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Patti Smith erinnert sich an Robert Mapplethorpe

Von Thomas Borchert 05.04.2010, 14:22

Köln/dpa. - Dabei ist das, was Patti Smith, die große Rockpoetin der 70er Jahre, über ihre jahrzehntelange Beziehung mit dem großen Fotografen Robert Mapplethorpe aufgeschrieben hat, mehr als die Geschichte einer Freundschaft. Die 63-Jährige, seit einigen Jahren musikalisch und als Malerin wieder sehr aktiv, beschreibt vor allem auch ihren eigenen Weg bis zum Durchbruch 1975 mit «Because The Night»: von der unscheinbaren Leseratte über die in der ersten Liebesnacht unfreiwillig schwanger gewordene junge Frau, die ihr Kind zur Adoption freigibt, bis zur Zeit als arme, aber wohl auch sehr ehrgeizige Nachwuchskünstlerin im legendären New Yorker Chelsea Hotel.

Smith und der 1989 an Aids gestorbene Mapplethorpe waren ein Paar, bis Mapplethorpe seinen homosexuellen Neigungen folgte. Und als Fotograf der Rockstars und «harter» homoerotischer Szenen berühmt wurde. Die gemeinsame Bohème-Armut in New York, Mapplethorpes Drogenkonsum, der Drang zu schon berühmten Vorbildern wie Bob Dylan und Andy Warhol, die gewaltige Unsicherheit beim Streben nach künstlerischer Anerkennung: Smith schildert all das mit unendlich viel Wärme für ihren toten Ex-Geliebten, der sie für einen Mann und - nicht ganz unwichtig - reichen Mäzen verließ.

Beide hielten eine enge Beziehung aufrecht, bis Mapplethorpe 1989 starb. Smith ist eine wirklich gute Erzählerin, sie spielt in einer komplett anderen Liga als alle möglichen anderen Rock-Legenden, die in solchen Erinnerungen an die guten, alten Zeiten unbeholfen Anekdoten mit anderen Berühmtheiten aneinanderreihen oder von Ghostwritern aneinanderreihen lassen.

Die Anekdoten fehlen auch in diesem Buch nicht. Patti Smith hat als junges, unbekanntes Ding mit Janis Joplin zusammengesessen, die heulte, weil ihr erhoffter One-Night-Stand eine Schönere gefunden hatte. Sie hat Jimi Hendrix artig vor dessen Studio Electric Ladyland guten Tag gesagt und sich vom schwulen Allen Ginsberg anbaggern lassen. Der hielt sie wegen ihres androgynen Looks für einen Jungen. Und sie hatte eine Affäre mit dem Dramatiker Sam Shepard sowie eine feste Beziehung mit dem Rockmusiker und -produzenten Todd Rundgren.

Das liest sich alles interessant, ist aber niemals witzig. Immerhin gibt es was zu schmunzeln, wenn die spätere Punk-Ikone erzählt, wie sie ihre Frisur vom Stil der Folk-Ikone Joan Baez auf den der Rock-Ikone Keith Richard von den Rolling Stones umpolte. Aber sonst geht es in diesem Buch doch betont ernst und edel zu. All die Maler, Lyriker, Rockpoeten hier, einschließlich der Autorin, strebten nach Höherem und waren gute Menschen. Oder sind es, wie Patti Smith, immer noch.

Patti Smith

Just Kids, Geschichte einer Freundschaft

Kiepenheuer & Witsch, Köln,

336 Seiten, 19,95 Euro

ISBN 978-3-462-04228-3