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Österreich Österreich: Georg Danzer schenkt sich sein 40. Album

Von Irmgard Schmidmaier 06.10.2006, 07:42

Wien/dpa. - Die erste Chemotherapie hat erüberstanden und steht bereits wieder auf der Bühne. Zu seinem 60. Geburtstag am 7. Oktober hat er sich bereits selbst das neue Albumals Geschenk überreicht - das 40. in der langen Karriere desMusikers.

«Jemand, der keine Träume hat, führt ein sehr sinnentleertesDasein», sagte Danzer der Nachrichtenagentur APA. Dabei ist seinemusikalische Art zu träumen auch in seinem neuen Album eher vonschwarzem Humor durchzogen denn von naiver Wirklichkeitsferne. Aufgewohnt böse-hintergründige Weise beschäftigt er sich in einigen derneuen Songs auch mit den Themen Alter und Sterben.

So erzählt er von einer alten Frau, die im Koma liegt und sichdarüber amüsiert, dass die Erben ihr Sparbuch nicht finden oderwünscht sich «Genügend Mut und Würde / Wanns amoi ans Sterben geht».Der Musiker glaubt jedoch nicht, beim Schreiben eine Vorahnung gehabtzu haben: «Dass in mir eine Krankheit schlummerte, war mir nichtbewusst.» Die Krankheit wurde dann Ende August diagnostiziert, kurznach dem letzten gemeinsamen Auftritt mit Wolfgang Ambros undRainhard Fendrich als «Austria 3» in Karlsruhe: Lungenkrebs.

Für den Wiener kein Grund aufzugeben oder sich hängen zu lassen.«Ich bin ein hundert Kilo schwerer Brocken an Widerstandskraft»,sagte er dem Nachrichtenmagazin «profil» in einem Interview, mit demer gezielt an die Öffentlichkeit ging, um Sensationsgeschichten oderfalschem Mitleid von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen.Mittlerweile hat er die erste Chemotherapie und Bestrahlungen hintersich und ist optimistisch: «Ich gehe davon aus, dass ich es schaffe -bis zur kompletten Gesundung.»

Als die Diagnose gestellt wurde, habe er gedacht: «Jetzt isteingetroffen, was du längst verdient hast.» Er habe lange nach demMotto gelebt, «was interessiert mich das Morgen». «Ich glaube, ichdarf das Gefühl haben, unverhältnismäßig alt geworden zu sein», gibter zu. Rauchen gehörte ebenso zum selbstverständlichen Lebensstil desMusikers wie lange durchwachte Nächte oder Tournee-Stress.

Sein Werdegang liest sich wie eine klassische Musikerkarriere der1960er, 1970er Jahre: Als Jugendlicher lernt der Sohn aus einerkleinbürgerlichen Familie Gitarre, studiert dann halbherzigPhilosophie und Psychologie. In Wahrheit aber verbringt er mehr Zeitauf Tramptouren durch Europa denn in Hörsälen - und versucht sich alsStudienabbrecher zunächst in einer Musikredaktion desösterreichischen Rundfunks.

Er beginnt zu komponieren und zu texten. Seine erste LP «DerTschik» (umgangssprachlich für «Zigarette») bringt er 1972 auf eigeneKosten heraus. Unverkennbar ist Bob Dylan ein Vorbild des Wieners.Bald schreibt er für Kollegen wie André Heller oder Marianne Mendtund wird zum gefragten Texter/Komponisten in der links-gesellschaftskritischen Wiener Liedermacher-Szene. Für WolfgangAmbros etwa schreibt er unter anderem den Erfolgstitel «Heite drah imi ham» über einen Selbstmörder.

Der Durchbruch als Interpret gelingt ihm, als er 1975 den Randy-Newmann-Song «Naked Man» ins Wienerische überträgt. «Jö schau» machtihn über Österreich hinaus bekannt, die folgenden Alben «Du mi a»(1976) und «Unter die Haut» werden auch in Deutschland zu Hits. Fürdie Alternativszene wird er mit der Single «Morgenrot» eineIdentifikationsfigur, auch die Single «Friede» fand in diesem Lagergroße Anhängerschaft.

Bis Ende der 1990er Jahre veröffentlicht Danzer jedes Jahrmindestens eine LP. Aus seiner politischen Haltung macht er dabei nieein Hehl. So greift er in «Wir werden alle überwacht» die Angst voreinem Überwachungsstaat als Folge der Anschläge der Roten Armee-Fraktion (RAF) auf oder engagiert sich 2000 gegen die erste Koalitionder österreichischen Konservativen mit Jörg Haiders FreiheitlicherPartei.

Auch als Mitglied der «Austria 3» mit Ambros und Fendrich setzt ersich immer wieder für soziale Projekte wie ein Seniorenheim fürObdachlose oder für die Menschenrechtsorganisation «SOS Mitmensch»ein. Angst hat er jetzt nur vor einer Vorstellung: «auf derRaststätte automatisch auf den Seniorenteller hingewiesen zu werden».