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Gefährliches Vergnügen Gefährliches Vergnügen: Ungeschützt «Oben ohne»

Von Felix Rehwald 27.12.2005, 12:56

München/dpa. - Bei modernen Cabrios wollen die Ingenieure diese Nachteile mit Technik ausgleichen: Starre oder bei einem Überschlag automatisch ausfahrende Überrollschutzsysteme sollen den Insassen nach den Worten von Alexander Berg, Leiter der Dekra-Unfallforschung in Stuttgart, genügend «Überlebensraum» bieten.

Eine große Gefahr besteht laut Hubert Paulus vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg (Bayern) beim Cabrio-Überschlag darin, dass bei offenem Verdeck und geöffneten Seitenscheiben Gliedmaße der Insassen herausgeschleudert und beim Aufprall abgequetscht werden. Wie groß das Risiko sein kann, verdeutlichte im Jahr 2003 ein Überschlag-Crashtest des ADAC. Bei einem Modell ohne besonderes Überrollschutzsystem knallte der Kopf des Beifahrer-Dummys hart auf den Boden.

Um das Verletzungsrisiko zu verringern, wird laut ADAC-Experte Paulus der Frontscheibenrahmen moderner Cabrios mit hochfestem Stahl verstärkt. Er soll beim Überschlag wie ein unverbiegbarer Abstandshalter dienen, damit die Köpfe nicht den Boden berühren.

Feste Überrollbügel besitzen zum Beispiel der Audi TT Roadster und das Mini Cabrio von BMW. Beim offenen Mini bestehen sie laut BMW in München aus festen Aluminiumrohren. Das neue A4 Cabrio hat nach Angaben von Audi-Sprecher Josef Schloßmacher in Ingolstadt zwei massive «Schutzsäulen» an Bord, die hinter den Rücksitzen in zwei Kassetten in der Karosserie angeordnet sind. Erkennen Beschleunigungs- und Neigungssensoren einen drohenden Überschlag, werden sie in Sekundenbruchteilen hinauskatapultiert, um für die Insassen einen größeren Sicherheitsabstand herzustellen.

Ähnlich funktioniert das Roll Over Protection System (ROPS) im neuen Cabrio-Coupé C70 von Volvo. Kern des Systems sind laut Volvo Deutschland in Köln zwei robuste Metallbügel, die bei Bedarf hinter den Rücksitzen ausfahren. Auch das neue Cabrio-Coupé Eos von VW wird über zwei massive Platten hinter den Rücksitzen verfügen. Ein aktives Überrollschutzsystem dieser Art besitzt auch das VW Beetle Cabrio, das beim ADAC-Crashtest am besten abgeschnitten hatte.

Damit Insassen beim Überschlag geschlossener Cabrio-Coupés oder Stoffdach-Cabrios nicht unter der kollabierenden Dachkonstruktion zerquetscht werden, lösen die Schutzsysteme etwa im Volvo C70, im VW Eos oder im Audi A4 Cabrio auch bei geschlossenem Dach aus.

Hundertprozentigen Schutz kann aber auch moderne Technik nicht bieten. «Es bleibt bei einem Überschlag im Cabrio immer ein Verletzungsrisiko», betont Hartmuth Wolff, Leiter der Sicherheitsforschung am Allianz Zentrum für Technik (AZT) in München.

Für das «entscheidende Anti-Überschlagssystem» hält AZT-Experte Wolff dagegen das ESP. Das elektronische Stabilitätssystem verhindere weitgehend, dass ein ins Schleudern geratenes Cabrio überhaupt in eine kritische Überschlagsituation gerät. Diese Wirkung habe auch eine vorsichtige Fahrweise - die bei älteren Cabrio-Modellen ohnehin angebracht ist, so der Unfallforscher.