1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Magdeburger Opernhaus: Magdeburger Opernhaus: «Sorglos-Paket» für Musiker

Magdeburger Opernhaus Magdeburger Opernhaus: «Sorglos-Paket» für Musiker

Von DÖRTHE HEIN 23.12.2010, 18:15

MAGDEBURG/DPA. - Bevor in der Landeshauptstadt bis zu 60 Musiker im Orchestergraben des Opernhauses spielen, arbeitet einer auf Hochtouren. Es ist Orchesterwart Axel Arnhold. Er sorgt für den rückenfreundlichen Stuhl bis zu den Noten. Und die Tücken der Musiker kennt er auch.

Ähnlichkeiten mit Zeugwart

Ohne den rührigen und schnellen Arnhold käme im Opernhaus in Magdeburg kein Konzert zustande. Dabei kann der 47-Jährige nach eigenen Angaben keine einzige Note lesen. Ein Instrument spielt er auch nicht. Arnhold ist Orchesterwart. Aus dem Sport kennt jeder den Zeugwart, der den Fußballern die Trikots und Fußballschuhe bereitstellt und für perfekte weiße Linien auf dem Spielfeld sorgt. Das lässt sich auf Arnholds Job im Orchestergraben natürlich nicht ganz übertragen. Doch der Job hat gewisse Ähnlichkeiten. Was alles dazugehört? "Alles, was passiert, bevor und nachdem das Orchester spielt", antwortet der 47-Jährige mit dem akkurat geschnittenen Bart. "Früher hieß es Orchesterdiener. Damit er aber nicht zum Diener der Musiker wird, muss er sich hier und da kräftig durchsetzen", sagt Arnold und schmunzelt.

Es geht darum, dem Orchester das Spielen zu ermöglichen. Und dies möglichst störungsfrei. "Das Notenmaterial muss da sein, die Stühle am richtigen Platz, auch die Pulte muss ich hinstellen." Skizzen zeigen Arnhold, wie das Mobiliar positioniert werden muss. Von der Ankündigung eines Stückes bis zu dieser Zeichnung ist es oft ein langer Weg mit vielen Diskussionen. Schließlich muss Arnhold unter Umständen sehr viele Musiker im rund 100 Quadratmeter großen Orchestergraben unterbringen. "Bei Turandot zum Beispiel sind es 55 bis 60." Das braucht viele Gespräche mit den Beteiligten. "Wir können nur die technische Seite prüfen, was fehlt, was nicht", sagt Arnhold, der an seiner Seite noch einen weiteren Orchesterwart hat.

"Natürlich hat jeder Musiker seine Befindlichkeiten. Damit muss man vorsichtig umgehen", sagt Arnhold. Viele Dinge sind einzusehen: Da gibt es Musiker, die nach der geplanten Sitzordnung den Dirigenten nicht sehen, andere können sich selbst nicht hören, weil ein benachbartes Instrument zu laut ist.

Arnhold sagt dazu: "Es gibt keine unüberwindbaren Probleme." Es braucht nur mehr oder weniger Aufwand, sie zu beheben. Neben allem guten Willen der Musiker stellt Arnhold aber auch fest: Auf individuelle Bedürfnisse der Musiker nimmt Arnhold in gewissen Rahmen Rücksicht. "Da gibt es eine Geigerin, die Rückenprobleme hat und einen speziellen Stuhl bekommt, wenn sie Dienst hat." Ein Cellist, der über zwei Meter groß ist, braucht natürlich auch mehr Platz als eine kleine Flötistin.

Was alle brauchen und bekommen, sind ihre Noten. Arnhold legt sie rechtzeitig vor dem Konzert aus und sammelt die Blätter anschließend wieder ein. Wenn die Musiker an einer ungünstigen Stelle umblättern müssten, kopiert er das Material, um das ungestörte Spiel zu ermöglichen. Es gehe um das "Rundum-sorglos-Paket". "Sie sind ja hier, um Musik zu machen."

Pannen gibt es auch

Da Orchesterwart kein Ausbildungsberuf ist, kommen seine Kollegen laut Arnhold oft aus verwandten Berufen wie Balletttänzer oder Musiker. Er selbst - Mathematik- und Physiklehrer, Datenverarbeitungskaufmann und Gießereifacharbeiter - kam 1997 sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kind an diesen Job. Als Vertreter für Büromaterial kam er auch im Theater vorbei, übernahm eine Krankheitsvertretung und wurde schließlich dauerhaft Mitarbeiter des Theaters.

So unentbehrlich er für das Orchester ist, genießen kann Arnhold die Konzerte nicht. "Ich habe überhaupt keine Zeit, mir das anzuhören." Umbauten und Vorbereitungen stehen auf dem Plan. Dabei geht natürlich auch mal etwas schief. Einmal vergaß Arnhold in einer zweiten Pause, dem Dirigenten die neue Partitur auf das Pult zu legen. Der fing an, auswendig zu dirigieren, ein Musiker stürmte raus und gab dem Orchesterwart Bescheid, der sogleich die Noten vorlegte. "Das darf eigentlich nicht vorkommen", sagt Arnhold. DieLehre daraus: Seit dem Vorfall liegen alle Noten für die Vorstellung neben dem Dirigenten auf einem Hocker.