Elternzeit-Trip Elternzeit-Trip: So klappt die Urlaubsreise mit kleinem Kind
Tempelzauber auf Bali statt Alltagsstress in Kassel: Viele junge Eltern wünschen sich nach Angaben der Psychologin Eva-Verena Wendt vom Deutschen Jugendinstitut in München eine gemeinsame Zeit mit der Familie. Oft sind sie bis kurz vor der Geburt im Job eingebunden, auch die erste Zeit mit Baby ist stressig. „Da kann eine gemeinsame Auszeit ein tolles Erlebnis werden“, sagt Wendt.
Familienzeit fernab vom stressigen Alltag
Die Elterngeldregelung in Deutschland erleichtert das: Paare können sich ihre Elternzeit teilen und zusammen eine bezahlte Auszeit vom Beruf nehmen. Manche nutzen das für einen mehrmonatigen Urlaub. „Wann ist sonst Zeit, um eine längere Reise zu machen?“, nennt Jenny Menzel das Hauptargument. Sie ist dreifache Mutter und Autorin des Reisehandbuchs für Familien.
Auch Frauke Manninga aus Kiel lobt die Vorteile einer Elternzeitreise: Beide Partner könnten fernab vom Alltag Zeit mit dem neuen Familienmitglied erleben. „Verbringt man diese Zeit zu Hause, arbeitet man doch oder geht sonstigen Verpflichtungen nach“. Manninga nutzte ihre Elternzeit, um mit Mann und Sohn nach Bali zu reisen.
Bedürfnisse des Kindes sollten im Vordergrund stehen
Doch Urlaub als Familie sei anders als Pärchenurlaub, betont Psychologin Wendt. Ein Baby lässt die Eltern auch in Neuseeland nicht ausschlafen. Daher bietet so eine Reise die erhöhte Gefahr von Konflikten, meint die Psychotherapeutin Christiane Wempe aus Ludwigshafen. Es sei nicht immer einfach, allen Bedürfnissen gleichermaßen gerecht zu werden. „In jedem Fall sollten die des Kinds im Vordergrund stehen.“
Unabhängig vom Elterngeldbezug können Mütter und Väter bis zu drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen. Dabei können sie bis zu zwölf Monate auf die Zeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes schieben, erklärt Wendt: „Eine gemeinsame Reise muss also nicht unbedingt in den ersten Lebensmonaten erfolgen.“ Ab dem 1. Juli 2015 können bis zu 24 Monate zwischen dem dritten und achten Lebensjahr genommen werden.
Ist mein Kind reisefit? Ein Probelauf hilft
Bei der Wahl des Ziels sind Kleinkinder anspruchslos. „Ob man das Baby in Südspanien wickelt oder zu Hause, ist ihm herzlich egal“, sagt Kerstin Führer vom Familienreiseportal kidsaway. Vielmehr sei es eine Charaktersache, ob sich ein Kind schon für Reisen eignet: „Ist es bereits zu Hause unruhig, sitzt ungern im Kindersitz oder schreit viel, sollten Eltern auf eine Elternzeitreise verzichten.“
Manche Babys sind empfindlicher gegenüber Reizen, andere robust, bestätigt Psychologin Wendt: Hier ist Feinfühligkeit gefragt. Kerstin Führer empfiehlt, vor der Entscheidung einen Probelauf mit einem Wochenende im Hotel oder auf dem Campingplatz zu machen. Die meisten Babys vertragen Reisen aber gut. „Wichtig ist Körperkontakt“, sagt Führer und rät, das Kind in einem Tuch nah am Körper zu tragen. Psychotherapeutin Wempe empfiehlt, dem kleinen Urlauber Kontinuität zu bieten, etwa durch ein Wohnmobil.
Was machen Babys alles mit? Und wann sollte man mit einem Kinderarzt sprechen? Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite.
Mit Kind lieber entschleunigt reisen
Nehmen Eltern Rücksicht auf die Bedürfnisse ihres Kindes, also auf genug Schlaf, Essen und Spielgelegenheiten, können sie ihm einiges zumuten, findet Jenny Menzel - auch Tempeltouren, Nachtbusfahrten und Stadtführungen. „Babys sind tolle Reisebegleiter. Man kann mit ihnen durch Museen spazieren, im Wohnmobil durch die Gegend fahren oder am Strand im Schatten sitzen.“ Und Babys werde es nicht langweilig, wie es etwa Schulkindern leicht auch auf den tollsten Reisen passiert.
Trotzdem darf eine Reise nicht zu vollgepackt sein, rät Manninga, Inhaberin einer Agentur für Familienweltreisen. Alle paar Tage den Ort zu wechseln, ist für die meisten Kinder irgendwann anstrengend. „Mit Kind reist man entschleunigt“, bestätigt Führer. Wer nur acht Wochen Zeit hat, sollte sich für ein Land entscheiden.
Reisen nach Südostasien mit Kinderarzt besprechen
Beliebte Ziele sind Länder in gemäßigten Klimazonen mit hohem Lebensstandard und guter Gesundheits- und Infrastruktur. „Neuseeland steht ganz oben auf der Beliebtheitsskala“, sagt Führer. Dort und in Australien war sie mit ihrer jungen Familie sechs Monate unterwegs. Neuseeland ist so weit weg, dass sich nur ein langer Aufenthalt loht. Der Vorteil: Im europäischen Winter ist dort Sommer.
Wer es wärmer und günstiger mag, für den sei Südostasien wunderbar, empfiehlt Menzel. Hier müssen Eltern allerdings aufpassen wegen Infektionskrankheiten und Hygiene. Auf jeden Fall sollten die Eltern mit dem Kinderarzt über die medizinische Versorgung und nötige Impfungen sprechen.
Leicht packen und viel improvisieren
Wenn Menzel auf Reisen geht, folgt sie auch mit Kindern der Backpacker-Regel: alles aufstapeln und dann die Stapel zweimal halbieren. „Der Großteil der Babyausstattung ist überflüssig, vieles kann man improvisieren oder vor Ort besorgen.“ Als sie zu viert einen Monat durch Vietnam reisten, passte ihr Gepäck in einen Rucksack. Gerade bei einer längeren Reise müsse man sich vom Gedanken verabschieden, eine bestimmte Windelmarke oder Babynahrung mitzuschleppen. „Mitnehmen sollte man jene Gegenstände, die man während der gesamten Reise benutzt, keine Verbrauchs- oder Wegwerfartikel“, rät Manninga. (dpa)