Funkes «Tintentod» verzaubert begeistertes Publikum
Hannover/dpa. - Tante Elinor schiebt langsam ihr Rollwägelchen über die Bühne, Dichter Fenoglio spielt gelangweilt im Bademantel Playstation, Meggie studiert und Farid hängt dauernd am Handy - die Protagonisten der Tintenwelt haben ihre Abenteuerlust verloren, vielleicht sogar vergessen.
Beim Ausmisten von Elinors phantastischer Bibliothek fällt ihnen jedoch ein altes Buch in die Hände: «Tintenherz». Und die magische Tintenwelt öffnet sich ein drittes Mal. Die Uraufführung im Schauspielhaus in Hannover das Theaterstück «Tintentod» nach dem gleichnamigen Besteller der Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke begeisterte das Publikum.
Lautes Füßegetrappel, minutenlanger Beifall und euphorische Jubelrufe belohnten die Leistung des 15-köpfigen Ensembles. Liebevoll gezeichnete Charaktere ziehen sowohl das junge als auch das ältere Publikum zwei Stunden lang magisch in ihren Bann. «Es war einfach zauberhaft», fasst Dorit Heuer ihre Eindrücke nach der Vorstellung zusammen. Die 69-Jährige hat gemeinsam mit ihrem Mann das Stück «vorgetestet für die Enkel». Sie werde das Stück auf jeden Fall ihrer zehnjährigen Enkelin empfehlen. «Ich freue mich, dass mal etwas frisches im Theater aufgetaucht ist und nicht nur alte Klassiker in modernem Gewand», sagt der 75-jährige Ehemann Udo Heuer.
Frisch und turbulent hat Regisseurin Heidelinde Leutgöb den letzten Teil der Tintentrilogie inszeniert. Der bissige, wild turnende und schaurig anzusehende Höllenhund wirbelt brüllend über die Bühne und wird schnell zum Liebling der kleinen und großen Zuschauer. Wortdieb Orpheus begeistert hingegen mit seinem arrogant-dümmlichen Auftreten und einer ständig wechselnden, stets übertriebenen Kleidung und Haarpracht. Für diese Rolle konnte der Schauspieler Rainer Strecker gewonnen werden. Er hat sich bei den Tintenfans als Sprecher der drei Hörbücher bereits einen Namen gemacht. Beeindruckende Feuerspiele und detailverliebte Bühnenbilder vervollständigen die Theater-Tintenwelt.
«Die Magie des Stückes ist vor allem durch die wunderbare Musik transportiert worden», sagt Anna-Lina Thomas nach der Aufführung. Sie hatte die Bücher im Vorfeld nicht gelesen und findet die Geschichte dennoch in sich sehr schlüssig. Henrike Steding hingegen hat die Bücher regelrecht verschlungen. «Am schönsten war die Szene, in der Natternkopf gestorben ist. Und sein Enkel Jacopo und der Höllenhund waren am besten», sagt die Zwölfjährige. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester und ihren Eltern hatte sie auch die ersten beiden Tintenstücke auf der Bühne gesehen. «Der Mo war aber im ersten und zweiten Teil besser», ist sich Henrike sicher.
Tintenwelt-Autorin Funke war bei der Uraufführung des dritten Teils nicht anwesend. Aber sie sendete aus Amerika einen Fotogruß in die Landeshauptstadt: «Toi toi toi nach Hannover» schrieb sie auf ein Blatt Papier, das sie lächelnd in die Kamera zeigt.
Am Ende des Stückes - nach dem fast schon versöhnlichen Finale zwischen dem bösen Fürst Natternkopf und Buchbinder Mo - findet sich der Zuschauer in der phantastischen Bibliothek von Elinor wieder. Die Abenteuerlust ist wieder da - die Geschichte hat ein gutes Ende gefunden. Oder doch einen erneuten Anfang? Elinor entlässt die Zuschauer mit den Worten: «Eine gute Geschichte hört niemals auf. Ob sich der Deckel eines Buches schließt, ob in den Kinos das Licht angeht oder ob im Theater der Vorhang fällt - gute Geschichten hören niemals auf. Niemals.»