspannende Maßnahmen. Zusätzlich sollten Sie sich an einen Schmerztherapeuten in Ihrer Nähe wenden. Lassen Sie sich von Ihrem Hausarzt eine Überweisung geben.
Helga W., Halle:
Ich wurde vor einigen Jahren am Knie operiert. Tagsüber tut mir nichts weh. Nur nachts, wenn ich auf der Seite schlafe, quält mich ein Schmerz im Gesäß, der sich bis in die Oberschenkel und die Knie zieht. Was kann das sein?
Vermutlich kommt es in der Seitenlage zu einer Verspannung eines bestimmten Muskels (M. piriformis) im Gesäß. Das kann sich, wie in Ihrem Fall, bis in die Beine auswirken. Ein Tipp: Packen Sie nachts, wenn Sie auf der Seite schlafen, ein Kissen zwischen Ihre Knie, das nimmt die Spannung. Eine orthopädische Mitbehandlung wäre ratsam.
Fragen und Antworten notierten Kornelia Noack und Dorothea Reinert.