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Hartwig Ebersbach Hartwig Ebersbach: Maler drückt auf die Tube

Von Günter Kowa 08.10.2002, 14:20

Magdeburg/MZ. - Sechzehn Leinwände, vom Fußboden bis zur Decke, füllen die Wände im großen Ausstellungssal des Magdeburger Klosters Unser Lieben Frauen, der Fensterseite gegenüber. Hartwig Ebersbachs jüngste bildliche Äußerungen brauchen das Licht, denn sie sind pure Farbe, aus der Tube gedrückt, mit Pinsel und Spachtel in Schlieren dick und pastos über die Leinwand gezogen.

Eine "eng ineinander verwobene Abfolge von Träumen und Überlegungen, gezielten Handlungen und konzentrierter Ekstase" nennt sie das überformatige Begleitbuch. In einem darin abgedruckten Gespräch des Künstlers mit dem Leipziger Kunsthistoriker Peter Guth und dem Kunsttheoretiker Bazon Brock erzählt Ebersbach von der Herkunft der Bildthematik aus seinen Träumen. "Blitze" habe er gesehen, "die aus der Erde kommen", und in diesen Blitzen "habe ich mich selbst beleuchtet".

Und ganz unironisch sagt Peter Guth, "Hartwig, es kommt so weit, dass du gar nicht mehr malen musst, das wäre eine ideale Vorstellung." Das, was für diese jüngste Werkreihe des ewigen "Kaspar"-Künstlers in Anspruch genommen wird, ist eben gerade die Befreiung aus der in sich kreisenden Selbstreflexion. "Die aktuelle Frage nach der Malerei wird in der Malerei untersucht und reflektiert."

Dagegen scheint nicht zu sprechen, dass Ebersbach für die "Blitzzeichen" die für ihn typischen reißerischen Titel erfindet, zum Beispiel "Töten und Zerlegen eigen Fleisch und Blutes" oder "Lebendgebärende Vögel zertreten." Diese Titel schließen an Ebersbachs Selbstdefinition des "Haruspex" an und meinen den seherischen Eingeweideschauer antiken Vorbilds.

Die Bilder aber zeigen nach Ansicht der Kuratoren einen künstlerisch neuen Ebersbach. Dieser tritt demnach aus dem Akademismus nicht nur seines eigenen Werkes heraus, sondern auch dem der Leipziger Schule. Um diese Sicht zu belegen, vereint das Museum eine Auswahl jüngeren Schaffens vor den "Blitzzeichen". Auch das Buch will in einer Fotoserie zeigen, wie der expressive Gestus Ebersbachs einem meditativen Malvorgang gewichen ist - selbst wenn man es in Anbetracht des schwülstig wilden Ergebnisses relativiert. Ebersbach - so viel ist deutlich - hat die bildnerische Auseinandersetzung um Fläche und Raum hinter sich gelassen. Aber wer hätte gedacht, dass die vermengte Farbe aus ausgequetschten Tuben nochmal soviel Aufbruchsgeist bedeuten soll.

Bis 10. November, Di-So 10-17 Uhr. Buch 24,50 Euro.