1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Bereitschaftsärzte in Sachsen-Anhalt: Bereitschaftsärzte in Sachsen-Anhalt: Wer hilft im Notfall?

Bereitschaftsärzte in Sachsen-Anhalt Bereitschaftsärzte in Sachsen-Anhalt: Wer hilft im Notfall?

Von Kerstin Metze 18.01.2016, 07:52
Gesetzlich Versicherte sollen nicht länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten. Dafür sollen die neuen Terminservicestellen sorgen.
Gesetzlich Versicherte sollen nicht länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten. Dafür sollen die neuen Terminservicestellen sorgen. dpa Lizenz

Halle (Saale) - Wenn zu Hause urplötzlich gesundheitliche Beschwerden auftreten, wissen viele Menschen nicht, wohin sie sich am besten wenden sollen. Vor allem dann nicht, wenn der Hausarzt keine Sprechstunde hat, zum Beispiel abends oder am Wochenende. Viel zu oft wird dann die 112 gewählt oder die Notaufnahme eines Krankenhauses aufgesucht. Und damit werden Kapazitäten gebunden und Gelder ausgegeben, die für tatsächliche Notfälle fehlen.

Überbelegte Notaufnahmen

Auch Sachsen-Anhalts Krankenhäuser stöhnen über unterfinanzierte und überbelegte Notaufnahmen. In die Ambulanzen kämen immer mehr Menschen, bei denen kein Notfall vorliege, sagte der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt, Gösta Heelemann der MZ. Eine bundesweite Studie geht von einem Drittel aller betroffenen Patienten aus. Laut Heelemann lässt sich diese Zahl auch auf Sachsen-Anhalt übertragen. „In den Notaufnahmen verzeichnen wir zweistellige Zuwachsraten.“ Eine Studie des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung in Berlin besagt, dass bundesweit rund zwei Millionen Patienten jährlich in die Notaufnahmen der Kliniken kommen, die aus medizinischer Sicht keine Notfälle sind und besser bei einem niedergelassenen Arzt aufgehoben wären.

Mit der Zahl der Patienten steigen aber die Kosten. Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt erhält eine Klinik pro Patient 32 Euro für eine Behandlung in der Notfallambulanz. Die tatsächlichen Kosten liegen aber bei 126 Euro pro Fall. Die hohe Differenz zwischen erstatteten und tatsächlichen Kosten erklärt die Krankenhausgesellschaft mit der anspruchsvollen Ausstattung der Kliniken.

Falsche Entscheidungen aus Unwissenheit

Es gibt durchaus Fälle, bei denen leicht erkrankte Patienten bewusst in die Notfallambulanz gehen und zum Teil lange Wartezeiten in Kauf nehmen, weil es keinen anderen Arzt in ihrer Nähe gibt oder sie lange auf Termine warten müssen. Häufig aber treffen Kranke oder ihre Angehörigen auch aus Unwissenheit falsche Entscheidungen: Wer ist eigentlich wofür zuständig? Wohin sollten sich Hilfesuchende in welchen Fällen wenden? Für akute Gesundheitsprobleme und Notfälle gibt es in Deutschland drei Anlaufstellen. Die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr.  Simone Heinemann-Meerz, hat der MZ geholfen, die unterschiedlichen Möglichkeiten zu erklären:

Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Außerhalb der Praxis-Sprechzeiten, also vor allem nachts und am Wochenende, organisieren die Kassenärzte einen regionalen ärztlichen Bereitschaftsdienst, der bundesweit über die einheitliche, kostenlose Telefonnummer 116 117 (ohne Vorwahl) mobil und vom Festnetz zu erreichen ist. „Der jeweils eingeteilte Arzt soll akut, aber nicht akut lebensbedrohlich erkrankte Patienten behandeln“, erklärt Dr. Heinemann-Meerz. Bei Bedarf fährt der Arzt zum Patienten oder behandelt ihn in seiner Praxis. In manchen Regionen liegen spezielle Bereitschaftspraxen im oder am Krankenhaus. Bis ein Arzt vor Ort ist, können vor allem auf dem Land nicht selten mehrere Stunden vergehen.

Nach den Bestimmungen der Gemeinsamen Bereitschaftsdienstordnung der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt sind alle niedergelassenen Ärzte und die bei Vertragsärzten sowie in Medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichtet.

Rettungsdienst

Unter der bundesweiten Notruf-Nummer 112 können ausgebildete Notfallsanitäter angefordert werden, die meist sehr schnell mit Blaulicht zum Patienten fahren. Der Betroffene muss dann aber auch in leichteren Fällen damit rechnen, in die Notaufnahme des nächstgelegenen Krankenhauses eingeliefert zu werden. Anders könnten die Fahrten nicht vollständig abgerechnet werden. In schweren Fällen kommt auch ein Notarzt. „Eigentlich ist der Rettungsdienst für akut lebensbedrohliche Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Atemstillstand, starke Blutungen, andere schwere Verletzungen und schwere Unfälle vorgesehen“, sagt die Ärztekammer-Präsidentin. Allerdings werde er ihren Beobachtungen zufolge immer häufiger auch bei minder schweren Gesundheitsproblemen gerufen. Eine bundesweite DRK-Studie hatte ergeben, dass 35 Prozent der vom Rettungsdienst aufgesuchten Patienten keine Notfälle seien.

Notfallambulanz

Rund um die Uhr, an sieben Wochentagen sind die Notfallambulanzen in Krankenhäusern geöffnet. Hierhin bringt der Rettungsdienst die Notfälle, und Patienten suchen diese Ambulanzen auch direkt auf. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als zehn Millionen solcher Behandlungsfälle jährlich. „Dabei sollten die Patienten wissen, dass im niedergelassenen Bereich der Patient immer Anspruch auf Facharztstandard hat“, sagt Dr. Simone Heinemann-Meerz. Das sei gesetzlich festgelegt und in den Klinikambulanzen nicht immer so. Aus organisatorisch-logistischen Gründen gehe das in den Kliniken auch gar nicht anders. In der Regel gebe es dort einen Oberarzt im Hintergrund. (mz)