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Schrumpftrend bei neuen Geländewagen

Von Thomas Geiger 26.06.2007, 07:45

Limburg/Frankfurt/Main/dpa. - Sie sind schwer, sie sind durstig und sie sind in unseren Breiten so überflüssig wie Steigeisen und Kletterseil beim Sonntagsspaziergang.

Und trotzdem gelten Geländewagen den Marktforschern allen CO2-Diskussionen und Strafsteuer-Drohungen zum Trotz als das Segment mit den besten Wachstumsprognosen. «Im letzten Jahr wurden in Deutschland knapp über 225 000 so genannte SUVs verkauft», zitiert Nick Margetts vom Marktbeobachter Jato Dynamics in Limburg aus seiner Statistik. «In diesem Jahr könnte trotz des Mehrwertsteuer-Lochs der ersten Monate die Viertel-Millionengrenze geknackt werden.»

Henner Lehne vom Prognosespezialisten CSM in Bad Homburg pflichtet ihm bei. Er rechnet für 2010 weltweit mit elf Millionen Geländewagen-Zulassungen und sieht in Deutschland einen Anstieg des Marktanteils von heute 6,4 auf dann 7,6 Prozent. Zahlreiche Neuheiten würden den Markt weiter beleben.

Allerdings registriert Margetts zumindest für den deutschen Markt einen deutlichen Trendwechsel: «Nicht mehr die großen und schweren Allradler stehen im Fokus. Jetzt werden wieder kleinere Brötchen gebacken.» Er rechnet mit einem Erfolg dieser Strategie: «Auf die Maße der Kompaktklasse geschrumpft, gehen nicht nur Verbrauch, Schadstoffausstoß und Platzbedarf zurück. Die Fahrzeuge werden auch wieder sozial verträglich und rollen aus der Kritik.»

Angeführt wird das Rudel der kleinen Geländewagen-Neuheiten vom VW Tiguan, der nach VW-Angaben seine Premiere auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) im September in Frankfurt feiert und noch in diesem Jahr in den Verkauf geht. Eine große Überraschung allerdings wird dieses Auto nicht. Denn «die im letzten Herbst in Los Angeles gezeigte Studie gibt bereits einen sehr konkreten Ausblick auf das Serienmodell», sagt ein VW-Sprecher in Wolfsburg.

Allerdings bleibt der Tiguan nicht lange alleine. Auf der gleichen Basis entsteht bei der Konzernschwester Audi ein kleiner Ableger des Q7, der laut Audi-Sprecher Jochen Grüten als Q5 im kommenden Jahr in Serie gehen soll. Und auch die Chancen für die noch kompaktere Studie Cross Coupé Quattro, die Audi im Frühjahr in Schanghai enthüllt hat, stehen nach Informationen aus Unternehmenskreisen nicht schlecht.

Als wären das noch nicht genug Offroader unter dem Dach des VW-Konzerns, planen auch die VW-Töchter Seat und Skoda ihre ersten Geländewagen, die sogar noch eine Nummer kleiner ausfallen werden: Bei Skoda geht nach Angaben der Deutschlandzentrale in Weiterstadt noch in diesem Jahrzehnt die Studie Yeti im Format des Roomster in Serie. Bei Seat kommt bereits in diesem Sommer als Altea Freetrack ein Geländevan auf den Markt. Und selbst Großaktionär Porsche möchte angeblich bei den Geländespielen mitmachen und plant Medienberichten zufolge auf Basis des Audi Q5 einen kleinen Ableger des Cayenne. Das als «Roxster» gehandelte Modell dementiert das Stuttgarter Unternehmen allerdings bislang.

Aber auch die Konkurrenz bereitet eine Reihe kompakter Geländewagen vor: Mercedes hat einen kleinen Ableger der M-Klasse bestätigt, der 2008 auf der technischen Basis der C-Klasse als GLK an den Start gehen soll. Bei Volvo kommt nach Angaben von Produktmanager Michael Gerber in Köln «noch in diesem Jahrzehnt» die Serienfassung der Detroit-Studie XC60. Bei Opel hat Betriebsrat Klaus Franz vor kurzem eine kleine Variante des Antara auf Basis des Corsa bestätigt, und Ford arbeitet an einem kompakten Geländegänger, der die im Herbst in Paris gezeigte Studie «Iosis X» zum Vorbild hat. Nach Insider-Informationen könnte er schon auf der IAA gezeigt werden.

Diesen Neuheiten gemein ist die Abkehr vom klassischen Geländewagen-Design. «Zwar bieten die Autos alle jene hohe Sitzposition, die Pkw-Kunden beim Wechsel auf ein SUV so schätzen. Und oft fühlt man sich in einem solchen Auto einfach gut aufgehoben», sagt Branchenexperte Nick Margetts. «Doch aus den kantigen Nutzfahrzeugen vom Schlag des Land Rover Defender oder des Jeep Wrangler sind zusehends glatt geschliffene Designerstücke geworden, die künftig noch sportlicher daherkommen.»

Nicht alle neuen Geländewagen allerdings geben sich rundlich, modern und jugendlich. Selbst unter den kleinen Allradlern halten einige weiterhin den Kanten die Treue. So stellt Jeep nach Angaben von Sprecher Markus Hauf in Berlin in den kommenden Monaten dem eher am Boulevard orientierten Einstiegsmodell Compass den technisch baugleichen Patriot für die Buckelpiste zur Seite. Und wenn Ende Juni bei Nissan für Preise ab 26 990 Euro der neue X-Trail an den Start geht, ist der Geländewagen zwar größer geworden, sieht sonst aber aus wie der Alte: «Wäre es nach unseren Kunden gegangen, hätten wir an dem Auto gar nichts ändern sollen», sagt Produktmanager Björn Krüger.