Rio Reiser Rio Reiser: Ein König ohne Heimatland
HALLE/MZ. - Auch Alt Tucheband im Oderbruch schmückt sich mit dem "König von Deutschland", der sich stets überall fremd gefühlt hatte: Das Geburtshaus von Reisers Vater soll hier zum Mittelpunkt des Reiser-Gedenkens werden, ein altes Wasserwerk wollen Fans zu einem Klangzimmer umbauen, das Touristen anlocken soll.
Kult als Standortfaktor wie im nordfriesischen Fresenhagen. Das Rio-Reiser-Haus dort, der letzte Zufluchtsort des freundlichen Künstlers, ist heute schon Anziehungspunkt für Reiser-Pilger.
In Halle dagegen, wo Reiser am 23. Mai 1996 wirklich sein letztes komplettes Konzert spielte, ist Rio Reiser auch zu seinem 60. Geburtstag kein Thema. Dabei schwillt der Kult um den Schreiber von Polit-Songs wie "Keine Macht Für Niemand" und "Junimond" mit jedem Jahr mehr an, das seit seinem frühen Herztod vergeht.
Rio Reiser, in seinen letzten Lebensjahren und mit seinen letzten Platten alles andere als erfolgreich, gilt inzwischen als "uneingeschränkter König von Deutschland" (dpa) und Erfinder der deutschsprachigen Rockmusik. Musste er damals trotz angegriffener Gesundheit auf Tour gehen, um Geld zu verdienen, könnte er längst von den Tantiemen der Wiederaufführung seiner Werke leben. Jüngere Künstler wie Jan Delay oder Wir sind Helden interpretierten seine Hits, Selig-Sänger Jan Plewka tourt erfolgreich mit einem Reiser-Programm, selbst die verbliebenen "Scherben" wurden neu zusammengesetzt. Auch die Berlinale ehrt den bekennenden Schwulen: Auf der Teddy-Gala, auf der der schwul-lesbische Teddy Award verliehen wird, soll im Februar wieder die Originalbesetzung von Ton Steine Scherben auftreten.