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Aquakultur Aquakultur: In der Fischtheke liegt immer mehr Gezüchtetes

Von Heidemarie Pütz 22.06.2004, 11:40
Forellen - hier auf Spargelstreifen - sind meist gezüchtet. (Foto: dpa)
Forellen - hier auf Spargelstreifen - sind meist gezüchtet. (Foto: dpa) CMA

Hamburg/Kiel/dpa. - Kabeljau, Hecht, Steinbutt, Goldbarsch, Stör oder Shrimps - immer mehr Arten von Fischen und Meeresfrüchten werden gezüchtet. Aquakultur ist der am stärksten expandierende Zweig der Weltfischerei.

Unbekanntes aus der Zucht wie der vietnamesische Pangasius erobert zurzeit die deutschen Fischtheken, Lachs aus Farmen ist bereits alltäglich.

Für den Verbraucher ist Fisch aus der Aquakultur inzwischen ein selbstverständlicher Genuss. «Für viele Kunden ist es nicht relevant, ob der Fisch aus Wildfängen oder aus der Aquakultur kommt. Danach wird kaum noch gefragt», sagt der Fischhändler Walter Schloh aus Hamburg. Wer es dennoch genau wissen will, wird nicht im Unklaren gelassen: Seit Anfang 2003 muss laut EU-Gesetzgebung die Haltungsform auf der Etikettierung erkennbar sein.

Wie seine wilden Genossen hat auch frischer Zuchtfisch rasch sein Verfallsdatum erreicht. Am besten sollte er deshalb noch am Tag des Einkaufs auf den Teller kommen. Frischer Fisch - egal ob er nun in Freiheit gelebt hat oder aus einer Aquakultur stammt - riecht angenehm und hat klare, pralle sowie nicht eingefallene Augen. Filet ist grundsätzlich hell und klar und hat eine glänzende Oberfläche.

Unter Aquakultur versteht man die Aufzucht von Wasserlebewesen unter mehr oder weniger kontrollierten Bedingungen. Mehr als 210 Arten von Fischen, Weichtieren, Krebsen und Algen werden auf diese Weise produziert. Den größten Anteil machen Süßwasser-Zuchten mit Schwerpunkt Asien aus, in China etwa vor allem der Zuchtkarpfen.

Aquakultur ist ein Wirtschaftzweig mit viel versprechender Zukunft. Denn die Hochseefischerei kann ihre Fänge ohne Gefahr für die Bestände nicht weiter ausweiten. Und ohne die Zucht wäre die Ernährung der rasch wachsenden Weltbevölkerung in Frage gestellt. Nach Zahlen der Welternährungsorganisation FAO in Rom brachte die Fangfischerei im Jahr 2001 knapp 92 Millionen Tonnen Meeres- und Süßwasserfische, davon etwa zwei Drittel für den menschlichen Konsum.

«Seit Jahren stagnieren diese Zahlen. In absehbarer Zeit ist nicht mit einer Zunahme zu rechnen», erklärt Professor Volker Hilge von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg. Etwa die Hälfte der weltweiten Fischbestände seien maximal genutzt, rund 28 Prozent «übernutzt». Aquakultur liefert mit mehr als 48 Millionen Tonnen schon rund 29 Prozent der globalen Fischereiproduktion. Laut FAO waren es 1970 lediglich knapp 4 Prozent.

Aus küstennahen Meeresbuchten und Fjorden stammen insbesondere Lachse, die ohne «Fischfarming» für die meisten kaum erschwinglich wären. Dieser Teil der Fischkulturen wird auch Marikultur genannt. Schwerpunkte sind die Lachs-Farmen in Norwegen, Schottland, Irland, Nordamerika und im Süden Chiles, also in kälteren Gewässern. Mittlerweile werden auch andere hochwertige Fischarten und Schalentiere wie Tunfisch, Steinbutt, Kabeljau, Stör und Kammuscheln gezüchtet. Neue Versuche gehören der Produktion von Meeresfischen auf offener See. In Deutschland spielt vor allem die Teichwirtschaft mit Forellen und Karpfen eine Rolle.

Für die Umweltorganisation Greenpeace in Hamburg sind Fische aus der Aquakultur kaum eine Alternative zur überlasteten Fangfischerei. Lediglich Fische, die in Öko-Kulturen wie Karpfen, Regenbogen- und Bachforelle sowie Bio-Lachs aufgezogen werden, empfiehlt sie in ihrem Einkaufsratgeber «Fish & Facts» zum Verzehr. Farmlachs etwa werde mit Fischmehl und -öl aus der Industriefischerei gefüttert. Und mit der teils unregulierten Gabe von Antibiotika verursache die industrielle Zucht von Shrimps in den Tropen oft schwere ökologische Schäden.