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"Tatort" mit Helene Fischer und Til Schweiger "Tatort" mit Helene Fischer und Til Schweiger: "Der große Schmerz" hat Kino-Niveau

Von Thomas Schmitz 30.12.2015, 10:24
Aleksej (Sascha Reimann, re.), Pjotr (Raphael Domanski, 2.v.l.) und Lev (Janos Tiborcz, l.) nehmen Nick Tschiller (Til Schweiger, 3.v.l.) in die Mangel.
Aleksej (Sascha Reimann, re.), Pjotr (Raphael Domanski, 2.v.l.) und Lev (Janos Tiborcz, l.) nehmen Nick Tschiller (Til Schweiger, 3.v.l.) in die Mangel. NDR/Gordon Timpen Lizenz

Der Fall:

Die Fehde zwischen LKA-Mann Nick Tschiller (Til Schweiger) und der Hamburger Unterweltgröße Firat Astan (Erdal Yildiz) geht weiter. Letzterer zieht aus dem Knast weiterhin die Fäden und lässt Tschillers Tochter Lenny (Luna Schweiger) und Ex-Frau Isabella (Stefanie Stappenbeck) entführen. So zwingt er Tschiller dazu, ihm bei der Verlegung in ein anderes Gefängnis zur Flucht zu verhelfen.

Gleichzeitig macht sich Tschillers Partner Yalcin Gümer (Fahri Yardim) auf die Suche nach einer mysteriösen dunkelhaarigen Zeugin mit „Augen wie eine Eisprinzessin“. Dass beides zusammenhängt, weiß der Zuschauer im Gegensatz zu den Ermittlern schon früh.

Die Auflösung:

Gibt es eigentlich erst Sonntag, denn da wird „Der große Schmerz“ mit „Fegefeuer“ fortgesetzt. Oder gibt es die eigentliche Auflösung sogar erst im Kino? „Tschiller: Off Duty“ startet am 4. Februar.

Aber ein paar Etappenziele erreichen Tschiller und Gümer natürlich. Die Frau, die Gümer sucht, ist die ukrainische Auftragskillerin Leyla. Und die hat im Auftrag von Astan Tschillers Familie entführt und hält sie auf einem Schiff im Hamburger Hafen gefangen.

Doch Leyla vollzieht den Auftrag aus anderen Beweggründen. Sie will Rache an Astan, der sie einst als Edelprostituierte missbraucht hat. Während Tschiller seine Familie befreit, erschießt Gümer Leyla. Bei der Flucht vom Schiff kommt es zum Showdown zwischen Astan und Tschiller, bei der Isabella tödlich verwundet wird.

Die Kommissare:

Nick Tschiller ist auf dem Ego-Trip. Zu sehr hat Astan ihn unter der Knute. Mit Ermittlungen hat das nichts zu tun. Stattdessen sehen wir Tschiller als Kopie von „24“-Serienheld Jack Bauer, der auch Persönliches und Beruf unter einen Hut bringen muss.

Die Arbeit im Hintergrund erledigt Gümer mithilfe der nerdigen Kollegin Ines Kallwey (Britta Hammelstein). Dass Gümer aber Tschiller mangelnde Teamfähigkeit vorwirft und dann selbst permanent Alleingänge vollzieht, ist nur eine von mehreren Ungereimtheiten in diesem Fall. Darüber hinaus muss man attestieren: War Gümer im ersten Fall noch der sympathische Sidekick Tschillers, nervt er mittlerweile mit seiner ständigen Quasselei.

Der Täter:

Erdal Yildiz als Firat Astan verfügt als Antagonist über genug finstere Ausstrahlungskraft und trägt mehrere Episoden als Bösewicht. Überraschenderweise ist auch Helene Fischer als schweigsame Auftragskillerin Leyla keine Fehlbesetzung.

Mit schwarzer Perücke, strahlenden dunkelgrünen Augen und enger schwarzer Lederkluft weiß sie zu überzeugen – und zwar weil sie so krass gegen ihr Image als Deutschlands Schlagerliebling Nummer eins besetzt ist. Noch unklar ist, ob es gar einen dritten Täter gibt. Der korrupte koksende Hamburger Innensenator Constantin Revenbrook (Arnd Klawitter) steckt auf jeden Fall mit drin in diesem Fall.

Was war gut? Was hätte besser sein können? Auf der nächsten Seite geht es weiter...

Das war gut:

Die Bilder. Was Kameramann Jakub Bejnarowicz hier auf den Bildschirm bringt, hat Kino-Niveau. Das gilt auch für die Action. Doch dabei muss man sich immer vor Augen halten: Hierbei handelt es sich um einen Tatort. In der letzten halben Stunde, wenn Tschiller und Gümer Lenny und Isabella befreien, kommt sogar Spannung auf.

Das könnte besser sein:

Es ist schon fast schamlos, wie sehr sich Drehbuchautor Christoph Darnstädt in diesem Fall bei der ersten Staffel von „24“ bedient: Mutter und Tochter entführt, der Vater führt einen Feldzug gegen die Bösen. Dass dabei die Tochter genauso nervt wie im Vorbild Kim Bauer (Elisha Cuthbert) und sogar die Mutter am Ende stirbt, ist besonders dreist.

Zum Nervpotenzial Gümers siehe „Die Kommissare“. Rätseln kann man darüber, ob Schweiger nun Selbstironie besitzt oder einen verbissenen Kampf gegen seine Kritiker führt. Wenn am Anfang Sascha „Ferris MC“ Reimann als Aleksej Brotzki zu Tschiller sagt „Ich kann dich nicht verstehen“ könnte man das als Witz auf Schweigers Genuschel verstehen. Weniger deutlich ist das aber, wenn der Innensenator zu Tschiller sagt: „Sie haben viel für Hamburg getan, die Presse hat sie dafür abgestraft.“

Fazit:

Beim Auftakt der Doppelfolge handelt es sich um einen soliden Actionthriller. Die Klasse von Vorbildern wie „24“ oder auch der „Taken“-Filme mit Liam Neeson wird nicht erreicht. Tschiller-Fans dürften auf ihre Kosten gekommen sein, während „Tatort“-Puristen schon zu Beginn bei der Stürmung eines Bordells den Ausschaltknopf gedrückt haben werden, weil Tschiller im Einsatz ständig mit seiner Tochter telefoniert.

Helene Fischer als ukrainische Auftragskillerin Leyla.
Helene Fischer als ukrainische Auftragskillerin Leyla.
ARD/NDR Lizenz