Museen Museen: Kein Platz im Zwinger

Dresden/dpa. - «Das Schönste, das Wertvollste und das Beste der Mineralogie, Geologie und Zoologie ist hier zu finden», schwärmt Ulf Linnemann von den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Dresden. Zahlreiche Objekte sind von Weltrang. «Tragisch ist, dass dieser Schatz seit 1945 aus Platzmangel in Vergessenheit geraten ist», sagt der Direktor des Museums für Mineralogie und Geologie. Notwendig sei ein Gebäude, in dem Stücke des 6,5 Millionen Objekte umfassenden Bestandes dauerhaft gezeigt werden könnten, mahnt er.
Während die Tierkunde gar keine Präsentationsmöglichkeit habe, sei die Ausstellung seines Museums im Zwinger auf knapp 200 Quadratmetern äußerst bescheiden. So funkeln Minerale von Weltruhm seit Jahren nur gelegentlich im Licht der Öffentlichkeit, meist sind sie verborgen im Dunkel der Depots. Dabei hatte der legendäre Kurfürst August der Starke (1670-1733) den naturwissenschaftlichen Sammlungen vor 275 Jahren einst seine schönste Immobilie zur Verfügung gestellt: den von Barock-Architekt Pöppelmann neu erbauten Zwinger.
Die Wurzeln des Museums gehen auf Bestände der 1560 gegründeten sächsischen Kunstkammer zurück. Aus dem ersten, 1587 angelegten «Inventarum ueber des Churfürsten zu Sachsen Kunst-Cammern» geht hervor, dass diese auch sächsische Schmucksteine wie den «Amethyst von Warmbad» oder den «Jaspis von Lungwitz» und Gesteine wie Zöblitzer Serpentin, Stolpener Basalt oder italienische Marmor-Proben enthielt.
1728 wurden das Naturalien- und Mineralienkabinett ausgegliedert und die Naturwissenschaftlichen Sammlungen gegründet. Das einstige Mineralienkabinett ist eine der ältesten geowissenschaftlichen Institutionen der Welt. Die Sammlung umfasst 60 000 Mineralstufen - Gold, Silber und Edelsteine, etwa 52 000 Gesteinsbelege und mehr als 390 000 Fossilien. Zu den Kostbarkeiten gehören wertvolle Teile des 1477 geborgenen «Silbernen Tischs» aus dem Erzgebirge, Meteoriten, das Pflanzenfossil «Raumeria», ein Entenschnabelsaurier-Gelege mit 21 Eiern oder Abdrücke von Seesternen aus dem Elbsandsteingebirge.
Schon bei der Feier zum 200. Jahrestag der Gründung 1928 beklagte der damalige Direktor das «Desinteresse der Obrigkeit» an den Sammlungen. Zehn Jahre später wurden sie das Staatliche Museum für Mineralogie und Geologie, das im Zweiten Weltkrieg erhebliche Verluste erlitt. Seit 1999 hat es zwar ein modernes Funktionsgebäude am Rande des Stadtzentrums mit Labors, Forschungsbüros und Depots. «Ein Museum besteht aber aus Forschung, Sammlung und Ausstellung», sagt Linnemann.
«Es kann nur zur Blüte gelangen, wenn in Regierungskreisen ein wahres Interesse für solche Einrichtungen besteht», spielt Linnemann auf die Historie an. Dies sei derzeit offensichtlich sehr mangelhaft. Dabei zeugten tausende Schauobjekte von der Entwicklung der Erdgeschichte sowie von der bergmännischen Begeisterung der Sachsen. «Wir brauchen ein Ausstellungsgebäude, sonst verschwinden wir in der Versenkung», mahnt Linnemann.