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Jakob Fugger  Jakob Fugger : Geld schreibt Geschichte

Von Kai Agthe 22.12.2016, 09:00
Blick in die von Jakob Fugger 1521 gestiftete Fuggerei in Augsburg
Blick in die von Jakob Fugger 1521 gestiftete Fuggerei in Augsburg dpa

halle - Als Jakob Fugger bereits ein reicher Mann war, wurde er einmal gefragt, weiß Greg Steinmetz zu berichten, wie lange er zu arbeiten gedenke. Fugger (1459-1525) erwiderte, durchaus zur Verblüffung seines Gegenübers, dass kein Geld der Welt ihm je genug sei. Egal wie viel er besäße, gedenke er, „Profit zu machen, so lange ich dazu in der Lage bin“. Dieses Gelübde erfüllte er: Bis zu seinem letzten Atemzug blieb der Augsburger geschäftlich aktiv und gewann damit ein einzigartiges Vermögen. Fugger war der erste Mensch, der Reichtum nur um des Reichtums willen anhäufte. Und er war laut seines Biografen der reichste Mann der Geschichte, der – mögen Vergleiche aus dem Abstand von 500 Jahren auch hinken – noch vor Superreichen wie Rockefeller und Bill Gates rangieren würde.

Jakob Fugger, der von seinen Eltern eigentlich für das geistliche Amt vorgesehen war, stieg vom Enkel eines Bauern zum bedeutendsten Kreditgeber in Europa auf. Könige, Kaiser und Päpste standen an, um sich von dem Augsburger Geld zu leihen. Das machte ihn zum einflussreichsten Bankier auf dem Kontinent: „Seine Taten beeinflussten den Lauf der Geschichte stärker, als die der meisten Herrscher, Revolutionäre, Propheten und Dichter“, schreibt Steinmetz.

Jakob Fugger kalkulierte kühl

Der US-amerikanische Autor, von Hause aus Journalist, ist als Wertpapieranalyst für eine Gesellschaft zur Vermögensverwaltung in New York tätig. Er hat mit seiner Fugger-Biografie ein Porträt vorgelegt, das nicht nur die Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts verständlich erläutert, sondern so gut lesbar geschrieben ist, dass es sich auch für Laien empfiehlt.

Fugger kalkulierte kühl und wirtschaftete mit so viel Übersicht, dass sein Unternehmen selbst nach seinem Tod und unter Leitung seines Neffen Anton weiter wuchs. Historische Zahlen in aktuelle Währung umzurechnen, ist jedoch problematisch, obwohl verschiedene Methoden zur Verfügung stehen. Der Goldgehalt des rheinischen Guldens etwa kann als Grundlage dienen: „Jakobs Anteil von 667 790 Gulden nach der Inventur von 1527 ergäbe ein persönliches Goldvermögen von 1 660 Kilogramm. Umgerechnet nach dem aktuellen Kurs entspräche das zirka sechs Milliarden Euro.“ So zu lesen auf der Fugger-Internetseite. Gemessen an der Kaufkraft hätte man zu Fuggers Zeit freilich ein Vielfaches von dem bekommen, was heute mit einem Betrag von sechs Milliarden Euro erstanden werden könnte. Auch wenn der Geldverleih ein zentrales Geschäftsfeld war, verdiente Fugger das große Geld vor allem mit Beteiligungen im Montanwesen, etwa im Silber- und Erzbergbau.

Alles, was er über das Bank- und Handelsgeschäft wissen musste, lernte Fugger in Venedig, dem damals wichtigsten europäischen Handelsplatz. Die doppelte Buchführung brachte er aus der Lagunenstadt mit. Deren Vorteil für die Unternehmensführung erkannt zu haben, spricht, so Steinmetz, für „seinen intuitiven Geschäftssinn“. In kurzer Zeit etablierte sich Fugger als Berater und konkurrenzloser Finanzier der Habsburger: „Wenn ein gewöhnlicher Bürger Geld hatte, konnte er jeden – selbst einen Kaiser – Männchen machen lassen“, notiert Steinmetz. Daraus wurde im Lauf der Zeit eine Männchen-Parade: Denn die Kaiser Maximilian I. und Karl V. liehen sich ebenso schwindlig machende Beträge wie der Vatikan. So finanzierte Fugger etwa die Schweizer Garde von Papst Julius II.

Um seine Schulden bei Fugger abzustottern, überließ der in Halle residierende Kardinal Albrecht von Brandenburg die ihm zustehende Hälfte der Gewinne aus dem von Papst Leo X. verkündeten Ablass für den Bau des Petersdoms in Rom. Obwohl für Fugger nur ein Nebengeschäft, rief die Beteiligung am Ablass die Kritiker auf den Plan: Ulrich von Hutten, Thomas Müntzer und Martin Luther wüteten deshalb gegen den Erzkatholiken und „Wucherer“ Fugger.

Martin Luther hätte Jakob Fugger gerne enteignet

Der Reformator, der den Peters-Ablass zum Anlass nahm, seine 95 Thesen zu verfassen, verkündete, er wolle „dem Fugger und dergleichen Gesellschaft einen Zaum ins Maul legen“, ihn enteignen. Ironie der Geschichte: Luther wurde unfreiwillig zu Fuggers Verbündetem, forderte der Wittenberger doch in seiner Schrift „Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bawern“ (1525): „Tötet sie alle!“ Fugger gehörte zu jenen, die den Fürsten das Geld vorstreckten, mit dem sie ein Heer aufstellen und die Bauern schlagen konnten.

Der Augsburger stellte seinen Reichtum nicht nur gern zur Schau, sondern – und das übersah auch Luther geflissentlich – einen Teil davon karitativen Zwecken zur Verfügung. So ist Jakobs Name mit der Fuggerei verbunden, jener Reihenhaussiedlung in Augsburg, die sozial Schwachen vorbehalten war. Anfang der 1520er Jahre errichtet, ist sie das älteste erhaltene Sozialwohnungsquartier der Welt.

Die Siedlung wird bis heute aus dem von Jakob Fugger eingebrachten Stiftungsvermögen unterhalten. Dadurch ist die Miete seit 500 Jahren eine symbolische geblieben: In den 140 Wohnungen der 67 Häuser leben derzeit 150 bedürftige Augsburger Bürger katholischen Glaubens für eine Jahreskaltmiete von 0,88 Euro. Das entsprach zur Erbauungszeit einem rheinischen Gulden und damit dem Monatslohn eines Tagelöhners.

Greg Steinmetz: „Der reichste Mann der Weltgeschichte. Leben und Werk des Jakob Fugger“, Finanzbuch Verlag, 303 Seiten, 26,99 Euro

Mehr zur Familie Fugger unter:

www.fugger.de

(mz)

Albrecht Dürer: Jakob Fugger (Ölgemälde, 1518)
Albrecht Dürer: Jakob Fugger (Ölgemälde, 1518)
picture alliance