Kopfsache Kopfsache: Hormone und Stress sind häufig Schuld an Haarausfall
Halle (Saale)/MZ. - "Schätzungsweise zwölf Millionen Deutsche leiden unter Haarausfall." Sie verlören deutlich mehr als das Normalmaß von 100 Haaren täglich.
Einer US-Studie aus dem Jahr 2009 zufolge leiden acht von zehn Männern unter erblich bedingtem Haarausfall. Laut Schwichtenberg ist Haarverlust bei jedem zweiten Mann und bei zehn bis 20 Prozent aller Frauen erblich bedingt. Vererbt werde, wie empfindlich die Haarwurzeln auf das männliche Sexualhormon Testosteron reagierten: Je empfindlicher die Haarwurzeln seien, desto eher fielen die Haare aus - ohne nachzuwachsen, sagt der Arzt. "Das geht bei den betroffenen Männern langsam, aber sicher oft schon im Alter von 20 Jahren los", hat der praktizierende Hautarzt beobachtet.
Aber nicht nur Männer, auch Frauen produzieren geringe Mengen an Testosteron. "Hormonbedingter Haarverlust kommt deshalb auch bei ihnen vor, aber seltener und in abgeschwächter Form, meist nach den Wechseljahren."
Der Arzneistoff Finasterid könne den Abbau von Testosteron hemmen und damit den Haarverlust stoppen. Jedoch müssen die verschreibungspflichtigen Tabletten dazu so lange eingenommen werden, wie die Betroffenen ihr Haupthaar behalten möchten, warnt Schwichtenberg: "Hormonell bedingte unerwünschte Wirkungen wie das vorübergehende Nachlassen des sexuellen Verlangens sind dabei nicht auszuschließen."
Ebenfalls nachgewiesen wirksam, aber nur auf der Kopfhaut aktiv, sind apothekenpflichtige Tinkturen. Sie müssen allerdings dauerhaft angewendet werden. "Das verträgt längst nicht jede Kopfhaut ohne Rötungen und Entzündungen."
Während beim anlagebedingten Haarausfall einmal verlorene Haare ein für alle Mal weg sind, wachsen sie beim "diffusen Haarausfall" in aller Regel wieder nach: "Das Problem ist hierbei nicht die Glatze", bemerkt Hautarzt Schwichtenberg. "Die Haare wachsen ja nach, aber sie sind dann eben kurz."
Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Fehlernährung und Stress über Schilddrüsenveränderungen und Hormonumstellungen bis hin zu Nebenwirkungen bestimmter Medikamente. Für eine erfolgreiche Behandlung müsse man die Ursache kennen.
Es gebe nicht ein Patentrezept, das allen hilft, betont auch die praktizierende Homöopathin Christine Liebing-Gabel, Vorsitzende des Verbandes klassischer Homöopathen Deutschlands. Sie nehme dazu immer den ganzen Menschen in Augenschein: "Wie ist seine Kopfhaut beschaffen? Wie ernährt er sich? Wie stressig ist sein Alltag? Und: Welche Beschwerden hat er noch, die auf den ersten Blick gar nichts mit den Haaren zu tun haben, auf den zweiten aber doch?" Erst nach dieser gründlichen Betrachtung verschreibt sie homöopathische Globuli, die ihrer Erfahrung nach "oftmals helfen".
Beim kreisrunden Haarausfall, von dem schätzungsweise zwei Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens einmal betroffen seien, handele es sich dagegen um eine Auto-Immunerkrankung, erklärt Schwichtenberg. "Für eine gewisse Zeit bekämpft hier das Immunsystem die eigenen Haarzellen." Kleiner Trost: "Die Chancen, dass der kreisrunde Haarausfall spontan wieder heilt, stehen mindestens 50 zu 50." Bei einem weiteren Viertel der Fälle sei eine Therapie mit Medikamenten möglich, nur bei jedem vierten Betroffenen blieben die kreisrunden kahlen Stellen dauerhaft unbehaart.
Schließlich können - in seltenen Fällen und vor allem bei Kindern - auch Pilzerkrankungen der Kopfhaut oder Schuppenflechte die Haare ausfallen lassen. "Wenn der Pilz verschwunden ist oder die Schuppenflechte behandelt wird, sprießen sie aber wieder."