Richtig abschalten Auszeit fürs Smartphone: 5 Tipps für Digital Detox im Urlaub
Wer sich im Urlaub eine digitale Auszeit gönnt, kann mehr erleben. Aber wie geht Digital Detox, ohne völlig aufs Smartphone zu verzichten? Tipps für Erholung mit Langzeiteffekt von einer Expertin.

München - Erreichbar sein, schnell was googeln, Nachrichten oder Wetterbericht checken – und Fotos will man ja auch machen: Im Urlaub fällt es vielen schwer, das Smartphone zur Seite zu legen. Wäre aber besser, denn: „Ein kurzer Blick in die Mails kann die komplette Erholung zunichtemachen“, warnt Daniela Holsboer, Expertin für Digital Detox.
„Unser persönlicher Akku kann nicht aufladen, wenn wir im Urlaub permanent online sind“, sagt Holsboer. Wer sich wirklich erholen will, sollte das also vermeiden. Doch wie funktioniert das? Die Expertin gibt fünf Tipps:
1. Wissen, warum: den eigenen Digital-Stress erkennen
Ob wir eine digitale Auszeit nötig haben, dafür gibt es Hinweise: „Schon der kleinste Gedanke daran, dass das Handy stresst, ist ein ernstzunehmender Hinweis der Seele“, sagt Holsboer. Wer ständig das Gefühl hat, nicht mehr abschalten zu können, oder auch, sich schnell ablenken zu müssen, wer schlecht schläft, sollte das ernst nehmen. Auch Konzentrationsstörungen, Kurzatmigkeit („E-Mail-Apnoe“) oder ein unangenehmes Gefühl beim Blick ins volle Postfach sind Alarmsignale.
Was tun? Der hart erarbeitete und verdiente Urlaub ist der „Inbegriff von Erholung“ überhaupt, so Holsboer. „Gerade im Urlaub wollen wir einen Flow erleben – das Gefühl, ganz im Hier und Jetzt zu sein, sei es beim Lesen, beim Essen, beim Schwimmen oder Surfen, weil es eben so schön ist“, erklärt sie.
Aber: „Um in diesen Zustand zu kommen, brauchen wir mindestens 15 Minuten ungestörte Zeit – und jedes Handysignal reißt uns wieder raus.“ Der Urlaub bietet sich daher an, um wirklich abzuschalten - also auch das Handy als einen der „Hauptstressoren“ im Alltag.
2. Kein Totalverzicht - die richtigen Einstellungen
Viele Menschen tun sich schwer damit, ihr Handy von heute auf morgen komplett wegzulegen und zu -lassen, und das muss auch keiner: „Das Schöne an Digital Detox ist: Es funktioniert auch in homöopathischen Dosen“, sagt Holsboer.
Ihr „absoluter Lieblingstipp“ für den Urlaub: digitales Intervallfasten, etwa so: 15 Minuten online, vier Stunden offline – 15 Minuten online, vier Stunden offline. App-Limits helfen dabei, den Überblick zu bewahren. Und die meisten Smartphones haben verschiedene Modi, die nützlich sind, wenn wir einstellen, dass uns niemand bzw. nur bestimmte Menschen erreichen können.
3. Für echte Erinnerungen: die „Kamera des Herzens“ einschalten
Fotos gehören für viele zum Urlaub dazu – man will sich erinnern und anderen zeigen, was man erlebt hat. Aber haben Sie auch zig oder Hunderte Fotos im Handy, die womöglich nie wieder angeschaut werden? Eben. „Wer spektakuläre Selfies aufnimmt, verpasst den Moment“, sagt Holsboer. „Es gibt auch eine "Kamera des Herzens" – die sollten wir aktivieren und die einzigartigen Momente im Urlaub mit Herz und Seele aufnehmen.“
Das bedeutet natürlich nicht, dass man gar keine Bilder machen sollte, bloß vielleicht überlegen, was wir vor allem erleben statt inszenieren wollen. „Wer einen Atemzug innehält, bevor er zum Handy greift, und die Frage stellt: "Warum?", wird feststellen, dass er in den allermeisten Fällen keinen wirklichen Grund dafür hat“, so Daniela Holsboer.
4. Test: Mini-Routinen ausprobieren
„Offline-Rituale“ können nicht nur bei der Impulskontrolle unterstützen, sondern auch den Alltag entspannen: Vielleicht probieren wir also im Urlaub einfach mal welche aus - etwa den Tag ohne Bildschirm starten und beenden, Mahlzeiten ohne Handy genießen oder auch nur eine ungestörte Tasse Tee trinken.
„Wer im Urlaub damit beginnt, das Smartphone erst nach dem Frühstück zu aktivieren, kann zu Hause auf einen normalen Wecker umsteigen und nicht mehr zu den neun von zehn Menschen gehören, die den Tag mit dem Griff zum Smartphone beginnen“, erklärt Holsboer. „Alles Übungs- und Willenssache.“
Wenn wir solche kleinen Rituale auch nach dem Urlaub beibehalten und über einen Zeitraum von etwa vier Wochen zu Gewohnheiten machen, sorgen wir auch im Alltag für weniger Stress - der Erholungseffekt hält also an.
5. Allein oder zusammen? Mitreisende einbeziehen
Oft sind es nicht nur die eigenen „alten“ Smartphone-Gewohnheiten, die das Digital Detox erschweren – sondern auch das Verhalten von Freunden oder Familienmitgliedern. Was ist etwa, wenn ich „entgiften“ will, Mitreisende aber am Bildschirm hängen?
„Wir Menschen sind Nachahmer: Zückt einer das Handy, macht es sogleich der Nächste“, erklärt Holsboer. Ruhezonen können helfen: „Wenn niemand ein Handy benutzt, sinkt das eigene Bedürfnis danach.“ Aber diese Zonen gibt es nicht überall und dann „dürfen wir andere darauf hinweisen, dass uns die Erholung ohne Smartphone, aber auch die ungestörte gemeinsame Zeit am Herzen liegt.“
Vielen sei gar nicht bewusst, welchen Einfluss unsere Handynutzung auf unser Erleben und Verhalten und tatsächlich auf unsere Gehirnstruktur habe, etwa die Sucht nach Dopaminkicks durch Klicks und Likes auf Social Media, sagt Holsboer.
„Wer digital entgiftet und diese toxischen Kreisläufe durchbricht, profitiert enorm: Allem voran werden wir wieder präsent“, sagt die Expertin. „Wir betrachten die Welt nicht mehr durch einen Bildschirm hindurch, sondern erleben sie wieder wahrhaftig. Wir werden zudem empathischer, begegnen einander wieder näher. Auch das ist gerade im Urlaub fantastisch.“
Zur Person: Daniela Holsboer ist promovierte Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Expertin für Digital Detox. Unter ihrem Mädchennamen Daniela Otto schrieb sie zwei Bücher zu diesem Thema („Digital Detox: Die ideale Anleitung für eine gesunde Smartphonenutzung“ und „Digital Detox für die Seele: Mit Achtsamkeitsübungen bewusst online gehen“).
