Film über Tourette-Syndrom Film über Tourette-Syndrom: Schluckauf im Gehirn
Sie meint es nicht so. Sagt es aber immer wieder. Und zwar unvermittelt und sehr geradeaus. „Totenficker“, sagt die 17-jährige Eva in „Ein Tick anders“ zum Beispiel, und auch Sachen wie „Kühlschrankarschloch“. Eva, wunderbar unverkrampft, willensstark und bei Bedarf auch ganz weich und zweifelnd gespielt von Jasna Fritzi Bauer, hat das Tourette-Syndrom. Und kann mit diesem nicht steuerbaren „Schluckauf im Gehirn“ meistens ganz gut umgehen.
Und überhaupt fragt man mit sich mit jeder weiteren Minute, die der Coming-of-Age-Film „Ein Tick anders“ (arte, 20.15 Uhr) dauert, wer in der Story eigentlich in die Kategorie „normal“ spielt und wer nicht. Evas Vater ist arbeitslos und hockt tagsüber im Wald, weil er zu Hause nicht erzählen mag, dass er keinen Job mehr hat. Evas Oma ballert auf Playmobilfiguren und malt, weil sie irgendwie mit dem Lauf der Jahreszeiten nicht ganz einverstanden ist, im Garten die Blätter der Bäume und Büsche braun an. Und so ist in Nullkommanichts der Herbst da. Zumindest, was die Farben der Blätter angeht. Und dann ist da noch Evas Mutter. Die bestellt allerlei esoterisches Gedöns und ist auch sonst mehr als nur ein bisschen verwirrt.
„Ein Tick anders“, in dem auch eine Jobsuche und die Teilnahme an einer Castingshow eine Rolle spielen, ist ein Film, der zwischendurch schon mal die Linie verliert und sich nicht recht entscheiden kann, was er denn nun sein will: Farce, Komödie oder Rührstück. Das macht aber nichts. Jasna Fritzi Bauer versucht erst gar nicht, so etwas wie einen roten Faden zu finden – sondern hält den Film einfach durch ihr intensives Spiel zusammen. Und seit dem Dreh hat die 24-jährige Wiener Burgschauspielerin auch im echten Leben die neuropsychiatrische Erkrankung nicht vergessen: Sie engagiert sich als Schirmherrin der Deutschen Tourette-Gesellschaft.