1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Fotoausstellung in Apolda: Fotoausstellung in Apolda: Marilyn Monroe ungeschminkt

Fotoausstellung in Apolda Fotoausstellung in Apolda: Marilyn Monroe ungeschminkt

Von kai agthe 16.05.2014, 09:02
Letztes Foto von Marilyn, fotografiert am 6. Juli 1962.
Letztes Foto von Marilyn, fotografiert am 6. Juli 1962. Allan Grant Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann Mannheim Lizenz

Apolda/MZ - „Goodbye, Norma Jean, ich habe dich oft geseh’n, / Vielleicht erinnerst du dich, ich saß in Reihe zehn“, heißt es in Udo Lindenbergs deutscher Version von Elton Johns 1973 veröffentlichtem Lied „Candle in the Wind“. Norma Jean Baker – das ist der bürgerliche Name jener in den 1950er Jahren als Sex-Ikone gefeierten Schauspielerin, die als Marilyn Monroe weltberühmt wurde.

Das Kunsthaus Apolda zeigt eine Ausstellung mit rund 90, zum Teil selten gezeigten Fotos des Stars von fünf Fotografen sowie farbige Pop-Art-Siebdrucke aus der Mannheimer Sammlung Reichelt und Brockmann. Die Drucke könnte man für Werke Andy Warhols halten, es sind jedoch Arbeiten des New Yorker Fotografen Bert Stern.

Auf zahlreichen Aufnahmen ist die Monroe so zu sehen, wie man sie kennt: Als wasserstoffblonde, Schönheit mit kirschrotem Kussmund und mal sinnlichem, mal aufreizendem Blick, die sich ihrer Wirkung auf den Betrachter sicher zu sein scheint. Es sind aber nicht diese Fotografien, die in den Bann ziehen, sondern jene, auf denen die Monroe – buchstäblich und sinnbildlich – ungeschminkt zu sehen ist. Die Fotos in der Apoldaer Ausstellung zeigen beide Seiten der Schauspielerin, die ab 1946 den Künstlernamen Marilyn Monroe trug und bis 1961 in insgesamt 30 Hollywood-Filmen mitspielte.

Im Zentrum der Schau stehen Fotografien von Bert Stern (1929-2013), die der Starfotograf während eines dreitägigen Shootings im Juni 1962 von der Monroe aufnahm. Was zu diesem Zeitpunkt niemand ahnen konnte: Es sollte die letzte große Serie mit Fotos des Hollywoodstars sein. Marilyn Monroe starb am 5. August 1962. Wenige Tage später erschienen Sterns Bilder in der Modezeitschrift „Vogue“, nunmehr als visueller Nachruf: Die Monroe mal im bunten Kleid mit Doris-Day-Frisur und fragendem Blick, mal in schwarzer Abendrobe mit zusammengestecktem Haar im Gegenlicht, so dass sie wie eine Zwillingsschwester von Audrey Hepburn anmutet.

Die Hüllen fielen schon 1949

Das Magazin „Vogue“ hatte Aufnahmen bestellt, auf denen die Aktrice neueste Mode- und Schmuck-Kreationen tragen sollte. Dem Auftrag kam Stern nach, machte aber zusätzlich noch Aktaufnahmen von der Monroe - und auch Sterns Assistenten Leif-Erik Nygårds (geb. 1939) gelang eine wunderbare Aufnahme. Diese Marilyn war nicht prüde, sondern der Meinung, dass „der Körper da ist, um gesehen zu werden, nicht, um komplett verhüllt zu sein“. Bereits 1949 hatte sie für Tom Kelley (1914-1984) die Hüllen fallen lassen: Vier Aufnahmen, die die dunkelblonde 23-Jährige stehend und liegend vor rotem Samt zeigen, sind in Apolda zu sehen. Eines der Fotos brachte es vier Jahre später als Ausklappbild auch in die erste Ausgabe des Männermagazins „Playboy“. Mit diesen Fotos kokettierte die Monroe später gern und teilte aller Welt mit, dass sie für 13 Fotos ein Honorar von nur 50 Dollar erhalten habe, die sie benötigte, um ihre Miete bezahlen zu können.

Entsprechend natürlich, ja geradezu locker ist die Monroe auch auf Sterns Aktbildern von 1962 zu erleben. Auf zwei Fotos, die Bert Stern von Hand kolorierte, kann man sogar eine große Narbe unterhalb des Brustkorbs erkennen. Die Folge einer Gallenoperation im Jahr zuvor.

Die Narben auf der Seele der Monroe hat hingegen niemand zählen können. „Als Sexsymbol“, so sagte sie über sich selbst, „hat man eine schwere Last zu tragen. Vor allem, wenn man müde, verletzt und enttäuscht ist.“ Solche Momente häuften sich Ende der fünfziger Jahre. Sie glitt in den Alkohol ab, litt an psychischen Problemen und verlor nach der Scheidung von dem Schriftsteller Arthur Miller, ihrem dritten Ehemann, 1961 zusehends an Halt. Alles zusammen wirkte sich ungut auf ihre Filmarbeit aus. Sie erschien unpünktlich am Set und hatte ihre Rollentexte oft nur ungenügend gelernt. Gleichzeitig versuchte sie ihre Unsicherheit und ihren Schmerz mit Starallüren zu überdecken.

„Mit Marilyn Monroe zu arbeiten war nicht leicht“, bekannte etwa Regisseur Fritz Lang, der die Monroe 1952 beim Film „Vor dem neuen Tag“ vor der Kamera hatte.

Den Menschen hinter der Maske der Ikone zeigen auch zwei im Juni 1962 gemachte Schwarz-Weiß-Fotos von George Barris: Die Monroe liegt am Strand von Santa Monica, trägt eine dicke Strickjacke und kein Makeup - und steckt in einem Fall kess die Zunge heraus. Hier ist sie das Mädchen, das sie – die ihre Kindheit bei Pflegefamilien und im Heim verbrachte – nie sein konnte. Neben Stern und Grant hat es vor allem Milton H. Greene (1922-1985) vermocht, Porträts von ihr anzufertigen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Die Monroe lachend und kindlich unbeschwert im Pool hier, auf einem Felsvorsprung sitzend und den Betrachter streng fixierend dort. – Umso bedauerlicher also, dass der Katalog nur Fotos von Bert Stern enthält.

Zu schwach für den Orkan

Die letzte Aufnahme der Monroe stammt von Allan Grant (1919-2009). Er fotografierte sie am 6. Juli 1962. Das Porträt zeigt eine in sich gekehrte Frau, deren grazile Armhaltung nicht davon ablenken kann, dass ihr Blick seltsam leer und in eine große Ferne gerichtet scheint. Vier Wochen später war sie tot. Das tragische Ende der Monroe hat viele Gründe. Dass sie Opfer ihres eigenen Erfolgs wurde, ist einer, dass sie dem Druck der Traumfabrik Hollywood nicht stand hielt, ein anderer. Udo Lindenberg hat das mit Hilfe von Elton John in „Goodbye Norma Jean“ so formuliert: „Du warst zu schwach für den Orkan, der auf den Hollywoodbergen weht, / Ich hätte dich gerettet, doch ich kam viel zu spät.“

„Marilyn Monroe in Fotografien“ bis 29. Juni, Di bis So von 10 bis 18 Uhr