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"Hart aber fair" mit Frank Plasberg "Hart aber fair" mit Frank Plasberg: Adolf Hitler war ein Vegetarier

Von Thomas Geisen 10.11.2014, 22:46
Frank Plasberg
Frank Plasberg WDR/Klaus Görgen Lizenz

Köln - Bettina Hennig wurde drastisch: In einem Münchner Lokal saß sie einem Bekannten gegenüber, der Fleisch in sich reinmampfte, Speichel in den Mundwinkeln, ein Fressmonster. Da musste sich die promovierte Kommunikationswissenschaftlerin eben ein bisschen übergeben. Schöne Geschichte, und der Urknall für sie, sich über die Zwischenstufe „vegetarisch“, später sogar nur noch vegan zu ernähren. Und nun ist sie glücklich.

Sie solle sich doch andere Freunde suchen und Fleisch essen, feixte die Männer-Runde bei Plasberg.

Nun denn, wie so oft im Leben, wenn denn jemand den Fleischeslüsten abschwört, gerät er in Rechtfertigungszwang. Spätestens seit dem letzten Bundestagswahlkampf, als die Grünen mit ihrem Vorschlag, in deutschen Kantinen einen fleischlosen „Veggie Day“ verpflichtend zu machen, hat das Thema Essen, Bio und Moral die Deutschen auffallend in einen absurden Empörungszustand versetzt. Was jeder Gesundheitspolitiker in der „Apothekenumschau“ oder im Dritten Fernseh-Programmen propagieren kann - als politische Forderung verbrämt, wurde es zum Wahl-Super-Gau für die Öko-Partei.

„Hart aber fair“ gehen die Themen aus

Plasbergs wärmte das  Thema also wieder auf: Wie gesund ist unser Fleisch, betrügen die Produzenten, sind Vegetarier Ernährungsdiktatoren. Jürgen Abraham, der  1971 zusammen mit seinem Bruder die „Abraham Schinken“-Gruppe gründete und der mittlerweile auch in Belgien und in Spanien produziert, entfuhr es: „Darüber haben wir doch schon vor einem Jahr hier geredet.“ Womit zwei Dinge bewiesen waren: „Hart aber fair“ gehen offensichtlich die Themen aus, und Abraham hat offensichtlich seine Methoden nicht geändert. Konkret ging es um die Produktion und Bezeichnung von Schwarzwälder Schinken: Geräuchert tatsächlich im Schwarzwald, geschnitten in 600 Kilometer Entfernung,  Und das Fleisch kommt aus Dänemark, Belgien, Spanien und Deutschland. Rechtlich alles einwandfrei, wie auch Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU) bestätigte. Außerdem musste der Schinken-Produzent zugeben: „Im Schwarzwald gibt es eben nicht so viele Schweine“.

Wer da Verrat und Betrug schreien sollte - der CSU-Minister versuchte, die Empörung zu bremsen und berichtete von einem „Regionalfenster“, das auf Verpackungen demnächst Herkunft und Verarbeitungsort des Fleischs angeben soll. Und da die Deutschen ja so viel Wert auf „Regionales“ legen: dieses Gebiet soll möglichst eng gefasst werden, bislang gilt noch die Faustformel: regional heißt kleiner als die Bundesrepublik.

Tatsächlich wurde der Zuschauer dann doch den Eindruck nicht los, dass diese Talkshow im Grunde eine Parodie war, in der sich zweitklassige Prototypen altbekannte Stereotypen an den Kopf warfen. Der latent aggressiv wirkende Andreas Hoppe, Schauspieler und „Tatort“,-Assistent von Ulrike Folkerts, sang eben das Hohe Lied der Regionalisierung: „Man muss sich mehr Zeit nehmen fürs Essen“, damit meinte er auch fürs Kaufen.

Michael Miersch,  Wissenschaftsjournalist und Autor des Buches „Alles grün und gut?" beklagte dieses „moralische Überlegenheitsgefühl der“ der „Klassenkämpfer“ und unterstellte den Regionalisten sogar einen „privaten Protektionismus“. Schließlich würden viele Länder in der Dritten Welt vom Lebensmittelexport leben.

Kampf ums reine Gewissen

Und so saßen die Diskutanten vor den imaginären Schweinen, Ochsen und Brathähnchen, kämpften ums reine Gewissen und die reine Lehre, rechneten aus, dass die 97 Millionen Hähnchen, die die Deutschen pro Jahr vertilgen, nach Bio-Richtlinien den Platz von Berlin und dem Saarland bräuchten, oder dass die weltweit eine Milliarde jährlich herangezüchteter Schweine ganz Australien bevölkerten, wenn sie denn „bio“ sein sollten. Außerdem wäre das Produkt auch viel zu teuer: 25 Euro ein Bio-Huhn, fünf Euro „herkömmlich“. Was folgte? Richtig, das Argument, eben weniger Fleisch zu essen. So vernünftig wie erwartbar.

Und an der Stelle schaltete sich Michael Miersch wieder ein: der Mensch sei  halt ein Allesfresser, unser Gehirn nur durch Fleisch so entwickelt. Daraufhin wurde der  Veganerin Hennig wieder fast so schlecht wie beim Münchner Fressmonster, sie sprach mit Blick auf die Gehirn-Thesen Mierschs vom Bullshit-Bingo, bei dem nur noch die Bemerkung fehle, dass „Hitler Vegetarier“ war.

Und so blieb alles in allem die Diskussion so fade wie offensichtlich das Tofu-Hühnchen, das am Schluss der Runde serviert wurde. Kartoffeln und Salat sollen aber lecker gewesen sein.