Anatomie Anatomie: Blockade tief im Becken löst Hüftschmerzen aus
Halle/MZ. - "Es ist damit das zentrale Bewegungsorgan des Körpers", erklärt der Sportmediziner Winfried Banzer von der Universität Frankfurt am Main. "Es wird bei jedem Schritt bewegt und ist selbst durch die Bewegung der inneren Organe aktiv." Wenn dieses kaum bekannte Gelenk blockiert ist, drohen massive Einschränkungen im alltäglichen Leben.
Versteckt liegt das Sakroiliakal-Gelenk am Ende der Wirbelsäule tief im Becken. "Es ist außen und innen völlig von zahlreichen Bändern überzogen, die das Gelenk stabilisieren, ihm aber auch nur minimalen Bewegungsfreiraum geben", erklärt der Orthopäde und Unfallchirurg Bernd Kladny von der Fachklinik Herzogenaurach.
Da es die Wirbelsäule mit den unteren Extremitäten verbindet, wird es bei jedem Schritt und jeder Drehung bewegt - und ist besonders anfällig. "Denn wenn die Bänder, Muskeln und Organe, die alle auf das Gelenk einwirken, nicht richtig zueinander stehen, sondern beispielsweise durch Verhärtungen oder Zerrungen gestört sind, leidet auch das Gelenk darunter", sagt Kladny.
"Dann muss man je nach Diagnose beispielsweise die Gesäßmuskulatur oder durch einen Sturz gezerrte Bänder behandeln." Ein Symptom für so eine Störung ist laut Banzer, dass man sich seine Socken nicht mehr richtig anziehen kann.
Ein weiteres häufiges Problem ist die Blockierung des Iliosakral-Gelenks, wie es auch genannt wird. "Die Ursache ist noch nicht wirklich bekannt. Man vermutet aber, dass es Informationsprobleme durch die Nerven sind", erläutert Banzer, der auch Gesundheitsexperte des Deutschen Olympischen Sportbundes ist. Auch dann ist das Gelenk in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, benötigt aber eine andere Therapie als bei einer Funktionsstörung.
"Die Diagnose dieser Leiden ist allerdings sehr schwierig, weil die Schmerzen oft nicht dem Sakroiliakal-Gelenk zugeordnet werden", sagt Hendrik Schütz, Mediziner aus der Nähe von Kiel. Dann kann es passieren, dass ein Patient Nackenschmerzen hat - die Ursache aber im Kreuzbein-Darmbein-Gelenk liegt, das die Wirbelsäule ausgleichen will, was zu Verspannungen am anderen Ende des Rückens führt.
"Es kann aber auch sein, dass durch Probleme im Gelenk die Hüfte etwas verdreht und die Beine daher unterschiedlich lang sind", sagt Schütz. "Mit einer falschen Diagnose könnte ein Arzt dem Patienten dann Einlagen für die Schuhe verschreiben - die das eigentliche Problem aber nicht beheben würden."
Laut Prof. Banzer müssen auch Ärzte beim Kreuzbein-Darmbein-Gelenk oft kapitulieren: "Seine Behandlung ist mit einem Spezialwissen verbunden." Für die Patienten kann das unter Umständen zu einem längeren Leidensweg als nötig führen, da sie wegen ihrer Symptome erst auf andere Ursachen behandelt werden, als es die Probleme am Gelenk eigentlich erforderten.
Wer jedoch die richtige Diagnose gestellt bekommt, hat gute Chancen auf Heilung, sagt Orthopäde Kladny. Denn abhängig von der Ursache können verschiedene Formen der manuellen Medizin helfen. "So können die gestörten Weich- oder Gelenkteile beziehungsweise das verhakte Gelenk wieder befreit werden."
Gut sei zudem, dass größere Eingriffe meist nicht nötig seien: "Operationen am Sakro-iliakal-Gelenk sind sehr selten - eine absolute Rarität!"