Fluch oder Segen? Dreimal Zwillinge: Wie diese Großfamilie Mutter ihr Familien-Leben mit Mehrlingen meistert
Manche Geschichten klingen, als seien sie ausgedacht. Sylvias Geschichte ist aber echt! Die 39-Jährige hat nach ihren ersten Zwillingen nochmal Zwillinge bekommen. Und als sie wieder schwanger wurde, kam wieder ein Doppelpack. Dreimal Zwillinge! Wie funktioniert das im Alltag mit sechs Kindern? Ist es Fluch oder Segen? Das erzählt Sylvia im Interview.
Erzählen Sie doch erstmal, wer alles zu Ihrer Familie gehört!
Sylvia: Da sind meine Großen – Leonie und Leander, 19 Jahre alt. Meine Mittleren – Enna und Emilian, 13 Jahre alt. Und die Kleinen – Oscar und Ole, fast drei Jahre alt. Die ersten beiden Zwillingspaare stammen aus meiner ersten Ehe, die Kleinen, Oscar und Ole, aus meiner zweiten Ehe mit Rene.
Können Sie sich Ihre Gefühle erinnern, als der Frauenarzt Ihnen das erste Mal gesagt hast, dass Sie Zwillinge bekommen?
Damals war ich ja gerade mal 19 Jahre alt. Wir waren da irgendwie unbedarft, weil wir ja auch nicht wussten, was auf uns zukommt. Uns war schon klar, dass es etwas Besonderes ist – wir haben uns gefreut.
Und bei der zweiten Schwangerschaft?
Es war immer klar, dass wir ein drittes Kind wollen. Aber eben ein einzelnes – so richtig zum Genießen. Nur ein Kinderwagen, nur ein Bettchen… Als es dann hieß, es werden wieder zwei, war ich schon geschockt. Aber nicht unbedingt, weil es zwei Kinder waren. Sondern weil ich mir sehr eine Hausgeburt gewünscht hatte – was mit Zwillingen eben nicht ging. Meine ersten beiden Kinder habe ich auch per Kaiserschnitt entbunden – ich wollte diesmal unbedingt eine natürliche Geburt erleben. Zum Glück fand ich eine Hebamme und ein Krankenhaus, die diesen Wunsch unterstützt haben. Und so habe ich Enna und Emilian spontan in der 35. Schwangerschaftswoche entbunden.
Ihre erste Ehe hat nicht gehalten..
Was definitiv nicht an den Kindern lag. Es hat eben nicht geklappt – wir verstehen uns heute aber sehr gut und die Kinder haben ein tolles Verhältnis zu ihrem Vater.
Als Sie Ihren zweiten Mann Rene kennenlernten – war da schnell klar, dass Sie ein gemeinsames Kind haben möchten?
Ach, irgendwie schon. Auf der einen Seite hatten wir auch ganz viele Freiheiten – etwa wenn die Kinder alle bei meinem Ex-Mann waren. Das war auch toll und wir haben die Zweisamkeit auch genossen. Aber dann bin ich eben doch wieder schwanger geworden…
Wie haben Sie reagiert, als Sie das dritte Mal zwei Punkte auf dem Ultraschall gesehen haben?
Ich war gar nicht so schockiert – mein damaliger Frauenarzt dagegen sehr. Er sagte sogar, ob ich über Abtreibung nachdenken würde – denn was würde man denn in der heutigen Zeit mit sechs Kindern wollen. Auch einige Freunde und Bekannte haben sich sehr negativ geäußert. Das hat wehgetan und zu einigen habe ich auch keinen Kontakt mehr.
Wissen Sie, woran es liegen könnte, dass Sie stets mit Zwillingen schwanger waren?
Da alle meine Kinder zweieiig sind, liegt es ganz einfach daran, dass ich immer einen doppelten Eisprung hatte. Eine verrückte Laune der Natur.
Warum Sylvia ihre Kinderschar als großes Glück empfindet
Wie verlief die letzte Schwangerschaft?
Nicht besonders gut – die beiden Jungs kamen in der 24. Schwangerschaftswoche mit 820 Gramm und 860 Gramm als Frühchen zur Welt. Wochenlang bin ich täglich ins Krankenhaus gefahren, das war eine heftige Zeit. Lange Zeit sah es so aus, als hätten wir jedoch Glück gehabt, da keine schweren Operationen oder Ähnliches anstanden. Leider haben wir vor kurzem über ein MRT herausgefunden, dass einer der Jungs wohl doch einen Sauerstoffmangel hatte und somit eine Behinderung. Ich bin auch ausgebildete Heilerziehungspflegerin und habe für sowas ein Auge. Meine Befürchtungen wurden lange nicht ernst genommen, jetzt weiß ich, dass mein Bauchgefühl immer richtig war. Mein einer Sohn kann nicht richtig laufen, nicht alleine stehen – er wird wohl teilweise auf einen Rollstuhl angewiesen sein, weil er in den Beinen eine Spastik hat.
Wie leben Sie mit so vielen Kindern?
In einem kleinen Dorf im Odenwald, in einem großen Haus mit Garten. Gerade gestalten wir es ein bisschen um, um es barrierefrei für meinen kleinsten Sohn zu machen. Mein ältester Sohn ist vor ein paar Wochen ausgezogen, kommt aber noch viel nach Hause. Was mich sehr freut.
Was war die wichtigste Anschaffung in Bezug auf die Zwillinge?
Ein großes Auto und – im Falle der Jüngsten – eine Milchpumpe, damit ich sie auch in der Krankenhauszeit mit Muttermilch versorgen konnte.
Was ist Ihnen wichtig in der Erziehung der Zwillinge?
Ich gebe zu, dass ich die Kleinen momentan immer gleich anziehe – und daran Spaß habe. Irgendwann werden sie das nicht mehr wollen, aber ich finde das gerade so süß. Ganz generell achte ich aber sehr darauf, dass die Paare nicht als Einheit gesehen werden, sondern jeder für sich als eigenständige Person. Die Großen sind immer in getrennten Kitagruppen gewesen, später in unterschiedlichen Klassen. Sie haben andere Hobbys und auch zum Teil getrennte Freundeskreise. Auch, wenn sie Zwillinge sind, sind sie Individuen!
Auf Stadt Land Mama tauschen sich zwei junge Mütter mit fünf Kindern zwischen ein und neun Jahren aus. Mal witzig, mal nachdenklich – mal verzweifelt. Lisa Harmann (li.) und Katharina Nachtsheim.
Was ist das Schönste daran, Zwillinge zu haben?
Ich glaube ja, dass Kinder pures Glück sind. Hat man also zwei, hat man doppeltes Glück. Und mich rührt sehr zu sehen, wie verbunden die Zwillinge untereinander sind. Ich glaube schon, dass Zwillinge eine besondere Verbindung haben.
Wie managen Sie Ihren Alltag?
Ich habe keine Haushaltshilfe, wenn Sie das meinen. Natürlich müssen die Kinder mit anpacken, also mal die Spülmaschine ausräumen oder so. Aber generell finde ich es für mich wichtig, einen sehr geregelten Tagesablauf zu haben. Ich stehe jeden Morgen um halb sechs auf, die Kinder hatten und haben klare Essen-und Schlafenszeiten, ab 20 Uhr ist Bettruhe für die Kleinen. Ich habe feste Tage pro Woche, an denen ich den Großeinkauf mache oder die Wäsche oder putze. Ich habe schon eine große Portion Disziplin - auch, was mich selbst angeht. Ich würde zum Beispiel nie ungeschminkt oder ungeduscht aus dem Haus gehen.
Woher nehmen Sie all die Kraft?
Zum einen mache ich regelmäßig Sport, das hält mich fit. Dann engagiere ich mich in der Frühchenberatung – das bringt auch mir sehr viel. Außerdem passen die Großen ja hin und wieder auf die Kleinen auf – so dass Rene und ich mal schick essen gehen können oder ins Kino. Ganz generell empfinde ich mein Leben aber eher als bereichernd als kraftraubend.
Gibt es etwas, das Ihnen besonders wichtig ist?
Mich stört, dass Kinder heute immer so als Last dargestellt werden. Als ob alles immer nur anstrengend und nervig wäre. Kinder sind etwas Wunderbares. Die Tatsache, dass mein Kleinster nun besondere Unterstützung braucht und vielleicht immer brauchen wird, hat mich erstmal umgehauen. Aber ich glaube fest daran, dass man auch nur das Schicksal zugeteilt bekommt, das man auch tragen kann. Man wächst in seine Aufgaben hinein und ist viel stärker als man denkt.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich im Blog „Stadt Land Mama“.