Mecklenburg Mecklenburg: Störtebecker kämpft zum 18. Mal auf Rügen

Ralswiek/dpa. - Weißer Nebel wabert über den Bühnensand undtaucht die Naturbühne Ralswiek (Insel Rügen) in ein unwirklichesLicht. «Klaus Störtebeker. Berühmt und berüchtigt taucht er aus demNebel der Geschichte auf», hebt eine Männerstimme - passend zumGeschehen - aus dem Off an. Allein schon der schimmelreitergleicheRitt des legendären Recken durch den Dunst animierte am Samstagabendeinen Teil der rund 8000 Premierengäste der 18. Störtebeker-Festspiele zu einem ersten Szenenapplaus.
Die Festspiele - gemessen an den Besucherzahlen seit JahrenDeutschlands beliebtestes Open-Air-Spektakel - haben eine festeFangemeinde. Schon mehrere Stunden vor dem ersten Kanonenschuss warendie Jünger Störtis mit Picknickkörben und Decken in das beschaulicheDörfchen an den Großen Jasmunder Bodden gereist, um sich auf denRalswieker Rasenflächen bei Bratwurst und Kartoffelsalat auf dasPiratenspektakel einzustimmen. Rund 200 000 Karten wurden in dieserSaison bereits verkauft oder vorreserviert - ein neuerVorverkaufsrekord.
Im diesjährigen Stück «Störtebekers Gold - Der Fluch der Mauren»macht sich der Freibeuter (Sascha Gluth) mit seinen Mannen auf denWeg nach Andalusien. Das Stück unter der Regie von Holger Mahlich istder zweite Teil einer Trilogie, in der der Pirat - historisch zwarnicht belegt, aber durchaus effektvoll - dem legendären Templerschatznachjagt. Vor einem Jahr wurde der Haudegen von der norddeutschenWaterkant aus dem ersten Part des Dreiteilers mit einer eisernenLilie und dem Hinweis entlassen, sein Glück im andalusischen Granadazu suchen.
Um es vorweg zu nehmen, Störtebeker erlebt, woran andere Jäger desTemplerschatzes wie Tom Hanks als Robert Langdon oder Nicholas Cageals Benjamin Gates schon verzweifelten: Einem Zeichen folgt wiedernur ein Zeichen. Am Ende eines dialogreichen, mit gewagten Stunts undpyrotechnischen Knalleffekten gespickten Abends findet der Held ausdem 14. Jahrhundert eine Karte, einen Kompass und die Liebe -letztere in Person der schönen und mit einem Fluch belasteten Maria(Claudia Gaebel), die - man ahnt es - irgendwie mit den Templern inVerbindung steht. «Kurs Schottland», heißt es zum Schluss einesunterhaltsamen und familientauglichen Freiluft-Theaterabends, an demdas Gute siegt und das Schlechte - eine genuesische Bank - inTrümmern liegt.
Falk von Wangelin schuf für die 80 Meter breite Bühne mit demMaurenpalast Alhambra und den typischen weiß gekalkten andalusischenHäusern eine farbenprächtige Kulisse. In ihr zeichnet Mahlich dieStadt Granada als den Prototyp eines funktionierenden Multikulti-Staates, in dem Christen, Juden und Muslime Ende des 14. Jahrhundertsfriedlich zusammenleben. Das Gegenbild bildet das italienische Genuamit dem raffgierigen Banker Baptista de Rocca (Mario Ramos) undseiner eloquenten (Über-)Mutter (Ingrid van Bergen).
Neben 30 professionellen Darstellern wirken an dem maurischen Epos120 Laien mit, deren Leistung zum Erfolg beiträgt. Dank der vielenDarsteller gelingen auf der weitläufigen Bühne quirlige Massenszenen,in den Gewürz- und Teppichhändler und Obstverkäufer ihre Warenanpreisen sowie Kamele durch den Sand laufen. «Das heutige Publikum,vom Fernsehen und Kino verwöhnt, muss bei uns eine ansprechendeLeistung finden», beschreibt Intendant Peter Hick den Anspruch derStörtebeker-Festspiele. Die Produktion kostete 5,5 Millionen Euro.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1993 schreiben die FestspieleErfolgsgeschichte. Nicht künstlerische Selbstverwirklichung zumSelbstzweck sei das Ziel. «Wir wollen spannende, die Zuschauerberührende Geschichten erzählen», sagt der Intendant. Das Spektakelwird bis 4. September jeweils montags bis samstags gezeigt.
