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Franz Xaver Kroetz: Wutanfälle und der gute Ruf

27.12.2017, 09:33
Franz Xaver Kroetz hat seinen ganz eigenen Kopf. Foto: Ursula Düren
Franz Xaver Kroetz hat seinen ganz eigenen Kopf. Foto: Ursula Düren dpa

München - Franz Xaver Kroetz ist ein seltener Gast im Fernsehen. Kein Wunder, denn bei der Auswahl seiner Rollen ist der gebürtige Münchner ziemlich wählerisch.

„Diese ganzen Bauerndeppen, diese perversen, die ich angeboten kriege, das habe ich alles satt gehabt”, sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur in München. Nun gab es doch eine Offerte, die der 71-Jährige nicht ablehnen mochte, kam sie doch von Franz Xaver Bogner, Regisseur der Kultserie „Irgendwie und sowieso”.

Kroetz spielt einen Richter, der eine ziemlich eigenwillige Art hat, Urteile zu fällen. Die Pilotfolge der amüsanten TV-Reihe „Über Land” mit Suzanne von Borsody und Maria Simon läuft an Silvester (31. Dezember) um 16.30 Uhr im ZDF.

Frage: Wie haben Sie reagiert, als Franz Xaver Bogner bei Ihnen wegen „Über Land” angefragt hat?

Antwort: Mit dem komme ich zurecht, bei ihm muss ich mich nicht verstellen. Der ist auch ein Bayer und er verlangt nicht, dass ich etwas spiele, was ich nicht bin. Er hat gesagt, Franzi, ich will dich genauso, wie du bist. Das war die Grundvoraussetzung. Ich habe keine Lust mehr, mich zu verstellen. Ich bin zu alt, das kommt mir läppisch vor.

Frage: Was hat Sie daran gereizt, diesen Richter zu spielen, der auf ganz eigene Art Recht spricht?

Antwort: Diese ganzen Bauerndeppen, diese perversen, die ich angeboten kriege, das habe ich alles satt gehabt. Deswegen drehe ich auch so selten. Dann kam plötzlich die Serie, die mir so gut gefallen hat und wo ich mir gedacht hat, es ist nicht wieder Mord und Totschlag. Es quellen ja aus dem Fernseher nur noch die Krimis raus. In der Serie geht es um so nette, liebenswürdige, menschliche Geschichten. Es geht um drei Glühbirnen, es geht um ein paar Hühner. Und dieser Richter ist ein irgendwie aus dem Lebensnest gefallener Vogel, der noch mal probiert, zurecht zu kommen. Das wollte ich spielen, dieses Zerfahrene, das hat mir gefallen. Das ist bayerische Anarchie, aber die kann man woanders auch finden.

Frage: Sie gelten als sehr energisch, wenn Ihnen beim Dreh etwas nicht passt.

Antwort: Ich werde fuchsteufelswild, wenn mir einer dreinredet. Das ist auch bekannt, meine Wutanfälle. Ich spiele lang genug und ich schreibe lang genug und ich inszeniere lang genug. Und ich schaue mir das ordentlich an zuhause und ich bin fleißig und mache mir meine Gedanken. Und wenn irgendwo ein Regisseur daherkommt und mir dauernd Anweisungen gibt, dann ist es schon aus. Dann kommt der erste Wutanfall, dann ist der Regisseur meistens ganz klein und ganz freundlich. Ist ja klar, das kostet. Ein wütender Schauspieler, da vergeht die Zeit, der macht ja nichts. Die Zeit geht tick tock tick tock tick tock. Und der Produzent zum Regisseur: Wir müssen doch drehen, sei doch nett zu ihm, es muss weitergehen. Dann geht's.

Frage: Wie geht es Ihnen, wenn Sie so einen Wutanfall haben?

Antwort: Das ist anstrengend. Ich versuche immer, es zu vermeiden. Aber wenn man mir zu weit in meine Kompetenzen reingreift, werde ich sauer.

Frage: Wenn der Zorn verdampft ist, verspüren Sie dann Reue?

Antwort: Das dürfen Sie nicht machen. Wenn sie einen Wutanfall haben, müssen Sie ihn durchziehen. Nur dann wirkt er. Er soll ja einen Sinn haben. Er soll ganz klar machen, das ist eine Kriegserklärung. Bis hierher und nicht weiter. Du kriegst jetzt erst mal eine Ladung vor den Bug geschossen, das nächste mal ziele ich höher und dann treffe ich dich. Sonst bist du nur ein Hampelmann und dann funktioniert es nicht. Entweder ganz oder gar nicht. Entweder bist du der böse Mann oder du bist gleich friedlich.

Frage: Wie harmonisch lief es denn mit Bogner ab?

Antwort: Ich gelte ja als Troublemaker. Aber wir sind sehr gut miteinander ausgekommen. Beim Bogner konnte ich vom Anfang bis zum Ende friedlich sein. Er hat zu mir nach dem Dreh im Spaß gesagt: „Franz, jetzt bist in meiner Hand. Wenn ich jetzt erzähle in der Branche, dass du sowas von umgänglich und liebenswürdig und nett warst und wir kein einziges Mal gestritten haben, dann ist dein Ruf ruiniert, das weißt du schon, Franz”.

ZUR PERSON: Franz Xaver Kroetz ist Schauspieler, Regisseur und Dramatiker. Seine Theaterstücke wurden in rund 30 Sprachen übersetzt und in mehr als 40 Ländern der Welt aufgeführt. Als Schauspieler war er unter anderem in Helmut Dietls hochgelobter TV-Serie „Kir Royal” zu sehen, als Klatschreporter Baby Schimmerlos. Für seine Arbeit wurde Kroetz vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Grimme-Preis in Gold und dem Bayerischen Filmpreis. (dpa)