Pressemuseum Pressemuseum: Im Spiegel der Zeit
berlin/MZ - Die deutsche Hauptstadt lebt vom Tourismus, von Start-up-Gründungen, Dienstleistungen und Medien. Deshalb werden in Berlin immer neue Ideen geboren, um der Stadt ein breites Angebot an interessanten Institutionen zu geben. Eine davon ist das Anliegen eines sehr aktiven Fördervereins, die deutsche Pressegeschichte kompakt aufzuarbeiten.
Der Initiator und Journalist Holger Wettingfeld, 49, der lange für die Deutsche Welle arbeitete, spricht von einem „zentralen Ort“, an dem das geschehen soll – im Ullsteinhaus im Bezirk Tempelhof. Der kolossale Backsteinbau mit einer langen Geschichte wäre das optimale Behältnis für ein Pressemuseum. Auch der berühmte Fotograf Robert Lebeck, 84, steht hinter der Initiative. Dazu eine wachsende Zahl von Unterstützern wie die Ullsteinbuchverlage, das Museum für Kommunikation, die Humboldt-Universität und das Zeitungsarchiv der Staatsbibliothek.
Sponsoren und Förderung gesucht
Becker & Kries, die Unternehmensgruppe, der das Ullsteinhaus gehört, hat bereits angekündigt, bis zu 1000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung zu stellen. Im Berliner Abgeordnetenhaus wurde das Vorhaben für gut befunden, es soll allerdings „ohne Mittel des Landeshaushaltes“ realisiert werden. Der Pressemuseums-Verein wird in diesem Jahr den Antrag zum dauerhaften Erwerb einer Zeitungssammlung stellen. Gehofft wird auf noch weitere Zusagen von Sponsoren und anderweitige Förderung.
Nach der Zerstörung des Berliner Zeitungsviertels an der Friedrich- und Kochstraße durch die Bomben des Zweiten Weltkriegs etablierte sich im Herbst 1945 die freie, demokratische Presse im Westteil Berlins. Im Ullsteinhaus mit der unübersehbaren Backsteinfassade, in den 1920-er Jahren als Druckhaus errichtet, wurden fünf Tageszeitungen hergestellt, darunter „Die Welt“, „Tagesspiegel“ und „Die Neue Zeitung“. Die „Kiosk-Sammlung“ von Robert Lebeck ist der Grundstock des Museums und soll 2014 ausgestellt werden. Fast hätte er sie an ein Museum im kanadischen Toronto verkauft. Sie umfasst rund 30 000 Exponate zur Geschichte der Fotoreportage von 1839 bis 1973. Aber geplant ist noch viel mehr.
Brüche durchziehen Pressegeschichte
Die deutsche Pressegeschichte ist aufregend wegen der Brüche, bedingt durch die politischen und gesellschaftlichen Umwandlungen im Deutschen Reich und den von den Alliierten besetzten zwei deutschen Staaten. Berlin-, Deutschland- und Europageschichte lässt sich nirgendwo besser studieren als in den Tagesblättern. Wer etwa die Zeitungsreportagen des „rasenden Reporters“ Egon Erwin Kisch liest, kann sich sofort in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hineinversetzen. Die Blätter der dreißiger Jahre geben die Entwicklung unter den Nazis wider, bis sie gleichgeschaltet wurden.
Die Geschichte der deutschen Presse im geteilten Deutschland zeigt die ideologischen Kämpfe im Kalten Krieg und die gesellschaftlichen Entwicklungen beider Staaten. Die nach der Wiedervereinigung die Kämpfe und Krämpfe des Zusammenwachsens. Viele dieser Zeitungen sind bedeutende historische Dokumente, die zudem den Vorteil haben, aus dem Alltag zu berichten, also das Leben von realen Menschen zu erzählen.
Im Internet ist derzeit täglich zu verfolgen, wie sich die freie Presselandschaft unter dem Einfluss des Nationalsozialismus veränderte. Spannender kann Geschichte kaum sein. Das Ullsteinhaus, ein Bauwerk der Sachlichkeit in der Nähe des Teltowkanals, muss nun teilweise umgebaut und musealisiert werden. Die Kosten dafür sind noch nicht definitiv ausgerechnet, aber klar ist schon, dass Berlin sie nicht stemmen kann. Nun darf man gespannt sein, mit wie viel Engagement und tätiger Hilfe diese Museumsidee im Land aufgenommen wird. Vielleicht trägt es dann eines Tages den Namen: Deutsches Pressemuseum.
Das Museumsprojekt im Internet:www.dpmu.de