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Partikelfilter Partikelfilter: Nachrüsten bei älteren Fahrzeugen kaum möglich

19.05.2006, 08:52
Bessere Abgaswerte mit Partikelfilter - Teile zum Nachrüsten gibt es bislang aber nur für wenige Modelle. (Foto: dpa)
Bessere Abgaswerte mit Partikelfilter - Teile zum Nachrüsten gibt es bislang aber nur für wenige Modelle. (Foto: dpa) HJS

Berlin/dpa. - Fahrer älterer Dieselfahrzeuge warten derzeit mit Spannung auf Entscheidungen aus Berlin. Denn wenn endgültigbeschlossen wird, was Bundesregierung und Bundesrat geplant haben,müssen sie womöglich bald aus einigen Innenstädten draußen bleiben - zumindest immer dann, wenn die Feinstaubbelastung ansteigt und dieörtlichen Behörden ein Fahrverbot verhängen. Denn die Plaketten, diedas Erreichen einer hohen Partikelminderungsstufe ausweisen, werdensie dann wohl vorerst nicht bekommen.

Die Besitzer moderner Diesel - solche mit serienmäßigemPartikelfilter - werden nach Angaben des Verkehrsclubs Deutschland(VCD) in Berlin dagegen freie Fahrt haben. Auch Diesel, die in dieAbgasstufe Euro 3 eingestuft sind, erreichen mit einem Nachrüstfilterdie höchste Stufe - und dürfen aller Voraussicht nach unbeschränktfahren.

Bei den Plaketten ist nach Worten von VCD-Sprecher Gerd Lottsiepenallerdings noch alles offen: Der Bundesrat habe die geplante Regelungder Regierung wieder aufgeweicht. Setzt sich die Forderung derLänderkammer durch, gäbe es keinen Unterschied mehr zwischenFahrzeugen mit so genannten offenen oder geschlossenen Filtern undAutos, die auch ohne Partikelfilter fahren und die Euro-4-Normerfüllen. «Dann fehlt die Plakette für die beste Technik», kritisiertLottsiepen.

Zwar könnten - rein technisch - auch Diesel weniger saubererSchadstoffklassen mit Partikelfiltern bestückt und ihre Abgase damitgereinigt werden. Bei den Herstellern und Zulieferern fehlen dazuaber noch die entsprechenden Teile. Zudem ist ungeklärt, ob auf dieseWeise Fahrverbote abgewiesen werden können.

«Wer einen Euro-1-Diesel mit einem Partikelfilter aufrüstet,erreicht damit die Grenzwerte der Partikelminderungsstufe 2»,erläutert Lottsiepen. «Ob man damit aber bei Feinstaubalarm noch indie Stadt einfahren darf, ist ungewiss - denn es hängt von derjeweiligen Kommune ab.» Allgemein bessere Chancen haben seinerEinschätzung nach Motoren mit Euro 2, die mit Nachrüstfilter dieStufe 3 erreichen. Auch hier gibt es aber einen Haken: «Für dieseFahrzeuge sind Nachrüstlösungen bislang fast nicht verfügbar.»

Das bestätigt Annette Staudacher, Sprecherin des FilterherstellersHJS in Menden (Nordrhein-Westfalen). Derzeit produziert dasUnternehmen - einer von zwei Herstellern von Nachrüstfiltern inDeutschland - vor allem für die neueren Volumenmodelle gemäß Euro 3und Euro 4. «Allerdings denken wir in einem zweiten Schritt überFilter für ältere Diesel nach». Dieses Angebot werde aber nur dannkommen, wenn eine steuerliche Förderung die Nachrüstung auch fürBesitzer von älteren Dieselfahrzeugen attraktiv macht.

Auch Mitbewerber Twintec in Königswinter konzentriert sich nachAngaben von Sprecher Rainer Werthmann «zunächst auf Fahrzeuge mitEuro-3-Norm, weil dort die Nachfrage am größten ist.» Noch im Laufedieses Jahres werde das Angebot aber auf Diesel-Modelle mit Euro 2ausgeweitet, sagt Werthmann.

Für Euro-1-Diesel gibt es andere Lösungen. Schließlich war derenNachrüstung auf die Stufe Euro 2 mit einem Partikelminderungssystemseitens der Regierung bisher nicht vorgesehen, erläutert Staudacher.Ihnen empfiehlt die Industrie einen so genannten Upgrade-Katalysator,der den bekannten Oxydations-Kat ersetzt und die Abgase deutlichbesser reinige. «Das bringt den Wagen von Euro 1 auf Euro 2 undsichert so einen deutlichen Steuervorteil», sagt die HJS-Sprecherin.«Damit macht sich die Nachrüstung schon nach einigen Monaten bezahlt.»

Weil damit aber der Preis steigt, sollten Kunden abschätzen, wielange sie ihren Wagen noch fahren wollen. «Zu beachten ist auch,welchen Einfluss eine Nachrüstung auf den erhofftenWiederverkaufswert haben kann», sagt Gerd Lottsiepen: «Fakt ist:Rußschleudern haben in der Stadt keine Zukunft.»

Auch Marktbeobachter Ferdinand Dudenhöffer von der FachhochschuleGelsenkirchen rät, Nachrüstung und Neuwagenkauf genau abzuwägen. «AlsGrundregel gilt: Je älter das Auto, desto weniger Sinn macht dieNachrüstung.» Lohnt sie sich nicht, empfiehlt er den Kauf einesNeuwagens mit Euro 4 und Partikelfilter. «Das ist dieumweltfreundlichere Alternative. Und wer dann noch auf dem Landwohnt, kann die Plaketten-Spielerei getrost vergessen.»

Damit liegt er auf einer Linie mit dem Verband der Importeure vonKraftfahrzeugen (VDIK) in Bad Homburg. Dieser hat im April dieInitiative «Pro saubere Luft» gestartet. Weil nach Angaben desVerbands von den mehr als 48 Millionen Kraftfahrzeugen in Deutschlandknapp 15 Millionen Pkw und rund 1,3 Millionen Lkw nur dieSchadstoffstufe Euro 1 oder weniger erreichen, empfiehlt er seinenMitgliedern ein Förderprogramm. Damit will der Verband ältere Fahrzeuge aus dem Verkehr ziehen und den Verkauf von Neuwagenankurbeln.

Umgesetzt wird diese Vorgabe bei den Importeuren mit besondersgünstigen Konditionen zum Beispiel für die Inzahlungnahme betagterGebrauchter. Eigenen Angaben zufolge zahlt etwa Peugeot inSaarbrücken bis zu 5000 Euro Prämie für den Tausch eines alten gegeneinen neuen Wagen.