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Kosmetik-Werbung Kosmetik-Werbung: Welche Täuschungen sind erlaubt?

Von JASMIN KRSTESKI 16.03.2014, 21:34
Eine Verkäuferin kontrolliert in der Filiale der Drogeriekette Rossmann ein Regal.
Eine Verkäuferin kontrolliert in der Filiale der Drogeriekette Rossmann ein Regal. ddp

Halle (Saale)/MZ - Werbung verspricht Wunder. Wir wissen das - und fallen trotzdem immer wieder darauf rein. Strahlend weiße Zähne, faltenfreie Haut - es wäre auch zu schön, wenn es das im Drogeriemarkt zu kaufen gäbe. Die Hersteller versprechen genau das und übertrumpfen sich gegenseitig mit Empfehlungen von Experten und Studien, die die Wirksamkeit belegen sollen. Aber was steckt tatsächlich hinter Werbeversprechen?

Sabine Holzäpfel, Kosmetikexpertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, rät, solche Aussagen grundsätzlich skeptisch zu betrachten: „Es geht um Pflege, nicht um Wunder.“ Die gute Nachricht ist jedoch: Lügen darf die Werbung nicht. Die EU-Kosmetikverordnung, die 2013 in Kraft getreten ist, verbietet Verbrauchertäuschung. Gesetzlich verboten sind zum Beispiel Angaben zu Wirkungen, die nicht hinreichend belegt sind. Jetzt kommt die schlechte Nachricht: Der Hersteller muss einen Beweis für die Wirksamkeit abliefern können - er kann jedoch selbst entscheiden, was für ihn ein hinreichender Beweis ist. Anders als bei Lebensmitteln müssen Werbeaussagen in der Kosmetik nämlich nicht vorab genehmigt werden. „Werbeversprechen sind in der Regel sehr intransparent“, sagt Holzäpfel.

Ob täuschende Werbeaussagen geahndet werden, entscheidet jedes Land der EU selbst. Die Werbeaufsicht in Großbritannien hat schon Werbung verboten, weil Fotos der Models zu sehr retuschiert worden waren. Die deutsche Werbeaufsicht sieht darin kein Problem, weil Verbraucher in der Lage seien, solche Werbung richtig einzuordnen.

Verbraucherschützerin Holzäpfel rät dazu, sich nicht zu sehr von Werbeversprechen verleiten zu lassen, sondern auszuprobieren, womit man sich wohlfühlt. Einige Werbeaussagen und was sie eigentlich bedeuten, haben wir zusammengetragen:

„Naturkosmetik“

Aussagen wie „Zu 95 Prozent aus natürlichen Inhaltsstoffen“ hören sich gut an. Vor allem, weil wir glauben, dass das, was natürlich ist, auch gut für uns ist. Aber: „Nicht jeder natürliche Stoff ist harmlos“, sagt Sabine Holzäpfel. „Er ist auch nicht unbedingt verträglicher oder wirksamer als ein industriell hergestellter.“ Auch natürliche Inhaltsstoffe können Allergien auslösen. Die Inhaltsstoffe müssen bei Naturkosmetik tatsächlich überwiegend natürlichen Ursprungs sein. Das können allerdings sowohl pflanzliche als auch mineralische oder tierische Stoffe sein - also zum Beispiel auch Schweinefett oder Tierhaare.

„Bewiesene Wirksamkeit“

Weil die beworbene Wirksamkeit vom Hersteller nachgewiesen werden muss, können Firmen auf ihre Produkte nicht einfach etwas schreiben, das sich gut anhört. Wie der Hersteller Wirksamkeit beurteilt, liegt allerdings in seinem eigenen Ermessen. „Wie die Wirksamkeit getestet wurde, weiß ich als Verbraucher meist nicht“, sagt Kosmetikexpertin Holzäpfel. Möglich sind etwa In-vitro-Tests, bei denen ein Produkt im Labor an toter Haut getestet wird. Diese sind laut Holzäpfel nicht unbedingt aussagekräftig: „Tote Haut lässt manche Inhaltsstoffe durch, die in gesunde Haut aufgrund deren Abwehrreaktionen gar nicht eindringen können.“

„Wissenschaftliche Studie“

Wir lesen es fast täglich in der Zeitung: Eine neue Studie hat etwas belegt oder herausgefunden. Steht auf Kosmetikverpackungen, dass die Wirksamkeit durch eine Studie belegt ist, klingt das deshalb toll. Nur: „Es gibt keine Richtlinie dafür, ab wann eine solche Kosmetikstudie aussagekräftig ist“, sagt Holzäpfel. Oft steht überhaupt nicht dabei, wer an einer Studie beteiligt war, ob tatsächlich Tests gemacht oder nur Leute befragt wurden und nach welchen Kriterien diese ausgesucht wurden.

„Bis 95 Prozent weniger Haarbruch“

Prozentangaben sind ein beliebtes Werbemittel. „Der Knackpunkt ist: Mit was wurde verglichen?“, sagt Holzäpfel. Wurden die Haare von Nutzern des Produktes mit denen von Menschen verglichen, die niemals eine Haarpflege nehmen? Auch, ob sich der Hersteller überhaupt Haare unter dem Mikroskop angesehen oder nur Leute auf der Straße befragt hat, bleibt unklar. Ein Produkt wirbt damit, dass „92 Prozent empfinden, dass ihre Haut mehr Feuchtigkeit besitzt“. In diesem Fall steht dabei, wie der Hersteller das herausgefunden hat: in „wissenschaftlichen Studien, durchgeführt mit 48 Frauen zwischen 50 und 67 Jahren“.

Was genau in den Studien gemacht wurde, ist nicht klar. Offenbar ging es jedoch nur um die Empfindung. „Gepflegte Haut fühlt sich immer besser an als ungepflegte. Das gilt auch, wenn ich nur Olivenöl auftrage“, sagt die Verbraucherschützerin. Auf der Homepage eines Herstellers ist von einem „Anti-Falten-Wahrheitstest“ zu lesen: Der Hersteller hat Produktproben verschickt, die Testerinnen geben ihre Bewertung online ab. Holzäpfel sieht dabei folgendes Problem: „Wenn man den Leuten vorher schon sagt, was sie sehen sollen, dann sehen sie es meistens auch.“ Außerdem gäben Testerinnen, die kostenlose Produkte zugeschickt bekämen, eher positive Bewertungen ab. Eine zu 100 Prozent belegte Wirksamkeit wird man in der Werbung übrigens kaum finden - die „Erweckung des Eindrucks, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann“, ist nämlich gesetzlich verboten.

„Klinisch getestet“

Bedeutet so viel wie: am Menschen getestet. Das kann heißen, dass man die Creme ein paar Probanden hat ausprobieren lassen. Was dabei herausgekommen ist, geht aus dieser Aussage aber nicht hervor. „Dazu gibt es keine Vorgaben. Die Kosmetikverordnung schreibt nur vor, dass das Produkt nicht schaden darf“, erklärt Holzäpfel. Diese Aussage besagt somit gar nichts.

„Von Dermatologen empfohlen“

Ärzten vertrauen wir, und diese Aussage soll Vertrauen wecken. Doch Sabine Holzäpfel sieht darin „keine Aussagekraft“. Denn: Welche Ärzte und wie viele das Produkt empfohlen haben und warum, wird nicht klar. Wird ein Produkt von „Experten“ empfohlen, ist der Fall noch unklarer: Wer ein Experte ist, legt der Hersteller selbst fest.

„Mit Drachenfrucht“

Immer exotischere Inhaltsstoffe gibt es in Duschgels und Bodylotions. Aber haben die tatsächlich eine spezifische Wirkung? „Eher nicht. Auf diese Weise wollen sich die Hersteller einfach von den anderen abheben“, erklärt Holzäpfel. Das Angebot ist schließlich riesig. Bei einigen Wirkstoffen wisse man zwar, dass sie wirken - Aloe Vera zum Beispiel. „Wenn davon in der Creme aber tatsächlich nur 0,03 Prozent enthalten sind, dann brauche ich keinen Effekt zu erwarten.“