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Guns N' Roses auf Comeback-Tour Guns N' Roses Comeback-Tour: Konzert in Berlin

Von Steffen Könau 04.06.2018, 12:55
Axl Rose sorgt in Berlin für Rock-Atmosphäre.
Axl Rose sorgt in Berlin für Rock-Atmosphäre. Steffen Könau

Wenigstens 20 Minuten lang erinnert Axl Rose seine Fans an die guten alten schlechten Zeiten. Es ist schon nach 19 Uhr im Berliner Olympiastadion, und nichts zu sehen von Guns N’ Roses, der Band des 56-jährigen schrägen Genies aus Indiana, das Konzertbesucher früher regelmäßig zwei oder gar drei Stunden warten ließ, ehe es sich erbarmte, die Bühne zu betreten.

Seit sich Rose allerdings mit Gitarrist Slash und Bassmann Duff McKagan versöhnt hat, die Guns N’ Roses Mitte der 90er auf dem Höhepunkt des Erfolges verlassen hatten, gelten neue Regeln: GNR, einst die Chaosband der Rockwelt, sind so gut wie pünktlich.

Auch in Berlin, wo die zweite Runde des Tournee-Comebacks nach 25 Jahren startet und die sieben Musiker nach einem akademischen Viertel mit dem Klassiker „It‘s so easy“ erscheinen.

Musik wie ein Orkan, mit heulenden Gitarren, einem keuchenden und kreischenden Axl Rose und Kanonendonner aus einer Geschützstellung hinter der Bühne, wo die Sonne langsam versinkt und eine Band beleuchtet, die die Riesenarena ohne Probleme füllt, obwohl sie nicht einmal ein neues Album eingespielt hat.

„Good morning“, grüßt Rose danach ironisch. Der Mann, der die mit 45 Millionen verkauften Alben zu den Supergruppen der Rockgeschichte zählende Band quälende zwei Jahrzehnte lang als Alleinunterhalter im heimischen Studio betrieb, ist schlanker und er sieht fitter aus als letztes Jahr am Mikrophon der Kollegen von AC/DC.

Rose trägt Cowboystiefel und Fetzenjeans, er hat sich das obligatorische Karohemd um den Bauch gebunden, ein Kilo Silberketten umgehängt und später wird er sich auch noch das bunte Piratentuch auf den Kopf setzen, das er früher immer trug.

Guns N’ Roses sorgen auf ihrer Comeback-Tour für gute Rock-Atmosphäre

Guns N’ Roses sind eine Musikmaschine, Monster des Rock, eine Gruppe, die größer ist als ihre einzelnen Teile. Von der Heroinhymne „Mr Brownstone“ über „Welcome to the Jungle“, vor 31 Jahren erstes Lied des GNR-Debütalbums, entwickelt das Septett die lärmende Eleganz einer Garagenband. Jeder hier bespielt die ganze Bühne, die aus Treppen, Stegen und Balkonen besteht.

Auffallend dabei, wie sich Axl Rose und Slash aus dem Wege gehen, als stießen sich ihre Magnetfelder ab. Wo der eine ankommt, dreht der andere sofort ab. Ein einziges Mal nur legt der Sänger seinem bandinternen Widerpart freundlich die Hand auf die Schulter. Nach einer Sekunde schon trollt sich der Gitarrist mit dem Zylinder auf der Wollmähne, als habe er einen Stromstoß abbekommen.

Immerhin, in einer Band, die wirkt, als sei sie vor einem Vierteljahrhundert eingefroren und nun wiederbelebt worden, ist Slash der, der am beiläufigsten an frühere Glanzleistungen anknüpft. Der 52-Jährige, immer noch in schwarzer Weste und wie verwachsen mit seinen geliebten Gibson-Gitarren, liefert für die alten Hits „Estranged“ und „Live and Let Die“ nach einer halben Stunde das erste Mal seine hymnischen Gitarrenläufe.

Bei diesen eher langsamen Liedern zeigt Kollege Rose auch, dass er noch singen kann wie in den ganz großen Tagen. Hier und da setzt er aus oder die Tonart stimmt nicht. Doch in den guten Augenblicken ist der Hänfling mit den dünnen blonden Haar, der heute ein großer, mächtig wirkender Kerl ist, immer noch in der Lage, Geräusche zu produzieren, die wechselweise an das Kreidekreischen an einer Schultafel und das Schnurren eines zufriedenen Katers erinnern.

Er habe schon immer zurück nach Berlin gewollt, nuschelt Rose irgendwann zwischendurch, als ein paar Roadies ihm einen kleinen Flügel und einen großen Klavierhocker mit angebauten Harley-Davidson-Rad bereitstellen. Seit 1992 waren sie nicht mehr hier. Und nun doch wieder. „Das ist eine große Freude.“

Die kurzen Hotpants, die Rose damals trug, sind auf der Strecke geblieben. Aber seine typischen Bewegungen von früher hat Rose noch drauf: Das eckige Hüftwiegen, die rausgestreckte Brust und der schmollend offene Mund, wenn er wortlos über die 60.000 Fans im Stadion schaut und deren Jubel in Empfang nimmt. So oft der Mann aus Malibu, nach einem Ranking der Rocksänger mit dem größten Stimmvolumen, einen Ton verfehlt oder eine Zeile auslässt, so selbstbewusst stolziert er ganz vorn auf den Laufsteg, um sich vom Publikum feiern zu lassen. „Hope you like it“, sagt Rose dann sanft, nach einer Stunde im vierten T-Shirt und nun nicht nur mit großer Sonnenbrille, sondern auch mit riesigem Hut.

Guns N’ Roses: Auch die Doppelgitarre feiert ihr Comeback

Hinter ihm schnallt Slash die Doppelgitarre um, einen Irrtum der Rockevolution, der hier weiterleben darf, denn Guns N’ Roses sind eine Band von gestern, eine Kapelle aus der Zeit, als Rockgötter größer waren als das Leben und mit Liedern wie „Civil War“ und „Sweet child o’ mine“ die ganze Popkultur mal eben neu erfanden.

Davon ist heute nicht die Rede, heute geht es um eine Zeitreise, die die wiederbelebten Guns N’ Roses zur inzwischen zweiterfolgreichsten Tourband aller Zeiten gemacht hat. In Berlin, dem Auftakt zu Tourteil drei, ziehen sie dazu nicht einmal alle Register: Statt des Superhits „Don’t cry“ gibt es auf Wunsch von Axl Rose eine Coverversion von Jimmy Webbs uraltem Countryhit „Wichita Lineman“.

Im Gegenzug dürfen Slash und Gitarristenkollege Richard Fortus anschließend eine siebenminütige Instrumentalversion von Pink Floyds Welthit „Wish you were here“ in einen Guns N’ Roses-Heuler verwandeln.

Nach zweieinhalb Stunden, die in Dyland „Knockin' on Heaven's Door“ und dem Bandklassiker „Nightrain“ gipfeln, verschwindet die Band zu ersten Mal. Als Zugabe gibt es die Ballade „Patience“ und danach das energiegelade „Paradise City“, begleitet von Feuerwerk, Goldregen und höflichen Verbeugungen.

Guns N' Roses spielen am 07. Juli auf der Festwiese Leipzig, Tickets gibt es bei www.tim-ticket.de