Erziehung Sollten Eltern bei den Hausaufgaben helfen?
Privatlehrer, Hausaufgabenbetreuung oder Institut: Immer mehr Schüler nehmen Nachhilfe in Anspruch. Aber wer kann sich für den Einzelunterricht 40 Euro pro Unterrichtsstunde leisten? Sechs Tipps wie Eltern sich darauf vorbereiten.
„Verschlechtern sich die Noten in einem oder mehreren Fächern, sollten Eltern aktiv werden“, rät Patrick Nadler vom Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN). So verhindern sie, dass die Lernlücken und damit der Abstand zum Lernstand der Klasse noch größer werden. „Ein professioneller Nachhilfelehrer ermittelt, wo die Verständnisschwierigkeiten liegen, und arbeitet gezielt daran“, sagt er. Dabei geht es aber nicht nur um das Schließen von Wissens- und Verständnislücken.
„Nachhilfeschüler werden nicht nur in ihrem Fach gefördert, sondern ebenso in ihren Lerntechniken und Lernmethoden“, sagt Eiko Jürgens, Professor für Erziehungswissenschaft. Das sei es, was die Schule vielfach versäumt hätte.
Folgt man der bisherigen Studienlage, tritt der Bedarf an Nachhilfe häufig in der 7. bis 9. Klasse auf. In dieser Zeit mache die Schule kein adäquates Angebot für Pubertierende, so Schulpädagoge Jürgens. Sie hält am bestehenden Unterricht fest und erhöhe sogar den Druck, da der mittlere Bildungsabschluss oder der Übergang zur gymnasialen Oberstufe bevorstehen. In dieser Situation erhoffen sich viele Schüler eine schnelle Rettung in Form von Kurzzeitnachhilfe. „Die Versetzung schaffen. Ein Fach verbessern“, zählt Jürgens mögliche Ziele auf.
Langfristige Nachhilfe unterstütze Kinder dagegen auch psychisch in der Schulzeit. Wobei Verträge für maximal zwei Jahre geschlossen werden sollten, rät Institutsexperte Nadler. Statt einen Lehrer zu beauftragen, könnten theoretisch auch die Eltern die Aufgabe der Nachhilfe übernehmen. Aber viele wollen es nicht – und es gibt durchaus Gründe, die dagegen sprechen. „Ihre emotionale Beziehung zu den Kindern kann darunter sehr leiden“, sagt Eiko Jürgens. Besser geeignet sei da eine außenstehende Fachkraft.
Aber wie findet man die passende Anlaufstelle? So kommen Eltern, Kinder und Nachhilfelehrkräfte zusammen:
1. Persönlichen Empfehlungen folgen
Im Internet gibt es viele Plattformen, auf denen Privatlehrer und Nachhilfedienste gelistet sind. Hier können Eltern nach qualifizierten Anbietern suchen. Ob ein Angebot seriös ist, zeigen Bewertungsportale wie Trustpilot, rät Patrick Nadler. Hier erfährt man, was Eltern und Schüler über einzelne Anbieter berichten.
Oft reicht aber auch eine persönliche Empfehlung durch Schullehrer oder andere Eltern. „Wenn jemand eine gute Erfahrung mit einem Nachhilfelehrer gemacht hat, sollte man der Empfehlung folgen.“
2. Nachhilfe-Institut kennenlernen
Anders als das Schulwesen unterliegen Nachhilfe-Institute keiner inhaltlichen Aufsicht. Stattdessen verweisen Anbieter auf Qualitätssiegel wie zum Beispiel das Tüv-Siegel, mit dem gewisse Standards verbunden sind. „Unabhängig davon sollten Eltern sich einen persönlichen Eindruck durch das Gespräch mit dem Nachhilfelehrer machen“, rät Nadler. Dazu eigne sich eine angebotene Probestunde.
3. Nachhilfelehrer muss zum Kind passen
Nachhilfe-Institute versprechen, dass ihre Lehrer fachlich und pädagogisch qualifiziert sind. Die Vorauswahl übernimmt das Institut. Bei einem Privatlehrer muss man sich die Referenzen zeigen lassen.
In der Praxis kann das Angebot anders aussehen. „Weil der Bedarf an Nachhilfelehrern so groß ist, können die Institute ihn nicht ganz mit pädagogischen Kräften decken“, sagt Eiko Jürgens. Und dann? „Es kommen Fachexperten zum Einsatz, die Erfahrung mit den Schulproblemen von Kindern mitbringen und motiviert sind, ihnen zu helfen“, erläutert er. Was ebenfalls zum Lernerfolg führen kann. Falls es nicht passt, sind Nachhilfe-Institute nach Angaben von Nadler flexibel. „Kommt ein Schüler mit einer Lehrkraft nicht zurecht, kann er zu einer anderen wechseln“, sagt er.
4. Einzel- oder Gruppenunterricht wählen
Einzelunterricht dauert an Instituten entweder 45 Minuten oder eine Stunde. „Der bringt das Kind schneller weiter, ist aber natürlich teurer“, sagt Nadler. Die Kosten für Einzelunterricht liegen pro Unterrichtsstunde zwischen 28 und 40 Euro, für Gruppenunterricht zwischen zehn und 15 Euro.
Da eine Gruppe aus bis zu vier Kindern besteht, darf die Nachhilfe etwas länger sein, maximal aber zwei Stunden, so der Fachmann. Wichtig ist, dass die Gruppe homogen ist. Denn: „Es bringt nichts, wenn das eine Kind seine Schulnote von fünf auf vier verbessern will und das andere von zwei auf eins“, sagt er.
Neben dem fächerbezogenen Nachhilfeunterricht können auch Kurse gebucht werden, in denen überfachliche Kompetenzen separat trainiert werden. „Das sind Kurse, in denen der Prozess des Lernens vermittelt wird, in denen Kinder unter anderem mit Lerntechniken, beispielsweise Lese- und Markierungstechniken, das Wesentliche aus einem Text filtern“, erklärt Jürgens.
5. Online-Nachhilfe oder Präsenzunterricht
Online oder in Präsenz lernen: Die Corona-Zeit hat gezeigt, dass beides funktionieren kann. Patrick Nadler empfiehlt die Online-Nachhilfe allen Schülern, die mit dem Smartphone, Laptop oder Tablet vertraut sind. Sie ist auch eine Lösung, wenn der Weg zur Nachhilfe zu weit ist.
6. Staatliche Förderung zur Finanzierung nutzen
Wenn Eltern die Nachhilfe nicht aus eigenen Mitteln finanzieren können, unterstützt der Staat. Für Kinder aus sozial schwachen Familien gibt es eine Förderung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Anträge hierfür können Eltern beim Jobcenter oder der Agentur für Arbeit stellen.