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RAF-Terrorismus RAF-Terrorismus: «Schattenwelt» - Das Opfer wird Täter

09.08.2011, 18:28

FREIBURG/DPA. - Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock als Co-Autor: Das hat den RAF-Film "Schattenwelt" noch während der Dreharbeiten ins Gespräch gebracht. In dem fiktiven Drama, das Arte am Mittwoch als TV-Erstausstrahlung bringt, geht es um einen aus der Haft entlassenen Terroristen (Ulrich Noethen) und die Tochter eines Opfers (Franziska Petri), deren Wege sich kreuzen.

Regisseurin Connie Walther hat ihr Drama über die Nachwehen der RAF in gebleichten Farben gedreht. Die Schauspielerriege ist interessant, von Christoph Bach (der kurz danach Studentenführer Rudi Dutschke in einem TV-Film verkörperte) als Terroristensohn bis zu Eva Mattes als Ex-RAF-Frau.

"Schattenwelt" wurde im Sommer 2007 in Freiburg und Berlin gedreht. Der Streifen, der im Herbst 2008 beim Filmfestival in Rom lief, unternimmt den Versuch, auch die Opferperspektive zu beleuchten. Wie leben die Angehörigen der RAF-Toten? Was bedeutet es für sie, dass sie oft das genaue Tatgeschehen nicht kennen? Ein Thema, das schon während der Dreharbeiten diskutiert wurde. Anlass war die emotional geführte Debatte um die Freilassung von RAF-Terrorist Christian Klar. Die Antwort, die Drehbuchautor Uli Herrmann gibt: Das Opfer wird Täter.

Franziska Petri spielt Valerie, die Tochter eines Gärtners, der beim Attentat auf einen Bankpräsidenten versehentlich erschossen wurde. Sie kommt in ihrem Leben nicht zurecht, hat das Sorgerecht für ihren Sohn verloren. Ex-Terrorist Widmer, der gerade 22 Jahre Gefängnis in Freiburg hinter sich hat, wird ihr Nachbar. Sie stellt ihm nach und startet schließlich mit der Waffe in der Hand einen blutigen Alleingang. Valerie zwingt den Täter, endlich die Wahrheit zu sagen. Bei den Dreharbeiten stellte die Regisseurin klar, dass sich Boock, der 1977 an der Schleyer-Entführung beteiligt war, nicht an dem Film bereichert habe. Autor Herrmann lernte Boock demnach zufällig in Freiburg kennen, er sei ein "wichtiger Stein" in der Recherche gewesen. In der Tat wirkt die Darstellung des Terroristen, der aus der Zeit gefallen scheint, authentisch.

Für Ulrich Noethen ("Ein fliehendes Pferd") ist der mürrische Einzelgänger mit dem Vollbart, der sich vor der Wahrheit drückt, eine Paraderolle. Auch Franziska Petri hat einen starken Auftritt. Es ist ein bleierner Film, der nachdenklich macht. Wer aber die Opferperspektive verstehen will, sollte lieber Carolin Emckes "Stumme Gewalt: Nachdenken über die RAF" lesen.

Der Film beginnt am Mittwoch um 22.50 Uhr im Programm von Arte.