Entspannung Entspannung: Schweiß kühlt die Haut in der Sauna
Halle/MZ. - "Ansonsten ist die Sauna sogar ausgesprochen gesund, etwa bei chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma oder bei Rheuma und auch bei schmerzhaften Muskelverspannungen oder kleineren Sportverletzungen", sagt Professor Eberhard Conradi, ehemaliger Chef der Physikalischen Medizin an der Berliner Charité und heute Vorsitzender des Deutschen Saunabundes.
Bedenken bei Alten, Schwangeren oder Kleinkindern? "Keine, wenn die Älteren gesund sind, die Schwangeren sich wohlfühlen und wenn die Kinder selbst bestimmen können, wann sie rausgehen", sagt der Experte. Sauna ist gesund. Für Herz und Kreislauf, für das Immunsystem - und für die Stimmung.
Bei 110 Grad gerinnt das Eiweiß eines Frühstückseis zu einer festen Masse. Auch das Eiweiß in jeder unserer Körperzellen müsste in der heißen Sauna eigentlich gerinnen und die Zellen augenblicklich absterben. Warum passiert das nicht?
Abwehr gegen Überhitzung
Der Körper arbeitet gegen die potentiell lebensbedrohliche Überhitzung sehr erfolgreich an. Bei jedem Saunabesuch steigt die Körpertemperatur zunächst so lange an, bis das körpereigene Thermometer eine bedrohliche Temperatur bemerkt hat: "Sobald die Kerntemperatur eine Höhe von etwa 37,5 Grad überschreitet, beginnt die Abwehr gegen die Überhitzung, und der Körper beginnt zu schwitzen", sagt Professor Axel Gehrke von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Der Schweiß auf der Haut ist eine effektive Klimaanlage. Wenn er verdunstet, kühlt er die Haut, sie bleibt 43 bis 45 Grad kühl. Dafür muss aber viel Arbeit geleistet werden: Wenn die körpereigene Klimaanlage auf höchster Stufe läuft, dann kann sie bis zu 40 Milliliter Schweiß pro Minute verdunsten - bei einem ausgedehnten Saunagang von 20 Minuten ist das fast ein Liter! Der Kühleffekt ist dabei enorm: Pro Liter Schweiß werden dem Körper etwa 2 00 Kilojoule an Wärme entzogen - eine Energiemenge, mit der man umgekehrt fünf Liter Eiswasser zum Kochen bringen könnte.
Der Körper leistet für seine Klimaanlage Schwerstarbeit: Der Blutfluss steigt um 50 bis 80 Prozent, der Puls um 40 bis 50 Schläge pro Minute. In dieser Phase macht der Körper allerdings einen schweren Fehler: Er stellt die Blutgefäße an Armen und Beinen weit, um die Durchblutung der oberflächlichen Gefäße zu erhöhen. Trotz der Kühlfunktion ist die Hautoberfläche allerdings heißer als die Temperatur im Körperinneren, die niemals über 42 Grad steigen darf. Fatalerweise transportiert das Blut nun Hitze von außen nach innen, wo eine Überhitzung gefährlich werden kann. Warum aber kommt es zu dieser thermoregulatorisch paradoxen Reaktion?
"Unter normalen Umständen ist es sinnvoll, die Wärme von innen über das Blut an die gekühlte Hautoberfläche abzuführen", sagt Wolfgang Marktl vom Zentrum für Physiologie der Medizinischen Universität Wien. Aber in der Extremsituation der Sauna funktioniert das sonst bewährte System nicht. Was aber kein Problem ist, denn bevor der Körper bedrohlich überhitzt, verlässt man die Sauna sowieso.
Es gibt aber noch ein anderes Problem: die Lunge. Bei jedem Atemzug kommt etwa ein halber Liter Luft in die Lunge - trockene und heiße Luft. Würde sie unverändert an den Lungenbläschen ankommen, würden diese austrocknen und verbrennen. Die Luft muss also befeuchtet und gekühlt werden. Das passiert in einer Art Wärmetauscher: Vor allem in der Nasenschleimhaut wird die Durchblutung erhöht, so dass die einströmende Luft abgekühlt werden kann. Die Schleimproduktion dort wird gesteigert, einerseits als Schutz der Schleimhaut selbst, andererseits zum Befeuchten der Atemluft. Auch wenn es unangenehm ist: Es ist in der Sauna besser, durch die Nase zu atmen als durch den Mund.
Trotz der Kühlung: Der Körper heizt sich in der Sauna langsam aber sicher auf. Und das ist Stress pur: Adrenalin und Noradrenalin, die Stresshormone des Körpers, werden vermehrt ausgeschüttet - und innerhalb weniger Stunden wieder abgebaut. Ein positiver Stress für den Körper.
Allerdings ist die Hitzebelastung in der Sauna in der Regel nicht so groß, wie gedacht. Die Thermometer hängen meist knapp unter der Decke, dort, wo es am heißesten ist. Wenn das Thermometer aber 100 Grad zeigt, dann ist es am Boden der Sauna nur noch 40 Grad heiß.
Hohe Luftfeuchte
Beim Aufguss kann die Luftfeuchtigkeit bis 20 Prozent mehr als gewöhnlich betragen. Und das ist ein Schock, denn plötzlich versagt die körpereigene Klimaanlage völlig: Erstens verdunstet kein Schweiß mehr und die Kühlfunktion fällt aus. Zweitens kondensiert umgekehrt Feuchtigkeit auf der Haut. Das Schwitzen wird auf den Kopf gestellt: Statt dass die Haut durch die Verdunstung gekühlt wird, wird sie durch die Kondensation der feuchten Luft noch weiter erhitzt. Deshalb ist ein Aufguss so anstrengend - und deshalb sollte man danach schnell ins Freie. Und dort, bei der Abkühlung, wird es physiologisch wieder ausgesprochen spannend: In der Sauna waren alle oberflächlichen Blutgefäße sehr weit gestellt, der Blutdruck war eher niedrig. Jetzt, im Tauchbecken oder unter der Schwalldusche, schnurren die Adern zusammen, und der Blutdruck kann für einen kurzen Moment extrem ansteigen.
Schutz vor Erkältung
Menschen mit Bluthochdruck oder anderen Herz-Kreislauf-Problemen sollten allerdings auf den mutigen Sprung in ein Tauchbecken verzichten und sich langsamer abkühlen: zuerst Arme und Beine, danach den Kopf und Rumpf. Langfristig werden die Blutgefäße durch diesen Temperaturkontrast "trainiert": Regelmäßige Saunabesucher haben selten kalte Hände oder Füße. Und seltener einen Schnupfen. Durch den Saunabesuch scheint das Immunsystem so stimuliert zu werden, dass es Erkältungen effektiver vorbeugen kann.
Tatsächlich wurde bei Kindergartenkindern ein erhöhter Spiegel von Immunglobulin A im Speichel nachgewiesen. Und bei Erwachsenen eine erhöhte Anzahl von so genannten Killerzellen im Blut. Sauna scheint also ausgesprochen gesund zu sein - nicht zuletzt in der erkältungsträchtigen Jahreszeit.