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Trauerfeier für Willi Sitte Trauerfeier für Willi Sitte: Rosen und Kerzen zum Abschied

Von Andreas Montag 20.06.2013, 11:00
Der Sarg des Malers Willi Sitte (1921-2013) steht in der Trauerhalle.
Der Sarg des Malers Willi Sitte (1921-2013) steht in der Trauerhalle. dpa Lizenz

Halle/MZ - Der Sarg mit Rosen bedeckt und flankiert von einem Porträt des Verstorbenen, ein Meer von Trauergebinden davor, schlichte Kerzen in üppiger Zahl auf mehreren, vielarmigen Leuchtern: Die Szenerie ist mehr als würdig gewesen, als am Donnerstag auf dem halleschen Gertraudenfriedhof zur heißen Mittagsstunde Abschied von Willi Sitte genommen wurde.

Dass allerdings anscheinend alle der rund 300, mehrheitlich schon älteren Trauergäste, von denen viele nur einen Stehplatz bekommen hatten, den tropischen Temperaturen widerstanden, darf wirklich ein Glück genannt werden. Ohne Zweifel wird die Trauerfeier für Willi Sitte, der am 8. Juni nach langer Krankheit im Alter von 92 Jahren in seinem Haus in Halle gestorben ist, auch deshalb in Erinnerung bleiben. Besonderheiten hat es freilich noch mehrere gegeben. So bildeten jene, die dem ebenso renommierten wie auch umstrittenen Maler die letzte Ehre erwiesen, wenn nicht vollständig, so doch sehr repräsentativ die hallesche Künstler-Oberliga ab, stellvertretend seien der frühere Burg-Rektor Ludwig Ehrler und der Maler Otto Möhwald genannt.

Neben Sittes Kollegen waren auch der ehemalige Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, Udo Reiter, der Schauspieler Peter Sodann, die Linken-Politikerin Petra Sitte und Halles Ex-Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) gekommen. In Anbetracht der Tatsache, dass Sitte, der nach 1989 jahrelang weitgehend auf sich selbst, seine Familie und enge Freunde zurückgezogen lebte und verbittert war, weil manche, denen er früher gut war, ihn nun schnitten, ist diese Trauerfeier auch ein Zeichen der Versöhnung gewesen.

Entsprechend behutsam ging es dabei zur Sache. Und ein wenig staatstragend. Waltraut Wächter spielte auf der Violine Kompositionen von Bach, den Sitte sehr liebte, die Trauerrede von Jürgen Weißbach, dem früheren Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen-Anhalt, fiel maßvoll, aber weniger persönlich aus, als man vielleicht erwartet hatte.

Mag sein, dass Weißbach, der nicht nur eine Gewerkschaftskarriere hinter sich weiß, sondern eben auch gelernter Theologe ist und den Maler sehr gut kannte, ganz absichtsvoll die Emotionen eher gezügelt hat - Sitte zur Ehre, damit nicht neuerlicher Streit um dessen Rolle als Kultur- und SED-Funktionär entbrennt. Der Mensch sei erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denke, zitiert Weißbach eingangs Brecht.

Diese Gefahr sieht Weißbach nicht, Sitte werde sogar zunehmend als großer deutscher Künstler erkannt. Freilich verschweigt der Redner die Konflikte nicht, er spricht von Anfeindungen, aber auch vom Respekt, den der Maler nach 1990 erfahren habe. Natürlich memoriert Weißbach noch einmal Sittes Lebensweg im Schnellgang: Herkunft aus kleinen Verhältnissen, früh erkanntes Talent, Abkehr von den Nazis, die einen Monumentalmaler aus ihm machen wollten, Flucht zu den italienischen Partisanen, Bekenntnis zum Kommunismus und zu Halle. Dort hat er seit 1947 gelebt.

Immerhin hat der Oberbürgermeister Blumen hinterlegen lassen. Daneben das Gebinde aus Merseburg, wo man Sitte eine Galerie eingerichtet hat. Drei Mal größer als der hallesche ist der florale Abschiedsgruß der Merseburger ausgefallen. Man muss kein Zeichen darin sehen. Aber man kann.

Der Grafiker und Maler Willi Sitte
Der Grafiker und Maler Willi Sitte
dpa/ARCHIV Lizenz