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"Tatort"-Kritik "Tatort"-Kritik: Beim "Maulwurf" ist Spannung Mangelware

Von Jessica Düster 22.12.2014, 05:49
Die Thüringer Kommissare Funck (Friedrich Mücke), Schaffert (Benjamin Kramme) und Grewel (Alina Levshin)
Die Thüringer Kommissare Funck (Friedrich Mücke), Schaffert (Benjamin Kramme) und Grewel (Alina Levshin) dpa Lizenz

Köln - Darum ging’s:

Der inhaftierte Rotlichtkönig Timo Lemke (Werner Daehn) durfte in Handschellen und Begleitung zur Beerdigung seines Vaters. Mit Hilfe eines Komplizen nutzte er die Gelegenheit zur Flucht, verletzte dabei zwei Polizisten und erschoss einen von ihnen. Hauptkommissar Henry Funck (Friedrich Mücke), Kollege Maik Schaffert (Benjamin Kramme) und Neu-Kommissarin Johanna Grewel (Alina Levshin) können Lemkes Komplizen zwar schnell fassen, suchen aber weiter nach dem Untergetauchten.

Da wird Kripo-Chefin Petra Fritzenberger (Kirsten Block) entführt. Sie hatte Lemke vor elf Jahren gemeinsam mit dem hinzugezogenen Kriminaldirektor Römhild (Christian Redl) hinter Gitter gebracht. Als dieser auch von Lemke aufgesucht wird, erschießt Römhild ihn. Während das Team fieberhaft die Chefin sucht, stellen sich Zweifel ein, wer wirklich hinter der Entführung steckt. Vielleicht der Ex-Kollege Konzak (Oliver Stokowski), der damals mit Lemke gemeinsame Sache gemacht haben soll und sich jetzt als Wachmann verdingt?.

Das war der Schuldige:

Dass es Lemkes Ex, die undurchsichtig lächelnde Barbesitzerin (Franziska Petri) nicht war, ist bald klar. Der Entführer ist tatsächlich Konzak, aber die Sache ist komplizierter. Nicht er hatte vor elf Jahren Geld von Konzak angenommen, sondern Kriminaldirektor Römhild. Das übliche Strickmuster halt, wenn es im weitesten Sinne um Korruption geht: Die über allem stehende graue Eminenz, die Mentor-Figur, der alle vertrauen, entpuppt sich am Ende als Böser. Dass Römhild der Maulwurf ist, kommt von daher nicht überraschend. Spätestens nachdem er hastig eine Pistole in der Sekretär-Schublade verbirgt und Grewel ihn mit Zigarette erwischt („Sie rauchen?!“), klebt der moralische Makel überdeutlich am Vorbild.

So waren die Schauspieler:

Das junge Ermittler-Trio war stets bemüht. Friedrich Mücke, Benjamin Kramme und Alina Levshin müssen sich zu oft bedeutsame Blicke zuwerfen und ansonsten vor allem ernst und beflissen wirken. Das machen sie gut. Kirsten Block ist überzeugend natürlich als souveräne Vorgesetzte und bewahrt auch später als Entführungsopfer Haltung. Oliver Stokowski gibt den zu Unrecht Beschuldigten angemessen aufgeregt, Franziska Petri nimmt man die coole Rotlicht-Chefin ab. Und Christian Redl gelingt es schauspielerisch, als netter Onkel die Eindeutigkeiten des Drehbuchs zu vernebeln.

Das hätte man sich sparen können:

Römhilds Motiv – er hatte Schulden und gierte nach dem Geld, das ihm Lemke anbot – ist schon nicht besonders stark. Würde er dafür seinen Posten und seinen Ruf aufs Spiel setzen? Dass er am Ende dann noch komplett die Fassung verliert („Du weißt, was sie mit Polizisten im Knast machen. Ich habe keine andere Wahl.“), wirkt unglaubwürdig.

Schlimmste Sätze:

Siehe oben. Lahm sind auch Leer-Phrasen wie „Ich bin sicher, der hat vor irgendwem Angst.“ Ach was? Am peinlichsten aber wirken die Anflüge von aufgesetztem Humor. Als die Ermittler noch mal ins Gefängnis zurückkehren, fragt der Wärter „Wollten Sie nicht beim nächsten Mal jemand mitbringen?“ und meint den geflohenen Lemke. „Haben wir doch“, sagt Schaffer und weist auf Kollegin Grewel.

Ihn treffen die steifen Dialoge am häufigsten. Als Funck Konzaks kiffendem Sohn eine Visitenkarte reicht, meint Schaffer: „Aber keinen Filter draus bauen!“

Fazit:

Der zweite Fall der Thüringer punktet mit einem interessanten Konflikt jenseits der üblichen Mordfälle, konstruiert überzeugend eine mit der Vergangenheit verknüpfte Geschichte und hält sich nicht mit privatem Geplänkel auf. Große Spannung kommt trotzdem nicht auf – da kann sich die Musik noch so bemühen. Das Handlungsgerüst bleibt überdeutlich sichtbar, das Geschehen fließt ohne Ecken und Kanten daran entlang.

Auch emotional wäre Luft nach oben gewesen. Bei den Dialogen hört man die Seiten des Drehbuchs rascheln. Sie geben dem jungen Ermittlertrio nicht viel Spielraum. Entwicklungspotenzial ist da, aber Profil müssen die Erfurter erst noch entwickeln. Ebenso unauffällig ist die Bildsprache: Ordentlich, aber ohne deutliche Handschrift.

Tatort: Der Maulwurf, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD, 21.12.2014