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Gametrend Let's play Gametrend Let's play: Die Vorspieler

Von Antonie Städter 01.06.2013, 18:52
Die Stars der deutschen Let´s-Play-Szene: Erik Range alias Gronkh und Valentin Rahmel alias Sarazar (v. l.)
Die Stars der deutschen Let´s-Play-Szene: Erik Range alias Gronkh und Valentin Rahmel alias Sarazar (v. l.) Marie Schmidt Lizenz

Halle/MZ - Gronkh? „Kennste nicht Gronkh?“ Man muss doch Gronkh kennen! Wenn dann die jugendlichen Fans des Internetstars erklären, wer das ist und was er so macht, ist die Verwirrung für alle Ahnungslosen erst einmal perfekt: Was, bitteschön, soll so spannend daran sein, einem Fremden - in dem Falle „Gronkh“ - dabei zuzusehen, wie er sich durch Computerspiel-Welten klickt? Genau damit nämlich ist der 36-jährige Fachinformatiker mit Faible fürs Zocken berühmt geworden. Und hat - mit einigen anderen - ein neues Internetformat in Deutschland bekannt gemacht.

„Let’s Play“ heißt der Spaß, der in den vergangenen zwei, drei Jahren hierzulande mächtig an Fahrt aufgenommen hat. Hunderttausende sehen sich die Videos sogenannter Let’s Player an. Diese - mittlerweile sind es Tausende - machen nichts anderes, als am Computer zu sitzen und zu spielen, das Ganze live zu kommentieren, aufzunehmen und schließlich als Clip ins Internet zu stellen - meist auf dem Videoportal YouTube. Manche Let’s Plays werden gar „blind“ gespielt - der Spieler kennt das Spiel also noch nicht und hat folglich keine Ahnung, wo es lang geht. Und nicht nur jene sind zu Großen der Let’s-Play-Szene geworden, die richtig gute Zocker sind. Bei manchen ist die Fan-Schar gerade deshalb gewachsen, weil sie oft grandios - und mitunter ganz schön dusselig - verlieren. Auf gute Kommentare kommt es an!

Unterhaltung ist Erfolgsgarant

„Sie müssen auf jeden Fall unterhaltsam sein, damit ein Let’s Player Erfolg hat“, sagt auch Kai Rienow. „Man kann das mit den Kommentatoren bei Fußballspielen vergleichen.“ Der 20-Jährige, der in Stralsund Wirtschaftsinformatik studiert, beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit diesem Internet-Trend, der aus seiner Sicht längst mehr als ein Trend ist: „Let’s Plays werden so schnell nicht mehr von der Bildfläche verschwinden.“ Von der Nische zum Massenphänomen: Als Kai Rienow im Oktober 2009 mit „Letsplayforum.de“ an den Start ging, wo sich die Szene austauschen kann, „da gab es gerade einmal eine Handvoll bekannter Let’s Player“. Und in seinen eigenen Videos musste er anfangs noch erklären, was er damit bezweckte. Heute hat sein Forum knapp 27 500 Mitglieder. Nach einer Pause wegen des zeitlichen Aufwands stellt er seit vorigem Sommer wieder selbst solche Videos ins Netz. „Ich sehe das als Hobby“, sagt er. Sein Repertoire ist breit gefächert: „Das reicht von Geschicklichkeitsspielen bis zum Ego-Shooter.“

Längst zum Beruf geworden sind die Spiel-Filme derweil für Erik Range alias Gronkh und Valentin Rahmel alias Sarazar - zwei Große in der Let’s-Play-Szene, die dort gemeinsame Sache machen. Inzwischen sind die sprechenden Spieler aus Köln Klick-Millionäre und werden im Netz wie Popstars behandelt. „Wir hätten niemals gedacht, dass das so ein großes Ding wird“, sagt Sarazar heute. Beide hatten sich vor einigen Jahren - wie auch sonst - über ein Computerspiel kennengelernt und später auf einer gemeinsamen Webseite Spiele rezensiert. „Wir wollten Gaming-Videos produzieren, um die Inhalte der Seite zu erweitern. Zumal der Trend im Internet verstärkt in Richtung Videoinhalt geht - gerade bei der jüngeren Zielgruppe“, erzählt der 29-jährige Sarazar, der sich heute bei ihrer größtenteils werbefinanzierten Firma Playmassive besonders um Geschäftsführung und Management kümmert.

Gronkhs 1.000. Minecraft-Episode

Sie produzierten damals also ihre ersten Let’s-Play-Videos. So richtig Schwung kam im Oktober 2010 in die Sache, nachdem Gronkh - bis heute der Bekanntere von beiden - seinen ersten Clip online stellte, in dem er sich in dem Klötzchenspiel „Minecraft“ versucht. Heute ist die Folge mit den denkwürdigen Anfangsworten „Hallöchen Popöchen“ Kult, vor einigen Wochen erschien Gronkhs 1.000. Minecraft-Episode.

Bis heute sind viele neue Spiele verschiedener Genres hinzugekommen. Auf seinem YouTube-Kanal hat Gronkh aktuell weit mehr als 1,6 Millionen Abonnenten und rund 660 Millionen Videoaufrufe - damit ist es einer der erfolgreichsten deutschen Kanäle des Portals. Der gut gelaunte Zocker stellt Tag für Tag neue Clips ins Netz, spielt und redet drauf los - übers Spiel oder sich selbst. Eben „wie ein Kumpel auf der Couch“, sagt Sarazar, der als Let’s Player selbst Hunderttausende Fans hat.

Dabei sei es nicht immer so einfach mit dem Produzieren, wie es bei den Profis aussieht: „Schwierig ist es vor allem am Anfang, wenn man nicht wirklich weiß, was man erzählen soll. Da hilft nur probieren und machen.“ Sowieso haben Let’s Plays immer von dem etwas Amateurhaften gelebt - auch, wenn die Zuschauer heute weit höhere Ansprüche an Sound und Moderation der meist viertel- bis halbstündigen Filme haben, als noch vor wenigen Jahren. Und wenn Sarazar oder Gronkh im Spiel Fehler machen oder entscheidende Hinweise übersehen, überbieten sich ihre Zuschauer mit Tipps oder belustigten Bemerkungen im Kommentarbereich. Während sich manche die Filme einfach zur Unterhaltung ansehen, wollen andere dabei vor allem die Spiele kennenlernen.

Das haben auch die Spielehersteller erkannt - und dulden es meist gern, wenn Let’s Player Filme mit Sequenzen aus ihren Games veröffentlichen. „Wir freuen uns, wenn sich Fans auf diese Art mit unseren Spielen auseinandersetzen“, sagt Martin Lorber von Electronic Arts. Als eine Art Kunden-Rezension mit meist positiver Wirkung sieht Ubisoft-Marketing-Director Benedikt Schüler die Clips. „Let’s Playern mit großer Fangemeinde geben wir die Möglichkeit, unsere Titel vorab anspielen zu können, die Entwickler zu treffen und zu interviewen.“

Kein Wunder: Über Gronkh etwa heißt es, dass sich manches Spiel prompt besser verkauft haben soll, nachdem er es getestet hatte. „Die meisten Spielefirmen unterstützen uns“, sagt Sarazar. Aber: „Wir zocken keine Spiele, die wir nicht spielen möchten. Da könnte man uns noch so viel Geld bieten.“

Let´s Play zu Minecraft
Let´s Play zu Minecraft
Gronkh.de Lizenz