Kinostart: 31. Januar Kinostart: 31. Januar: «In die Wildnis»

Rom/dpa. - Mit 22 Jahren, kurz nach seinem Universitätsabschluss amEmory-College in Atlanta, macht er sich 1990 auf in Richtung Norden.Sein Ziel ist Alaska. Er will allein in die Wildnis gehen und sichdort auf unbestimmte Zeit mit der Natur und mit sich selbst messen.Zwei Jahre später wird seine Leiche in einem alten Bus am StampedeTrail unweit des Denali National Parks gefunden. Oscar-PreisträgerSean Penn («Mystic River») gelang nun das fast Unmögliche: Er setzteMcCandless' Geschichte in ein bildgewaltiges, teilweise rauschhaftes,aber gleichzeitig sehr poetisches Leinwandepos um.
«McCandless wollte sich selbst herausfordern, und es wärelächerlich von uns auch nur zu versuchen, ihn für die Art und Weise,wie er dies tat, zu verurteilen», sagt Penn zu seinem Film. «In dieWildnis», heißt das 140-Minuten lange Werk, das auf dem gleichnamigenTatsachen-Roman des Journalisten und Extrembergsteigers Jon Krakauerberuht. Schon kurz nachdem das Buch 1997 im amerikanischen Originalauf den Markt kam, las Penn es gleich zwei Mal in Folge - und warfasziniert. «Am nächsten Tag habe ich begonnen, mich um dieFilmrechte zu bemühen», erinnerte er sich später.
Dennoch sollte es noch ein weiter Weg werden, bis das ProjektWirklichkeit wurde. Als es 2006 endlich soweit war, musste dasgesamte Filmteam monatelang selbst gegen die Mächte der Natur kämpfenund unter härtesten physischen Bedingungen arbeiten. Denn ChristopherMcCandless - im Film wunderbar gespielt von Jungstar Emile Hirsch -war selbst einen weiten Weg gegangen, noch bevor er in die Wildnisaufbrach.
Kalifornien, die Wüste Arizonas, die Stromschnellen des GrandCanyon und Mexico - all dies waren wirkliche Stationen seiner Reisenach Alaska. «Manchmal war es eiskalt, andere Male haben Mitgliederder Crew hingegen Hitzschläge erlitten», sagte Hirsch im vergangenenOktober bei der Präsentation auf dem Filmfest von Rom, wo derStreifen frenetisch gefeiert wurde. Bei seinem Aufbruch hatteMcCandless seine gesamten Ersparnisse von 24 000 Dollar fürwohltätige Zwecke gespendet und sich in «Alexander Supertramp»umbenannt - in Anlehnung an W.H. Davies' «Supertramp - Autobiographieeines Vagabunden».
Penn erzählt die Lebensgeschichte des Aussteigers, dessen Tod nachder Auffindung seiner Leiche 1992 vor allem in Amerika fürSchlagzeilen gesorgt hatte, mit viel Einfühlungsvermögen. McCandlesswar der Rückweg in die Zivilisation nach der Schneeschmelzeversperrt, so dass er letztlich in dem ausrangierten Bus verhungerte.In Rückblenden gibt Penn dem Zuschauer nach und nach Einblick in dieKindheit und in die außergewöhnliche Reise seines Protagonisten -immer wieder untermalt und bereichert durch Tagebucheintragungen undPostkarten, die McCandless unterwegs geschrieben hatte und die nachund nach auf der Leinwand eingeblendet werden.
Dabei wird klar, dass auch das schwierige Verhältnis zu seinenewig zerstrittenen Eltern - grandios dargestellt von William Hurt undMarica Gay Harden - Einfluss auf die radikale Entscheidung des jungenChristopher hatte, alles hinter sich zu lassen und seinen Idealen undhohen Moralvorstellungen zu folgen. Einzig mit seiner SchwesterCarine (Jena Malone) verband ihn eine innige Beziehung - und so istes auch Carine, die im Film versucht, das Innenleben ihres Brudersund seinen unbezähmbaren Willen zum Ausstieg zu erklären.
Auf seiner Reise traf der junge Chris auch zahlreiche Menschen,deren Herzen er berührte: ein Hippie-Paar, einen alten Witwer, einejunge Sängerin und einen Farmer. Aber das letzte Stück des Weges indie Wildnis, den wollte er allein gehen, um dort «die ultimativeFreiheit» zu finden, wie er selbst sagte.
Begleitet werden die hinreißenden Landschaftsaufnahmen vonbewegenden Folksongs des Pearl-Jam-Frontmanns Eddie Vedder. Undwährend so mancher Kritiker anmerken mag, dass Christopher McCandlessschlicht ein Irrer war, der den Tod suchte, versucht der Film garnicht erst, Antworten zu finden. Der Zuschauer fühlt schlichtZuneigung zu diesem außergewöhnlichen jungen Mann, der einfach anderswar, der anders leben wollte als so viele seiner Zeitgenossen. Ertat dies unter dem Verzicht auf jeglichen Komfort, mit Reife undabsoluter Kompromisslosigkeit - bis zum Tod im «Magic Bus».