Roberto Rossellini Roberto Rossellini: «Vater» des neorealistischen Kinos wäre 100 Jahre geworden

Rom/dpa. - Eine doppelte Hommage hat Isabella Rossellini kürzlichihrem Vater Roberto gewidmet: Bei der Berlinale präsentierte sie imFebruar gleichzeitig ein Buch und einen Film über den berühmtenRegisseur, der am Montag (8. Mai) 100 Jahre alt geworden wäre.Roberto Rossellini gilt als einer der Pioniere des neorealistischen Kinos und als Lehrer eines anderen Meisters des «Neorealismo»:Federico Fellini. Auch privat hat der Filmemacher immer wieder vonsich Reden gemacht, besonders als er die rassige italienischeFilmlegende Anna Magnani verließ und 1950 die junge Schwedin Ingrid Bergman heiratete.
Aus der Ehe, die bis 1957 hielt, gingen drei Kinder hervor: SohnRobertino und die Zwillinge Isabella und Isotta. Vor allem IsabellaRossellini ist in die Fußstapfen ihrer legendären Eltern getreten undhat sich nicht nur als Model für das Kosmetikhaus Lancôme, sondernvor allem auch als Schauspielerin einen Namen gemacht. In dem jetztunter der Regie des Kanadiers Guy Maddin gedrehten Films «My Dad is100 Years old» - zu dem Isabella Rossellini auch das Drehbuchgeschrieben hat - schlüpft sie selbst in die Rolle ihres Vaters.
Einen seiner ersten und auch größten Erfolge feierte der am 8. Mai1906 in Rom geborene Roberto Rossellini mit dem Streifen «Roma, cittàaperta» (Rom, offene Stadt), den er 1944 kurz nach der Räumung deritalienischen Hauptstadt durch die Deutschen drehte. Der Film giltals Vorreiter des neorealistischen Kinos und schildert dieAktivitäten einer römischen Widerstandsgruppe während des ZweitenWeltkrieges. Für Anna Magnani war dies der Beginn ihrer Weltkarriere.
Mit «Paisà» konnte Rossellini zwei Jahre später an den großenErfolg anknüpfen und erhielt dafür auch eine Oscar-Nominierung. Indem Film greift der Regisseur erneut das Thema des Krieges auf undpräsentiert in eindringlichen dokumentarisch-realistischen Bildernsechs Episoden aus der Schlussphase des 2. Weltkriegs. «An Rossellinigefiel mir sein Einfühlungsvermögen, die Begeisterung, mit der erRegie führte. Er half mir, meine eigene Liebe zur Regie zuentdecken», hat Fellini einmal über Rossellini gesagt.
Im Jahr 1949 tritt Ingrid Bergman in das Leben des Filmemachers.«Ich glaube, dass ich Roberto schon geliebt habe, nachdem ich "Rom,offene Stadt" gesehen hatte, denn er ging mir einfach nicht mehr ausdem Kopf», zitiert Isabella Rossellini ihre Mutter in dem Buch «ImNamen des Vaters, der Tochter und der heiligen Geister - Erinnerungenan Roberto Rossellini». Mit der Schwedin dreht Rossellini im gleichenJahr «Stromboli» - der Beginn auch einer filmischen Zusammenarbeit:Die Bergman - die bereits 1942 in den USA mit dem Streifen«Casablanca» an der Seite von Humphrey Bogart Weltruhm erlangt hatte- wird für sechs Filme Rossellinis Star.
Jedoch werden der Italiener und die Schwedin von derBoulevardpresse immer wieder angegriffen, und auch das puristischeamerikanische Publikum ächtet seinen einstigen Superstar Bergman.Grund: Rossellini ist Katholik, die Bergmann eine geschiedeneProtestantin. Das Paar kann nach «Stromboli» nicht mehr an den Erfolganknüpfen, Streifen wie «Europa 51» und «Reise in Italien» werden zuPleiten.
Nach der Scheidung wendet sich Rossellini nach Indien, wo er dieitalienisch-französische TV-Serie «L'India vista da Rossellini»(Indien von Rossellini gesehen) und den dokumentarischen Spielfilm«India» dreht. Sein Spätwerk in den 60er und 70er Jahren bestehthauptsächlich aus historischen Fernsehfilmen wie «Die MachtergreifungLudwigs XIV.» (1966) oder «Sokrates» (1970).
Roberti Rossellini starb am 3. Juni 1977 im Alter von 71 Jahren aneinem Herzinfarkt in seiner Heimatstadt Rom. «Ich wünschte, er hättemein Leben ein bisschen länger begleitet, hätte meine Kinder kennengelernt und wäre ihnen ein Großvater gewesen», merktIsabella Rossellini wehmütig in ihrem Buch an.