Film Film: Berühmtester ehemaliger Sargpolierer ganz Schottlands

London/dpa. - Neulich hatte Premierminister Tony Blair mal wiederFragestunde im Parlament, aber das Hohe Haus wirkte seltsamunkonzentriert. Der Grund dafür war, dass auf der Zuschauertribüneniemand anderer saß als Sean Connery. Der Mann vollendet an diesemDonnerstag, 25. August, sein 75. Lebensjahr, doch das ändert nichtsdaran, dass die Journalisten die Hälse reckten, als erwarteten sie,dass er jede Sekunde hochschnellen und die Panzerglaswand zumSitzungssaal durchbrechen würde, um sich alsdann in die Reihen derAbgeordneten abzuseilen. Nichts dergleichen geschah. Sir Sean saßeinfach nur da und hörte unbewegt zu. Im Parlament spricht man bisheute darüber.
Sean Connery ist ohne Zweifel der berühmteste ehemaligeSargpolierer ganz Schottlands. Auch mit 75 wird ihm noch jedeHeldentat zugetraut. Als er unten im Gesicht schon wesentlich mehrHaare hatte als oben, wurde er noch zum erotischsten Mann der Weltgewählt. Mit das Beste an ihm entgeht den Deutschen übrigens - seineStimme mit dem merkwürdig vernuschelten «sch» an Stellen, wo maneigentlich ein «s» erwarten würde. Auch die Stimme ist natürlich zurerotischsten der Welt gekürt worden, genauso wie Connery regelmäßigzum besten Bond ausgerufen wird.
Was hält er davon? Man weiß es nicht. Es ist unter seiner Würde,zu solchen Dingen Stellung zu nehmen. Überhaupt äußert er sich nurnoch selten. Am ehesten können ihn noch seine Freunde von derScottish National Party zu einem Statement bewegen. Connery ist einerder größten finanziellen Förderer der Partei, die für einunabhängiges Schottland kämpft. Der Mann, der als Commander Bond imDienste Ihrer Majestät zu Weltruhm gelangte, ist der Krone alsoprivat gar nicht treu, sondern arbeitet am Zerfall des VereinigtenKönigreiches. «Scotland Forever» ist auf seinem Arm eintätowiert.Seine Vaterlandsliebe geht allerdings nicht so weit, dass er dafürschlechtes Golfwetter in Kauf nehmen würde. Den größten Teil desJahres verbringt er unter südlicher Sonne, weshalb ihn seinepolitischen Gegner als «Abgeordneten von den Bahamas» verspotten.
Dass das weder die Queen noch Premierminister Blair fröhlichstimmt, kann man sich denken. Deshalb hat es auch so furchtbar langegedauert, bis Connery vor fünf Jahren endlich in den Adelsstanderhoben wurde. Bezeichnenderweise ließ er sich dann nicht in London,sondern in der schottischen Hauptstadt Edinburgh zum Ritter schlagen.Er sei «schwer enttäuscht» gewesen, dass ihm die Ehrung nicht eherzuteil geworden sei, nörgelte er damals.
Seltsamerweise fühlt sich Connery oft ungerecht oder schlechtbehandelt. Zuletzt kam er wegen eines Streits mit einem Nachbarn inNew York - dort hat er auch eine Wohnung - in die Schlagzeilen. Seitzwei Jahren plant er seine Memoiren, aber jedes Mal, wenn ihm einGhostwriter nach monatelanger Arbeit erste Entwürfe vorlegt, feuerter ihn. Nach britischen Zeitungsberichten hat er das Projektmittlerweile aufgegeben und seinen Vorschuss in Höhe von 1,5Millionen Euro zurückgezahlt.
Die Ghostwriter sind nach eigenen Angaben in Ungnade gefallen,weil sie sich um eine zu wirklichkeitsnahe Darstellung desHeldendarstellers bemühten. Demnach fällt es ihm schwer, sich zuFehlern und Schwächen zu bekennen. Seinen Fans ist er eigentlichschuldig, dass er diese Hemmungen noch überwindet.
