Film "Gift" ARD-Film "Gift": Wenn gefälschte Medikamente zum Tode führen

Berlin - Jeder ist vermutlich irgendwann einmal auf Medikamente angewiesen - in der Hoffnung, dass diese wirklich in Ordnung sind. Nun gibt es aber auch einen schwunghaften Handel mit gefälschten Präparaten, die im schlimmsten Fall sogar tödlich sein können - darum geht es im Film „Gift“, der an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) im Ersten zu sehen ist. Im Anschluss daran (21.45 Uhr) läuft die Dokumentation „Gefährliche Medikamente - gepanscht, gestreckt, gefälscht“.
ARD-Film „Gift“: Julia Koschitz verhört Heiner Lauterbach nach Razzia
Eine Autokolonne jagt über die Autobahn, auf dem Weg zu einer Razzia im deutsch-tschechischen Grenzgebiet. Dabei stößt die Interpol-Agentin Juliette Pribeau (Julia Koschitz) auf eine große Lieferung gefälschter Krebsmedikamente, die an den deutschen Pharmahändler KompaPharm in München adressiert ist. Der Besitzer des florierenden Großhandels, Günther Kompalla (Heiner Lauterbach), wird wenig später von ihr verhört: „Der frühe Vogel sitzt bald im Käfig. Es wäre also besser, wenn er dann singt“ sagt sie. Darauf er: „Ich bin absolut unmusikalisch.“
Bis zum Singen dauert es zwar noch etwas, doch will Kompalla, auch aufgrund seiner eigenen Krebsdiagnose, reinen Tisch machen - und sich mit seiner Tochter, der Medizinerin Katrin Kompalla (Luise Heyer), aussöhnen. Sie arbeitet mit ihrem Verlobten, dem indischen Arzt Kiran Chitre (Arfi Lamba), bei einer Hilfsorganisation in den Slums von Mumbai. Die Gefahr durch gefälschte Medikamente gehört für sie zum Tagesgeschäft.
„Gift“ ab 20.15 Uhr: Dubiose Geschäfte mit Medikamenten
Leider gilt das auch für den Pharmariesen Poindex, vertreten durch seinen Chef Roger Adler (Martin Brambach), und die MIG Bank, vertreten durch ihren Chef Matteo Kälin (Ulrich Matthes), die mit derartigen Produkten dubiose Geschäfte machen. Unterstützung finden sie dabei ausgerechnet durch die Wissenschaftlerin und Pharmalobbyistin Prof. Vera Edwards (Maria Furtwängler), die sich und ihrer Studienstiftung eine einflussreiche Beraterposition in der Interpol-Sondereinheit erkauft hat.
Eine Hand wäscht also die andere: Lobbyisten, Banker, Hersteller, Händler, Ermittler - irgendwie hängt alles mit allem zusammen, und alle kommen auf ihre Kosten. Nur für die Patienten gilt das nicht. Das Thema des Filmes hat natürlich eine beträchtliche gesellschaftspolitische Dimension - auch wenn es ganz sicher ehrbare Mitarbeiter in der Pharmaindustrie gibt. Doch zeigt der Film sehr drastisch, dass Intransparenz und Verlogenheit schon erschreckende Ausmaße angenommen haben. Der Autor und Regisseur Daniel Harrich (33) hat mit seinen Filmen zum Oktoberfestattentat („Der blinde Fleck“, 2013) und zum Handel mit Kriegswaffen („Meister des Todes“, 2015) bereits für viel Aufsehen und Denkanstöße gesorgt.
Daniel Harrich: „Wollen Menschen zum Nachdenken bringen“
Bei der Vorführung von „Gift“ in Hamburg sagte Harrich: „Wir wollen keine Panik machen, aber genau draufschauen müssen wir schon. Das System braucht dringend eine Reinigung, besser noch einen Urknall. Wir wollen Menschen zum (Nach-)Denken und Handeln bringen und Konsequenzen ziehen.“ Das sollte ihm gelingen, denn er hat das Thema seines Filmes mit viel Emotionalität verpackt, samt Vater-Tochter-Konflikt und einer Hindu-Hochzeit.
Die vielen Schauplätze verwirren schon etwas - es geht nach Genf, Lyon, München und Mumbai. Neben den emotionalen Momenten im Film sind vor allem die fabelhaften Schauspieler sicher für viele ein Grund, sich diesen Film anzusehen. Das ist nicht das schlechteste Motiv. Die Doku im Anschluss nimmt einem dann endgültig jegliche Illusion.
Mit Produktfälschungen von Medikamenten lässt viel Geld verdienen
Pharmaunternehmen kontrollieren die Qualität ihrer Zulieferer im Ausland mindestens nach den gesetzlichen pharmazeutischen Standards, die für Deutschland gelten“, sagt Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). „Pharmaunternehmen, die Arzneimittelbestandteile aus Asien einkaufen oder dort herstellen lassen, werden den Bericht zum Anlass nehmen, auf die Einhaltung vereinbarter Umweltrichtlinien stärker einzuwirken.“ Die Industrie habe jedoch keinen Einfluss auf die von den jeweiligen Ländern gesetzten Umweltstandards. „Zustände, wie sie vom NDR dokumentiert wurden, sind inakzeptabel.“
Das sind sie ganz sicher. Doch ebenso sicher ist, dass sich mit Produktfälschungen von Medikamenten viel Geld verdienen lässt. Zurück bleibt man als Betrachter mit der ernüchternden Erkenntnis, dass Lobbyismus und Profitgier am Ende eben doch obsiegen können. Es ist zu hoffen, dass die Arzneimittel hierzulande wirklich sicher sind und auch das drin ist, was auf der Packung steht. (dpa)