Fragen und Antworten Fragen und Antworten: Masern sind alles andere als harmlos

Halle (Saale) - Der Masern-Tod eines Kleinkindes in Berlin ruft in Erinnerung, dass Kinderkrankheiten durchaus gefährlich verlaufen können. Die MZ hat wichtige Fragen rund um die tückische Masern-Virusinfektion zusammengestellt:
Wie macht sich eine Masern-Infektion bemerkbar?
Die ersten Symptome, die etwa zehn Tage nach der Ansteckung auftreten, sind recht uneindeutig: Fieber, Schnupfen, Husten und Mattigkeit. Darüber hinaus kommt es oft zu einem Ausschlag an Gaumen und Mundschleimhaut. Erst 14 Tage nach der Infektion tritt der typische Masernausschlag auf: bräunlich-rosafarbene Flecke auf der Haut, beginnend im Gesicht. Die Flecke bleiben vier bis sieben Tage.
Wie erfolgt die Ansteckung?
Auslöser der Krankheit sind Masernviren. Sie infizieren ausschließlich Menschen. Die Ansteckung erfolgt beim Sprechen, Husten oder Niesen über Tröpfchen. Schon fünf Tage vor dem typischen roten Hautausschlag sind Infizierte ansteckend. Kaum ein Erreger ist so infektiös wie das Masernvirus. Wer es in sich trägt, gibt die Keime praktisch an alle Menschen der unmittelbaren Umgebung weiter - es sei denn, diese sind geimpft oder haben die Erkrankung bereits selbst durchgemacht. Jetzt ist aktiver Impfschutz angezeigt. Menschen mit unklarem oder unzureichendem Impfstatus sollten schleunigst für eine Auffrischung sorgen.
„Masern sind hochansteckend“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Barmer-Gek, Christoph Straub. Selbst über mehrere Meter hinweg sei eine Ansteckung noch möglich.
Erkranken hauptsächlich Kinder?
„Masern sind mitnichten ausschließlich eine Kinderkrankheit. In den vergangenen Jahren erkrankten nicht nur Kleinkinder, sondern vermehrt auch Ältere“, warnt Straub. Mehr als die Hälfte der Masern-Erkrankungen beträfe heute Jugendliche und Erwachsene.
Wie gefährlich sind Masern?
Bei einer Masernerkrankung leiden die Betroffenen fast immer unter hohem Fieber. Das Immunsystem ist während der Infektion sehr geschwächt, dadurch haben andere Erreger ein leichtes Spiel. Häufig erkranken die Patienten zusätzlich an einer Mittelohrentzündung, einer schweren Bronchitis oder einer Lungenentzündung. Besonders gefürchtet als Komplikation sind Gehirnentzündungen. Die Gefahr eines tödlichen Verlaufs ist dann groß.
Wie oft endet die Infektion tödlich?
Dem Statistischen Bundesamt zufolge sterben in Deutschland jährlich ein bis zwei Menschen an den Folgen von Masern.
Wie werden Masern behandelt?
Eine Therapie gegen Masern gibt es nicht. Um den Körper im Kampf gegen die Viren zu unterstützen, helfen Bettruhe, fiebersenkende Medikamente und Husten-Arznei.
Wie kann man sich vor einer Infektion schützen?
Durch eine Impfung. Der Impfstoff wird aus abgeschwächten Masernviren hergestellt und in den Oberarmmuskel gespritzt. Säuglinge sollten im Alter von elf bis 14 Monaten erstmals geimpft werden. Das kann auch früher geschehen (ab neun Monaten), wenn das Kind in eine Kindereinrichtung gehen soll und gesund ist. Die Zweitimpfung kann vier Wochen nach der ersten erfolgen und sollte im Alter von 15 bis 23 Monaten verabreicht werden. Barmer-Vorstandsvorsitzender Straub betont, dass die Masernimpfung eine hochwirksame Prävention sei. „Aber nicht nur Babys, sondern vor allem Eltern von Säuglingen sollten geimpft sein.“ Da Babys frühestens ab neun Monaten geimpft werden können, entstehe in dieser Zeit eine gefährliche Immunitätslücke.
Was ist, wenn Menschen die Masern schon hatten?
Es wird davon ausgegangen, dass wer die Krankheit einmal überstanden hat, den Rest seines Lebens immun ist.
Bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen die Impfung?
Im Einzelfall sollten Interessierte bei ihrer Kasse nachfragen. Die AOK Sachsen-Anhalt bezahlt ihrem Pressesprecher Andreas Arnsfeld zufolge die Masern-Grundimmunisierung im Baby- beziehungsweise Kleinkindalter, ebenso übernimmt sie die Kosten für versäumte oder unvollständige Impfungen, die bis zum vollendeten 18. Lebensjahr nachgeholt werden, über die elektronische Gesundheitskarte. Da auch eine einmalige Impfung für nach 1970 geborene Personen, die ungeimpft sind, die in der Kindheit nur einmal geimpft wurden oder die einen unklaren Impfstatus haben, empfohlen wird, übernehme die AOK auch diese Kosten vollständig, sagt Arnsfeld. Eine Kostenübernahme außerhalb dieser Altersgrenzen sei nur bei in der Schutzimpfungsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmeregelungen möglich. Der behandelnde Arzt treffe die Entscheidung.
Für die Barmer-Gek versicherte Straub, dass seine Kasse auch die Kosten einer Impfung für vor 1970 Geborene übernehme, obwohl dieser Personenkreis laut Schutzimpfungsrichtlinie keinen Anspruch auf eine Masernimpfung auf Kassenkosten habe.
Welche Risiken hat die Impfung?
Typische Impfreaktionen sind möglich. So kann die Einstichstelle dick werden und schmerzen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind sehr selten. Weil für die Immunisierung gegen Masern abgeschwächte Lebendviren verwendet werden, kommt es mitunter zu einer milden Form der Krankheit.
Wie kommt es zu Impflücken?
Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lehnt nur rund ein Prozent aller Eltern die Impfungen für ihre Kinder generell ab. Ein sehr viel höherer Anteil, 35 Prozent, setzt sich mit dem Thema jedoch sehr kritisch auseinander. In den meisten Fällen wird das Impfen allerdings schlicht vergessen, etwa in Familien mit vielen Kindern, oder weil ein Kind zum vereinbarten Impftermin krank war.
Ist auch für Erwachsene eine Impfung empfehlenswert?
Ja, weil die Infektion bei Erwachsenen meist schwerer verläuft als bei Kindern. Wer als Kind oder Jugendlicher nur eine oder gar keine Masernimpfung erhalten hat, sollte sich noch einmal mit der MMR-Vakzine (Masern-Mumps-Röteln) impfen lassen. Dazu hat die Gesellschaft für Virologie in Deutschland aufgerufen. Alle nach 1970 Geborenen, bei denen der Impfstatus unklar sei oder die nur eine MMR-Impfung erhalten haben, sollten dringend die zweite Impfung nachholen. In dieser Altersgruppe gibt es Risiken, weil damals zunächst nur weniger wirksame Einfach-Impfungen vorgenommen wurden.
Lassen sich Masern überhaupt ausrotten?
Ja, weil Masernviren nur den Menschen befallen, also kein Reservoir irgendwo im Tierreich haben, wie es bei vielen anderen Krankheiten der Fall ist, ist es tatsächlich möglich, sie auszurotten. Das hat die Weltgemeinschaft auch vor. Ausgerechnet in diesem Jahr, 2015, hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO ursprünglich gehofft, sie könne verkünden, dass die Welt frei von Masern ist. Der Kampf gegen die tückischen Viren wird sich nun jedoch noch länger hinziehen. Um die Masern endgültig auszurotten, ist es nötig, dass mindestens 95 Prozent der Bevölkerung gegen die Erreger zweimal geimpft sind.
Wie nahe ist Deutschland an diesem Ziel?
Bei den Schulkindern in Deutschland ist man nahe dran. Im Jahr 2010 hatten knapp 97 Prozent der Erstklässler die erste MMR-Impfung erhalten. Immerhin gut 92 Prozent der Schulanfänger waren zweimal geimpft und damit gut vor einer Erkrankung geschützt.
Welche anderen Impfungen sollten Kinder unbedingt bekommen?
Über die aktuellen Impfempfehlungen berät laufend die am Robert-Koch-Institut in Berlin ansässige Ständige Impfkommission. Sie empfiehlt unter anderem den Schutz vor Diphterie, Keuchhusten, Pneumokokken und Meningokokken.
Die Website www.impfen-info.de informiert über Empfehlungen.