Kinostart: 27. Januar Kinostart: 27. Januar: «Vom Suchen und Finden der Liebe»

Hamburg/dpa. - Auch in Dietls Gesellschaftssatiren «Schtonk», «Rossini» und «LateShow» funkelten schon Drama, Melancholie und Sehnsucht als Gegenpolezu beißendem Witz. Nun sind die Gewichte anders verteilt: Die Sachemit der Liebe ist dem 60 Jahre alten Perfektionisten so ernst, dasser sie nicht mehr satirisch bloß stellt, sondern Grundmuster undKlischees mit dem Orpheus-Mythos der griechischen Klassik kombiniert.Die Liebe überwindet die Grenze des Todes - natürlich nicht ganz ohneKomik und Hintersinn, aber das ist nicht das Hauptanliegen desDrehbuchs, das Dietl wieder mit dem Autor Patrick Süßkind gemeinsamverfasst hat.
Die große Liebe haben der Komponist Mimi Nachtigall (MoritzBleibtreu) und die junge Sängerin Venus Morgenstern (Alexandra MariaLara) gefunden. Er arbeitet mit ihr und an ihr und macht sie mitseinen Chansons zum Star. Das perfekte Paar? Nein, endloseStreitereien gipfeln in einer öffentlichen Trennungsszene auf derBühne. Venus sucht sich einen weniger anspruchsvollen Freund. Mimisucht den Tod. In der griechischen Ferienvilla von Theo (UweOchsenknecht) nimmt er sich das Leben.
Vorbei ist damit freilich lange nichts. Dietl wagt das Experimentund entfernt sich vom sicheren Terrain der Realwelt. Ein finstererFährmann setzt Mimi über in eine digital erschaffene Unterwelt. Indiesem mythologischen Kinohades kümmert sich Hermes (Heino Ferch) umden Unglücklichen und buhlt um dessen Zuneigung. Und auch Venuserkennt, dass sie ohne Mimi nicht leben will. Wie Orpheus, der seinerEurydike in die Schattenwelt folgte, steigt sie ins triste Totenreichhinab und befreit Mimi. Auf dem Rückweg durch duftige Wolken gilt fürbeide jedoch wie in der griechischen Sage: Schaut nicht zurück!
Das ist der ernsthaft romantische Part der Geschichte. Bezüge zumwirklichen Leben sind durchaus gewünscht. Moritz Bleibtreu sieht mitBart und langen Haaren aus wie sein Regisseur in jung. Und hatteDietl nicht selbst mit Veronica Ferres eine Liebesbeziehung, in derer sie formte und berühmt machte, worauf sie ihn verließ?
Feine Satire haben die Randgeschichten zu bieten: Uwe Ochsenknechtund Anke Engelke brillieren als unglücklich-entfremdetes Paar, dasden raren Sex per Terminkalender plant. Engelke landet sogar mitihrem Late-Night-Vorgänger und -Nachfolger Harald Schmidt zuTherapiezwecken im Bett - ein amüsanter Medien-Coup der besonderenArt. Justus von Dohnanyi spielt einen unkultivierten Musikproduzentenals naiv-geschäftstüchtige Dieter-Bohlen-Karikatur und Heino Ferch,der seriöse Held des deutschen Films, verwirrt als wandlungsfähigerHermaphrodit mit knackigen Brüsten unter der güldenen Lockenpracht.
Gefühl, Intelligenz, Humor und durchgestylte Bilder, garniert mitOpernmusik von Gluck und Chansons von Dietl/Süßkind: «Vom Suchen undFinden der Liebe» unterhält und geht zu Herzen. Fans des «alten»Helmut Dietl werden die gnadenlose Leichtigkeit vermissen, mit der erzuvor die schicken Cliquen in München und anderswo aufs Korn genommenhat. Da wünscht man sich doch als nächsten Film ein Melodram überRudolph Moshammer.

