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Amerika Amerika: PS-Boliden im Retro-Look

11.02.2003, 10:36
Rückkehr amerikanischer Kombis - den Dodge Magnum SRT-8 soll es auf Wunsch auch mit Allradantrieb geben. (Foto: dpa)
Rückkehr amerikanischer Kombis - den Dodge Magnum SRT-8 soll es auf Wunsch auch mit Allradantrieb geben. (Foto: dpa) Wieck DaimlerChrysler

Rüsselsheim/Köln/dpa. - Die Aufregung um steigende Spritpreise in Deutschland ist US-Autofahrern fremd. Während hier zu Lande für den Liter Normalbenzin bis zu 1,10 Euro hinzublättern sind, gibt es ihn in den USA bereits für umgerechnet rund 0,40 Euro. Über Durchschnittsverbrauch und sparsame Antriebskonzepte machen sich Amerikaner daher beim Autokauf kaum Gedanken. Folglich sehen auch die US-Hersteller bislang wenig Veranlassung, wirtschaftliche Alternativen zu den in den USA beliebten PS-Boliden anzubieten.

Vielmehr ist der Trend zu reichlich Pferdestärke und Hubraum ungebrochen, wie sich im Januar bei der wichtigsten US-Automesse, der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit, wieder einmal gezeigt hat: Was die «Big Three» - die großen US-Autokonzerne Ford, General Motors und Chrysler - dort auf die Präsentationsbühnen rollten, steht ganz in der Tradition der Muscle Cars, wie die kraftstrotzenden und spritschluckenden Sportmodelle genannt wurden, die in den sechziger Jahren die US-Highways dominierten.

Am deutlichsten wird dieser Retro-Trend wohl bei der Ford-Studie Mustang GT, von der in Detroit eine Coupé- und eine Cabrio-Version gezeigt wurden. Sowohl das Karosseriedesign als auch die Leistung des Zweisitzers orientieren sich nach Angaben der Deutschlandzentrale von Ford in Köln am legendären gleichnamigen Sportwagen aus den Sechzigern: Die Studie, deren nahezu identische Serienversion 2004 auf den US-Markt kommen soll, besitzt eine lange Motorhaube, eine kompakte Heckpartie sowie ein 298 kW/405 PS starkes V8-Aggregat mit 4,6 Litern Hubraum.

Auch die Ford-Studie 427, eine schier endlos lange, tiefschwarze Limousine, knüpft dem Hersteller zufolge an das Designkonzept kraftvoller Fahrzeuge aus den sechziger Jahren an. Als Antrieb des schnörkellos gezeichneten 427 dient ein 440 kW/598 PS starker V10-Motor mit 7,0 Litern Hubraum. Auch die ebenfalls in Detroit enthüllte Coupé-Studie Messenger der Konzernmarke Mercury lässt sich mit ihrem 4,6-Liter-V8 und ihren sportlichen Karosserieproportionen in die Reihe der muskulösen Kraftmeier einordnen.

Allerdings weise das Design des Messengers eher in die Zukunft, so ein Ford-Sprecher in Köln. Die Retro-Studien Mustang GT und 427 seien hingegen fester Bestandteil des Design-Programms «Living Legends», mit dem legendäre Ford-Modelle der Vergangenheit neu interpretiert werden. Dazu zählten auch die schon früher vorgestellten Neuauflagen des Thunderbird und des GT 40. Zwar sind dem Sprecher zufolge die Retro-Boliden in erster Linie für den US-Markt bestimmt. Dass sie auch einmal in Europa erhältlich sind, sei aber nicht ausgeschlossen.

Auch General Motors setzt mit seinen Konzernmarken Pontiac, Chevrolet und Cadillac auf Retro-Ausrichtung und Muscle Cars. «Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren wohl fortsetzen», sagt Cornelia Harodt, Konzernsprecherin in der Deutschlandniederlassung in Rüsselsheim. Es sei ein erklärtes Ziel von General Motors, künftig mehr «must-have-cars» zu bauen - also Autos, die den Käufer so stark ansprechen, dass er unbedingt ein Exemplar besitzen möchte. In den USA übten die Muscle Cars schon seit Jahrzehnten große Faszination aus.

Wohl auch aus diesem Grund zeigte der Konzern in Detroit eine Neuauflage des Pontiac GTO, mit dem 1964 die Ära der PS-starken Sportmodelle begann. Auch unter der Haube der Coupé-Studie blubbert ein V8-Motor, der aus 5,7 Litern Hubraum 250 kW/340 PS schöpft.

Die auf der Messe enthüllten Studien Pontiac G6 und Chevrolet Super Sport lehnen sich ebenfalls an die Tradition der Kraftprotze an: Der G6 wirkt mit seiner geduckten, keilförmigen Karosserie, kurzen Überhängen und schräg gestellten Scheinwerfern wie eine auf der Straße kauernde Raubkatze. Und der Super Sport mutet mit langer Motorhaube, ausgeprägten Wölbungen und zum Heck hin abfallender Dachlinie mit Abrisskante wie ein gespannter Muskel an. Während der G6 nach Konzernangaben von einem 3,5-Liter-V6 angetrieben wird, der mit Kompressoraufladung 210 kW/285 PS leistet, besitzt der Super Sport einen Small-Block-V8 mit 316 kW/430 PS und 6,0 Litern Hubraum.

Der Dritte im Bunde der US-Konzerne will da nicht zurückstehen: Mit der seriennahen Studie Dodge Magnum SRT-8 stellte Chrysler in Detroit seine Interpretation einer zeitgemäßer Auslegung des Muscle Car-Prinzips vor: Der bullige Sportkombi steht nach Konzernangaben für die «neue Form des American muscle», mit der gleichzeitig ein Comeback großer amerikanischer Kombis eingeläutet werden soll. Als Motorisierung des Hecktrieblers dient ein 5,7-Liter-V8 mit Kompressor und 316 kW/430 PS. Eine Serienversion, die auf Wunsch auch mit Allradantrieb erhältlich sein soll, ist für 2004 vorgesehen.

Obwohl die Leistungsdaten eines jeden dieser amerikanischen PS-Boliden im Retro-Look für sich schon beeindruckend sind - im direkten Vergleich zur Studie Cadillac Sixteen von General Motors wirken sie geradezu mickrig: 745 kW/1000 PS, 7,3 Liter Hubraum, 16 Zylinder sind die Eckdaten dieses Fahrzeuges. Laut General Motors gibt es Designanleihen bei Modellen der Marke aus den dreißiger Jahren. Die Serienfertigung ist allerdings noch völlig offen - wenn überhaupt käme ein solches Fahrzeug wohl auch nur in den USA auf den Markt. Angesichts der hiesigen Spritpreise dürfte das PS-Monstrum in Deutschland wohl kaum Käufer finden.