1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. ZDF-Dreiteiler "Ku'damm 56": ZDF-Dreiteiler "Ku'damm 56": Das Wirtschaftswunder tanzt

ZDF-Dreiteiler "Ku'damm 56" ZDF-Dreiteiler "Ku'damm 56": Das Wirtschaftswunder tanzt

Von klaus braeuer 19.03.2016, 19:00
Monika Schöllack (Sonja Gerhardt) und Freddy Donath (Trystan Pütter) begeistern das Publikum bei einem Rock-’n’-Roll-Wettbewerb.
Monika Schöllack (Sonja Gerhardt) und Freddy Donath (Trystan Pütter) begeistern das Publikum bei einem Rock-’n’-Roll-Wettbewerb. zdf/Stephan erhard

Berlin - Die 50er Jahre in Deutschland waren geprägt von Wiederaufbau und beginnendem Wirtschaftswunder. Das zeigte sich ganz besonders in Berlin, das nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend in Trümmern lag. Doch die Menschen suchten nach neuen Herausforderungen und sehnten sich nach Zerstreuung. Darum - und um einiges mehr - geht es in dem Dreiteiler „Ku’damm 56“, der am Sonntag im ZDF startet (weitere Sendetermine: Montag und Mittwoch, jeweils 20.15 Uhr).

Handlung direkt am Berliner Kurfürstendamm

Wie der Filmtitel bereits vermuten lässt, spielt der Dreiteiler im Jahr 1956. Direkt am Berliner Kurfürstendamm - im Volksmund gerne Ku’damm genannt - betreibt Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) die gut gehende Tanzschule „Galant“ - nur Standardtänze, Benimmregeln inklusive.

Sie hat drei Töchter alleine großgezogen, der Gatte gilt offiziell als verschollen (taucht später jedoch im Osten der Stadt auf). Lediglich Fritz Assmann (Uwe Ochsenknecht), ein Freund der Familie, unterstützt sie bei der Arbeit (und gerne auch privat).

Monika ist das Sorgenkind

Caterinas jüngste Tochter Monika (Sonja Gerhardt) ist ihr Sorgenkind: Die graue Maus fliegt wegen ungebührlichen Benehmens von der Hauswirtschaftsschule und kehrt zurück in die mütterliche Wohnung, in der auch ihre Schwestern Helga (Maria Ehrich) und Eva (Emilia Schüle) leben.

In dieser Enge muss es krachen: Helga zieht bald aus, hadert mit ihrer neuen Rolle als Hausfrau und stellt fest, dass ihr frisch angetrauter Ehemann Wolfgang (August Wittgenstein) eigentlich viel lieber Männer mag - doch man breitet den Mantel des Schweigens darüber und arrangiert sich. Eva verliebt sich in den verheirateten Fußballer Rudi (Steve Windolf) - obwohl die Krankenschwester in ihrem deutlich älteren Chef, den Nervenarzt Professor Fassbender (Heino Ferch), bereits glaubte, eine gute Partie gefunden zu haben.

Liebe zum Rock’n’Roll

Und Monika? Sie wird daheim vom aufgeblasenen Fabrikantensohn Joachim Frank (Sabin Tambrea) vergewaltigt - was als Ausdruck von „Zügellosigkeit“, sogar als „Schandfleck“ für sie (nicht für ihn) ebenfalls unter den Teppich gekehrt wird. Dann entdeckt sie - durch den Bandleader Freddy Donath (Trystan Pütter) - ihre Liebe zum Rock’n’Roll, wovon die Mama auch nicht gerade angetan ist.

Angetan sein kann man jedoch von den Schauspielern, die hier mit vollem Elan dabei sind. Allen voran Claudia Michelsen, die ihre Rolle als konservative Tanzlehrerin, gestrenge Mama und heimliche Geliebte glänzend ausfüllt. Einerseits pocht sie auf Sitte und Anstand, andererseits ermuntert sie ihre Töchter, sich „fraulich“ zu zeigen. Aber auch alle drei Film-Töchter behaupten sich gut, insbesondere Sonja Gerhardt weiß als junge Frau zu überzeugen, die über eine Vergewaltigung und eine ungewollte Schwangerschaft hinwegkommen muss und ihren ganz eigenen Weg gehen will, ohne wohl zu wissen, dass man das bald den Wunsch nach Gleichberechtigung nennen wird.

Tabu-Themen der Zeit

Das ist genau das Thema, das Produzent Nico Hofmann (56, „Unsere Mütter, unsere Väter“) an dem Stoff interessiert hat: „Wie konnten sich Frauen in jener Zeit überhaupt emanzipieren? Was für ein Frauenbild gab es damals? Frauen durften in einer Ehe ja nichts alleine, also ohne das Einverständnis ihres Mannes, entscheiden. Uns hat darüber hinaus beschäftigt, wie unsere Mütter die Sexualität in den 50er Jahren erlebt haben“, sagte Hofmann. Auch um Homosexualität geht es, ebenfalls ein Tabu dieser Zeit. „Homosexuelle Menschen galten seinerzeit als krank - was aus heutiger Sicht unvorstellbar erscheint“, sagte Hofmann dazu.

Konkurrenz Tatort

Relevante Themen, gut im Unterhaltungsformat umgesetzt - auch wenn der Start des Dreiteilers gegen den „Tatort“ im Ersten schon ein wenig gewagt anmutet.

Doch der Film (Regie: Sven Bohse) ist als Zeitkolorit äußerst präzise recherchiert, atmosphärisch dicht und sehr packend erzählt. Die Figuren machen sämtlich eine beachtliche Wandlung durch. Die Ausstattung von der Kleidung bis zu den Autos ist superb, die Musik fabelhaft, und es wird viel und spektakulär getanzt.

Gelungene Mischung

Die Mischung aus verklemmter Spießigkeit, schwer auszuhaltender Biederkeit, sanfter Rebellion und zaghaften Schritten hin zur Emanzipation in den 50er Jahren ist gelungen und dürfte gerne fortgesetzt werden. (dpa)

„Ku’damm 56“: Teil eins am Sonntag um 20.15 Uhr im ZDF-Programm