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Steter Zufluss Gewinnmitnahme: Sind Dividenden für Privatanleger wichtig?

Nettes Zubrot oder wichtiger Unterschied? Jahr für Jahr konkurrieren Unternehmen um die Krone der höchsten Dividendenausschüttung. Privatanleger kann das beeindrucken. Die Frage ist: zurecht?

Von Christoph Jänsch, dpa 03.08.2023, 13:31
Fällt, nachdem ein Unternehmen Dividenden an seine Aktionäre auszahlt: der Börsenwert.
Fällt, nachdem ein Unternehmen Dividenden an seine Aktionäre auszahlt: der Börsenwert. Christin Klose/dpa-tmn

Köln/Bad Homburg - Ob Mercedes-Benz, BASF oder Allianz: Wer bestimmte Aktien in seinem Depot hält, profitiert Jahr für Jahr von den Gewinnen der jeweiligen Unternehmen. Denn manche von ihnen schütten regelmäßig einen Teil davon als sogenannte Dividende an ihre Anteilseigner aus.

Sollten also Anleger, die ohnehin nur ausgewählte Aktien in ihr Portfolio aufnehmen, gezielt solche Wertpapiere aussuchen?

Nach Ansicht von Conrad Lauterbach vom Vermögensverwalter Allington Investors kann eine Dividendenausschüttung zumindest ein positives Zeichen für Anleger sein. Denn in der Regel bedeutet das, dass ein Unternehmen profitabel wirtschaftet. Andererseits sei die Ausschüttung einer Dividende auch ein Hinweis darauf, dass das Unternehmen nicht mehr alle freien Mittel in profitable Wachstumsprojekte investieren könne.

Entscheidend sei daher die Zielsetzung des Anlegers, sagt Andreas Heinrich vom Vermögensverwalter Hansen & Heinrich: „Möchte er Wachstum, dann ist die Dividende nicht das entscheidende Kriterium.“ Will er allerdings laufende und kontinuierliche Zusatzerträge, sollte er dividendenstarke Aktien ins Blickfeld nehmen.

Dividendenaktien als Depot-Stabilisator

Ein Vorteil der Dividendenstrategien: „Sie haben sich in den letzten 40 Jahren als sehr resilient gegenüber fallenden Märkten erwiesen“, sagt Heinrich.

In sechs der acht letzten größeren Marktkorrekturen hätten Aktien mit hoher Dividendenausschüttung im Schnitt einen geringeren Kursrückgang erlitten als der breite Markt. Das zeigt laut Finanzexperten Heinrich eine Gegenüberstellung der beiden Indizes MSCI World High Dividend Yield und MSCI World. Demnach könnten Dividendenaktien also als Depot-Stabilisator in Zeiten unruhiger Aktienmärkte fungieren.

Wer auf Dividendenaktien setzt, sollte aber darauf achten, dass das jeweilige Unternehmen das ausgeschüttete Kapital auch wirklich verdient hat, raten die Fachleute. „Viele Unternehmen zahlen ihre Dividenden in unveränderter Höhe fort - auch wenn es die Gewinnsituation nicht erlaubt, weil man gegenüber Anlegern eine Dividendenkontinuität signalisieren möchte“, sagt Conrad Lauterbach.

Das könne zwar kurzfristig den Aktienkurs stützen, sofern die Geschäftsentwicklung über einen längeren Zeitraum schlechter als erwartet laufe. Langfristig verschlechtert sich aber die Finanzsituation des Unternehmens, wenn Dividenden aus Rücklagen gezahlt werden - und das widerspricht dem eigentlichen Interesse der Aktionäre.

Gewinnbeteiligung allein ist kein Kaufkriterium

Die Höhe der Dividende sollte daher in keinem Fall einziges Kaufkriterium sein. Lauterbach zufolge schütten häufig jene Unternehmen die höchsten Dividenden aus, deren Kurs durch eine schlechte Geschäftsentwicklung unter Druck geraten ist. Und bei denen, „die mit hoher Wahrscheinlichkeit notwendige Anpassung der Dividende nach unten aber noch nicht erfolgt ist“.

Anleger geraten so in Gefahr, „in eine Spirale aus negativen Dividendenanpassungen und fallenden Kursen zu geraten, wenn das Unternehmen keine Wendung zum besseren erreicht“, erklärt Lauterbach.

Darum sollten Anleger auch bei Dividendenaktien alle üblichen Parameter einer Aktienselektion anlegen, rät Dyrk Vieten vom Vermögensmanager Ficon. Dazu gehören seiner Meinung nach unter anderem das Kurs-Gewinn-Verhältnis, die Verschuldung des Unternehmens, das Unternehmensergebnis vor Zins- und Steuerabzügen, der Gewinn, die Marktposition, das Geschäftsmodell sowie die strategischen Entwicklungschancen.

Historie kann Indikator sein, aber keine Garantie

Es lässt sich ohnehin nie genau vorhersagen, wie viel Dividende ein Unternehmen pro Aktie in Zukunft ausschütten wird. Vergangene Dividendenausschüttungen seien aber zumindest ein guter Indikator, sagt Lauterbach. „Das liegt daran, dass Unternehmen ein großes Interesse haben, Dividendenkontinuität als Signal für Stabilität gegenüber ihren Aktionären zu beweisen.“

Die Erfahrung zeigt laut Andreas Heinrich: Sind Unternehmen über viele Jahre und Konjunkturzyklen hinweg in der Lage, Dividenden auszuschütten - und die im Idealfall auch kontinuierlich zu steigern - ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das auch künftig gelingt. „Echte Brüche sind bei einer normalen Entwicklung selten, aber es bestehen keine Garantien“, sagt auch Dyrk Vieten.

Dividendenausschüttung rüttelt am Börsenkurs

Wie oft ein Unternehmen Dividenden ausschüttet, bestimmt es selbst. Hier gibt es vor allem geografische Unterschiede. „In den USA sind Quartalsdividenden Usus, in Großbritannien halbjährliche Zahlungen und in Zentraleuropa häufig jährliche“, sagt Conrad Lauterbach.

Gut zu wissen: Mit steigender Auszahlungshäufigkeit steigt das absolute Dividendenniveau nicht an. Die Dividende wird dann einfach nur gesplittet ausbezahlt.

Einen Anspruch auf die Zahlung haben die Aktionäre, die die Aktie am sogenannten Dividendenstichtag in ihrem Depot halten. Dieser Stichtag kann Lauterbach zufolge auch mehrere Wochen vor der eigentlichen Zahlung liegen. „Anleger, die danach kaufen, erhalten die Dividende nicht.“

Zu unterscheiden ist zwischen den sogenannten Stamm- und Vorzugsaktien. Wer Vorzugsaktien gekauft hat, bekommt eine höhere Dividende, verzichtet dafür aber auf sein Stimmrecht oder zumindest Teile davon.

Was Inhaber von Dividendenaktien in jedem Fall wissen sollten: „Dividenden sind keine Zusatzerträge. Sie wachsen nicht auf Bäumen, sondern vermindern aktiv den Liquiditätsbestand des Unternehmens hinter der Aktie“, sagt Markus Richert vom Vermögensmanager Portfolio Concept. Sobald eine Dividende ausgeschüttet wird, fällt der Börsenkurs automatisch um dieselbe Höhe. „Der Gesamtertrag einer Aktie bleibt also derselbe, egal ob eine Dividende ausgeschüttet wird oder nicht“, so der Fachmann.