Wassertemperaturen Baden in noch kühlen Gewässern: Was muss ich da beachten?
Es ist warm und sonnig - kurz gesagt: Badewetter! Einziger Haken: Der See ist erst 15 Grad warm. Damit Ihr Schwimm-Vorhaben nicht nach hinten losgeht, sollten Sie diese Experten-Tipps kennen.
Bayreuth - Tage, die an den Sommer erinnern, die gibt's auch schon im Frühling. Wir schwitzen, sehnen uns nach Erfrischung - vielleicht im See?
Eine gute Portion Vorsicht ist da aber wichtig: Die Kombination aus einem aufgeheizten Körper und kaltem Wasser kann gefährlich werden. Davor warnt Prof. Stefan Linsler, DLRG-Bundesbeauftragter für Tauchmedizin und Neurochirurg am Klinikum Bayreuth. Nun - Mitte Mai - liegt die Badetemperatur in vielen Seen erst bei rund 14 bis 16 Grad. Nord- und Ostsee sind mit etwa 11 bis 12 Grad noch einmal deutlich kälter.
Belastung fürs Herz-Kreislauf-System
Steigt man in so kalte Gewässer, ist das eine Belastung für das Herz-Kreislauf-System. Zum Verhängnis kann dabei der Tauchreflex werden, eine eigentlich sinnvolle Funktion des Körpers. „Den hat jeder von uns, wenn wir ins Wasser reingehen, gerade mit dem Gesicht“, sagt Stefan Linsler. „Der Herzschlag verlangsamt sich dann. Das ist dazu gedacht, um Sauerstoff zu sparen, damit der Körper länger unter Wasser bleiben kann.“
Doch ist der Körper aufgrund von sommerlichen Temperaturen an Land stark aufgewärmt, kann dieser Reflex über sein Ziel hinausschießen. Im schlimmsten Fall droht ein Herzstillstand.
Es kann aber Linsler zufolge auch dazu kommen, dass kurzzeitig der Blutdruck in den Keller sackt, es zu einer kurzen Ohnmacht kommt. „Das ist an Land weniger tragisch, da fällt man um und wird dann wieder wach. Aber wenn das im Wasser passiert, droht man zu ertrinken.“
Wenn das Zittern nachlässt, wird es kritisch
Ob See oder Meer: Gehen wir nun im Frühjahr in noch kühle Gewässer, ist es gut möglich, dass der Körper mit Zittern reagiert. Unsere Muskeln arbeiten dann, womit der Körper versucht, Wärme herzustellen. Manchmal werden in diesem Zuge die Hände rot, die Gliedmaßen kribbeln „wie man das kennt, wenn sie eingeschlafen sind, sehr unangenehm“, so Linsler.
Merkt man im Wasser nach einer Weile, dass diese Reaktionen nachlassen, ist das aber kein gutes Zeichen - auch wenn viele das erst einmal annehmen. Ganz im Gegenteil: „Der Körper fährt dann eine andere Strategie, fällt sozusagen ins Erschöpfungsstadium. Er versucht nicht mehr, Wärme zu erzeugen, sondern fährt auf Sparflamme, um zu überleben“, sagt Linsler. Spätestens dann ist es Zeit, das Wasser zu verlassen und sich wieder aufzuwärmen - sonst kann es lebensgefährlich werden.
Diese 4 Dinge sollten Sie beachten
Ist der aufgewärmte Körper schon etwas abgekühlt, ist das Baden in kalten Gewässern weniger risikoreich. Wer Glück hat, hat eine Badestelle mit einer Dusche erwischt. Alternativ kann man den Körper vorab am See mit etwas Wasser bespritzen, wie Linsler rät.
Dafür muss man wissen: Dass für den See eine Wassertemperatur von beispielsweise 16 Grad angegeben ist, heißt nicht, dass er überall so warm ist. „Meist wird bei ungefähr einem Meter Tiefe die Wassertemperatur gemessen“, sagt Stefan Linsler. Doch bei Gewässern gibt es die sogenannte Sprungschicht. Das heißt: Das Oberflächenwasser ist zwar aufgewärmt, das Wasser einen oder anderthalb Meter darunter aber noch deutlich kälter.
Gerade bei Seen, in denen generell wenig Bewegung herrscht, kann der Unterschied enorm sein: Das tiefere Wasser kann einstellige Temperaturen haben, auch wenn an der Oberfläche 15 Grad oder mehr herrschen. „Wenn ich dann - nicht abgekühlt - reinspringe, komme ich auf einen Schlag in richtig kaltes Wasser. Das kann zu einem Herzstillstand führen“, warnt Stefan Linsler.
Wie stark ein Körper im Wasser auskühlt, das hängt von verschiedenen Faktoren ab - von Körperstatur und Fettgewebe etwa, aber auch davon, wie oft man in kälteren Gewässern badet. Wer maximal fünf bis zehn Minuten im Wasser bleibt, ist auf der sicheren Seite, so lautet Stefan Linslers Faustregel. Und natürlich: auf die Signale des Körpers hören.
Fegt - zurück an Land - ein Windhauch über die nasse Badekleidung und Haut, kühlt das noch mehr aus. Aufwärmen klappt so nicht gut. „Man muss also aus der nassen Kleidung raus und sich dann sozusagen ganz neu warm einpacken“, sagt Stefan Linsler.
Am besten wärmt man sich nicht nur von außen, sondern auch von innen. Ein warmer Tee ist dabei allerdings die deutlich bessere Wahl als Alkohol. „Es ist ein Irrglaube, dass Alkohol aufwärmt. Im Gegenteil: Er kühlt eher aus, weil sich die Gefäße weiten, man damit mehr Wärme verliert“, sagt Linsler.
Sinnvoll ist auch, etwas Zuckerhaltiges zu sich zu nehmen: Der Körper hat im kalten Wasser nämlich ziemlich viel Energie verbraucht - und braucht sie auch für das Aufwärmen.