1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Schlaganfall: Bei diesen Symptomen rufen Sie sofort den Notarzt

EIL

Gesundheit Schlaganfall: Bei diesen Symptomen sollten Sie sofort den Notarzt rufen

2019 starben in Sachsen-Anhalt 1248 Menschen am Schlaganfall, in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es bereits rund 500.

Von Bernd Kaufholz Aktualisiert: 28.10.2021, 09:03
Dr. Hartmut Lins, Chef-Neurologe am Klinikum Magdeburg (l.), und Schlaganfall-Spezialist Oberarzt André Mally vor der Aufnahme eines Schädels mit Einblutungen  (weißer Fleck) im Gehirn durch ein geplatztes Blutgefäß bei einem Schlaganfall.
Dr. Hartmut Lins, Chef-Neurologe am Klinikum Magdeburg (l.), und Schlaganfall-Spezialist Oberarzt André Mally vor der Aufnahme eines Schädels mit Einblutungen (weißer Fleck) im Gehirn durch ein geplatztes Blutgefäß bei einem Schlaganfall. Foto: Bernd Kaufholz

Magdeburg - Der 18. Oktober sollte ein schöner Tag für den Altmärker Frank Scharnowski werden. Ein bisschen durch Magdeburg bummeln und seine Frau zum Friseur begleiten. „Ich habe etwa eine halbe Stunde im Salon gesessen, da wurde mir schwummerig“, erinnert sich der 59-Jährige. „Ich habe ein paar Mal tief Luft geholt und bin langsam aufgestanden. Ich wollte einen Schritt machen, aber das linke Bein wollte nicht. Ich bin der Länge nach hingefallen. “

Die Friseurin reagierte sehr schnell und rief den Notdienst. Der Arzt stellte sofort fest: Schlaganfall. Der Krankentransportfahrer wurde ins Klinikum Magdeburg gebracht. Und schon am zweiten Tag im Krankenhaus besserte sich sein Zustand, bis auf ein wenig Taubheit des linken Mundwinkels.

André Mally, Oberarzt der dortigen Schlaganfallstation, sagt: „Der Patient hatte großes Glück. Kurze Zeit nach seinem Schlag konnte mit der funktionsrettenden Therapie begonnen werden. Jede Minute Verzögerung macht die Behandlung schwieriger.“

Bei dem Schlaganfall des Altmärkers handelte es sich um einen sogenannten ischämischer Insult, die häufigste Form des Schlaganfalls (85 Prozent), ausgelöst durch ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß im Gehirn verstopft.

Die Uhr tickt

„Innerhalb von viereinhalb Stunden“, so Mally, „stehen die Chancen, dass das Blutgerinnsel in den Hirnarterien aufgelöst wird, gut. Um das zu erreichen, wird dem Patienten eine Infusion eines Enzyms verabreicht – sogenannte Lyse.“

Doch oft werde ein Schlaganfall zu spät erkannt. „Der Kranke geht nicht zum Arzt, weil er die Symptome nicht ernst nimmt oder der Schlag trifft in der Nacht und besonders ältere, alleinstehende Menschen haben nicht die Möglichkeit, schnell Hilfe zu holen.“

Laut Statistischem Landesamt starben 2019 in Sachsen-Anhalt 703 Frauen und 545 Männer an einem Schlaganfall. 1126 von ihnen hatten das 65. Lebensjahr vollendet. Nur jeder 10. Schlaganfalltote war jünger als 65 Jahre. Tödliche Schlaganfälle waren in der jüngeren Altersgruppe sehr selten.

Von Januar bis Ende März dieses Jahres starben bereits 494 Menschen an sogenannten zerebrovaskulären Krankheiten (Schlaganfällen und sonstigen Erkrankungen der Blutgefäße des Gehirns).

Frank Scharnowski steht mit Physiotherapeutin Stefanie Keil im Raum A 311 der Schlaganfallstation. „Das letzte Mal auf dem Wackelbrett“, schmunzelt die 42-Jährige, die mit ihren Kolleginnen versucht, die Patienten nach einem Schlaganfall so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu bekommen. Die optimale Betreuung heißt in der Praxis: „Sieben Tage die Woche Ergo-, Physiotherapie und Logopädie.“

Sieben Tage die Woche Ergo-, Physiotherapie und Logopädie.

Physiotherapeutin Stefanie Keil

Die Magdeburgerin, die sich seit 13 Jahren um Schlaganfallpatienten kümmert, weiß, wie schwer es für manche Patienten ist, wieder ins normale Leben zurückzukommen: „Sitzen, alleine essen, waschen, sprechen – vieles muss wieder gelernt werden.“ Um das zu erreichen, gehöre dazu unter anderem Gleichgewichtsschulung auf dem Schaukelbrett, Schritte am Handlauf.

Gegen die sogenannte Halbseitenblindheit gibt es einen großen Spiegel. „Die Hemianopsie gehört zu den Sehstörungen und beschreibt den Ausfall einer Hälfte des Gesichtsfeldes. Nach einem Schlag kann es dazu kommen, dass Kranke Gegenstände oder Bewegungen, die sie zuvor sehen konnten, da sie sich im normalen Gesichtsfeld befanden, plötzlich übersehen“, erklärt die Therapeutin.

Die Therapie ziele darauf hin, den Patienten schnellstmöglich rehatauglich zu machen.

Gehirn entlasten

Neurologiechef Dr. Hartmut Lins und Oberarzt André Mally schauen sich die Aufnahme des Gehirns eines gerade eingelieferten Patienten an. Ein großer weißer Fleck ist die starke Einblutung. „Ein hämorrhagischer Schlaganfall“, erklärt Lins. „Die zweite Form des Schlaganfalls, die rund 15 Prozent der Fälle ausmacht. In Einzelfällen muss der Schädel geöffnet und das Blut entfernt werden, um das Gehirn zu entlasten. Denn wenn der Druck immer höher wird und lebenswichtige Bereiche betroffen sind, kann der Tod eintreten.“

Die Schlaganfallstation des Magdeburger Klinikums hält zehn Betten in vier Zimmern vor. „Das Gehirn ist empfindlicher, als das Herz“, sagt der Oberarzt, der seit acht Jahren den Stroke-Bereich leitet. „Wenn das Herz unregelmäßig arbeitet oder aussetzt, kann man meist noch etwas tun. Beim Gehirn geht es tatsächlich um Minuten.“

Schlaganfall-Patient  Frank Scharnowski mit Physiotherapeutin Stefanie Keil bei einer Gleichgewichtsübung auf dem „Wackelbrett“.
Schlaganfall-Patient Frank Scharnowski mit Physiotherapeutin Stefanie Keil bei einer Gleichgewichtsübung auf dem „Wackelbrett“.
Bernd Kaufholz

Deshalb sei die Vorsorge beim Hausarzt extrem wichtig: „Blutdruck, Cholesterin, Blutzucker – das sind Faktoren, die zum Schlag führen können.“ Man selbst könne durch gesunde Lebensführung viel dazu beitragen, um das Risiko zu senken: „Angemessenes Körpergewicht und Verzicht aufs Rauchen“, nennt der Arzt. Allerdings gebe es auch einen genetischen Aspekt. „Wenn in der Familie Menschen von Schlaganfällen betroffen waren, kann das auch ein erhöhtes Risiko sein.“

Typische Schlaganfall-Symptome

Dr. Lins verweist auf einige typische Schlaganfall-Symptome: „Schiefes Gesicht, Sprach- und Koordinationsstörungen, Schwindel, Sehausfall, Schwäche einer Körperhälfte. Wer das an sich feststellt, sollte umgehend den Notarzt rufen.“

Frank Scharnowski hat seine Sachen gepackt und wartet auf die Klinikentlassung. „Vor ein paar Jahren, ohne Lyse, wäre der Schlag wohl das Todesurteil gewesen“, weiß der Altmärker.